139 - Rätsel-Tempel des Dschinn
worden war.
Sie wollte den Sender aktivieren, als das
leise, unangenehme Kichern erklang. Es hörte sich an, als würden mehrere
Personen gleichzeitig teuflisch lachen.
Morna warf den Kopf herum, ohne jedoch den
Finger von dem goldenen Anhänger zu nehmen.
Noch ehe die Stimme aus dem halbdunklen
Nebenraum das Kichern übertönte und sagte: »Es hat keinen Sinn. Was du vorhast
funktioniert hier nicht. Hier untersteht alles meinem Willen«, erkannte Morna
bereits, daß der Sender sich nicht aktivieren ließ.
Sie taumelte auf den Durchlaß zu und blickte
in den eigentlichen Tempelraum.
Mitten auf dem klobigen, primitiven Altar
hockte eine Gestalt.
Es war die märchenhaft schöne Araberin, die
Mörderin Banir Shaikars.
Kess, beinahe provozierend wirkte sie auf dem
Altar und hatte die langen Beine angezogen, so daß das durchsichtige Gewand bis
über die Knie hochgerutscht war.
Lachend warf sie den Kopf in den Nacken, ohne
Morna Ulbrandson aus den Augen zu lassen.
»Du hast lange geschlafen«, sagte die Fremde,
und Morna stand wie erstarrt.
Da war sie wieder - die Sprache, die sie hier
nie erwartet hätte. Erst recht nicht aus dem Mund dieser Exotin.
Sie sprach perfekt - Schwedisch!
»Aber ob Schlafen oder Wachen«, fuhr die
Araberin in Mornas Muttersprache fort, »es ist egal. Dir kann es egal sein. Für
dich wird es nämlich keine Zeit mehr geben. Dafür wird meine erst richtig
beginnen ...«
Die Worte waren Drohung genug, und es wurde
X-GIRL-C klar, daß alles andere bisher nichts weiter als ein Vorspiel war.
»Wer bist du ?« fragte sie leise und kam in den Tempelraum. »Und warum befinde ich mich hier ?«
»Ich bin Inea. Und du bist hier, um mir einen
Körper zu geben .« Sie streckte die Beine aus und
sprang vom Altar.
Morna fröstelte. Sie war bereit zu kämpfen.
Dazu standen ihr nur die bloßen Hände zur Verfügung. Aber sie bezweifelte, daß
dies ausreichen würde. Sie brauchte nur an den letzten Angriff zu denken. Der
Angriff aus dem Unsichtbaren, würgende Hände, die sie nicht hatte sehen können.
»Du bist ein Geist. Kein Mensch aus Fleisch
und Blut«, stellte Morna fest.
Die Araberin warf den schönen Kopf zurück,
daß das lange schwarze Haar flog. »So ungefähr.«
»Wo befinde ich mich hier ?«
»In einem sehr alten Tempel. Im Tempel der
»Ersten, die ihn sahen<...«
»Der »Ersten, die ihn sahen< ?« echote die Schwedin, die sich unter diesem Begriff nichts
vorstellen konnte.
»Sie waren die Herren des Tempels. Er lag
halb verborgen in der Erde, und sie trafen sich hier, um ihre geheimnisvollen
Riten durchzuführen und ihre Opfer darzubringen .«
»Menschenopfer«, sagte Morna ganz mechanisch,
weil sie sich in dieser beklemmenden Umgebung einfach nichts anderes vorstellen
konnte.
»Ja, richtig. An jedem siebten Tag brachten
sie dem großen Dschinn ein Opfer dar, um ihre Macht zu festigen, um ihn schauen
zu können und etwas von seiner Kraft abzubekommen .«
Die »Ersten, die ihn sahen«, waren demnach
Geisterbeschwörer und Dämonenanbeter gewesen. Eine Sekte, die schreckliche
Rituale einhielt, um die Geheimnisse einer Welt zu erfahren, die eigentlich
unvorstellbar war. Die Welt der Geister und Dämonen, die Welt der Dschinns ...
Morna merkte, wie sie ruhiger wurde. Sie
konnte nichts anderes tun als zuzuhören, als zu fragen.
In der Tiefe ihres Herzens hegte sie dabei
die Hoffnung, daß sie dadurch Zeit gewann, und man sie noch entdeckte.
»Wo liegt der Tempel der Geisterbeschwörer ?«
»Dreißig Meilen nordwestlich von Bagdad.
Damals war er halb in der Erde verborgen und nur durch einen den Eingeweihten
bekannten Zugang erreichbar. Später sank der Tempel weiter in den Boden und war
in der hügeligen Landschaft nicht mehr zu entdecken. Zu diesem Zeitpunkt
verschwand auch der einzig bekannte Zugang. Ein Außenstehender hätte den Tempel
nie mehr betreten können. Nur die Eingeweihten konnten es noch, die »Ersten,
die ihn sahen <... Sie hatten die Macht verliehen bekommen, durch die Wände
zu gehen .«
»Und wann war das ?«
»Vor zweitausend Jahren, als Zauberer und
Magier große Macht besaßen. Diese Macht ist leider verloren gegangen. Nur
wenige Suchende entdecken die Kräfte der Tempelherren wieder, studieren die alten
Schriften oder suchen nach Spuren in alten Flaschen und Krügen. Das ist gut so.
Auf diese Weise wird das alte Gedankengut neu belebt, und neue Zauberer und
Magier, die großes Wissen in sich vereinigen und hinter die letzten Geheimnisse
kommen,
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