139 - Rätsel-Tempel des Dschinn
war Larry versucht, den
Fahrstuhlkorb zu betreten, aber dann überlegte er es sich doch anders.
»Na, dann fahrt mal schön allein weiter«,
sagte er locker. »Ich denke, es ist besser, wenn ich über die Treppe nach unten
marschiere, ’nen schönen Tag noch...«
Sie nickten ihm zu. Mary, die Rothaarige,
zwinkerte mit dem rechten Auge. Aber ihm war nicht zum Flirten zumute.
Er fühlte sich schlecht, als er die Tür zum
Lift zugleiten sah, und befürchtete, daß seine Anwesenheit in der Kabine
vielleicht erneut den unheimlichen Geist auf den Plan gerufen und außer ihm
auch noch die beiden hübschen Mitbewohnerinnen in Gefahr gebracht hätte.
Er lief die Stufen nach unten, hatte Freude
daran, seinen Körper bewegen zu können und verbiß die Schmerzen, die ihm die
Druckstellen am Körper noch verursachten. Er mußte froh sein, quasi mit
Hautabschürfungen und ein paar blauen Flecken davongekommen zu sein.
Er suchte die Tiefgarage auf und stieg in den
knallroten Lotus Europa. Damit fuhr er bis zu einem kleinen Hotel, das einige
Straßenkreuzungen weiter lag.
Er hatte am Abend zuvor erfahren, daß in
diesem Haus ein ausgezeichnetes Frühstück serviert wurde und einige
Angestellten der Irakischen Botschaft und der Handelsmission' hier regelmäßig
verkehrten.
Unter ihnen auch - Clea Valtonai, jene junge
Irakerin, mit der Banir Shaikar befreundet gewesen war und die während der
ersten Vernehmung hatte durchblicken lassen, daß es da einige Dinge gab, denen
Shaikar offensichtlich auf der Spur war. Er hatte sich quasi als Privatdetektiv
in einem okkulten Milieu betätigt.
Weshalb? Was hatte ihn dazu veranlaßt? Eine
persönliche Bedrohung - oder reine Neugier?
War in Bagdad vielleicht etwas eingefädelt
worden, dessen Auswirkungen ihn bis nach New York verfolgt hatten? War eine
magische Zeitbombe explodiert?
Larry Brent stellte den Lotus auf dem
hoteleigenen Parkplatz ab und suchte dann das Frühstückszimmer auf.
Es war gut besetzt. An einem Ecktisch unweit
des Eingangs saß jemand, den er hier eigentlich nicht erwartet hätte.
»Iwan!«
Der Russe hatte eine riesige Kaffeekanne vor
sich stehen, wie sie normalerweise für drei Personen bereitgestellt wurde.
Heißer Kaffee dampfte aus seiner Tasse, die er genüßlich zum Mund führte. Doch
der Kaffee duftete nicht nur nach Kaffee.
Da war noch etwas anderes drin. Ein kräftiger
Schuß eines dreißigjährigen Bourbon , der eine
Spezialität des Hauses war.
»Berg und Tal kommen nicht zusammen,
Towarischtsch !« bemerkte der Russe, als sein
amerikanischer Kollege und Freund seinen Tisch ansteuerte. »Aber die Menschen.
Da trifft man eine einsame Entscheidung, und dann kommt ein anderer so ganz
nebenbei auf die gleiche Idee. Ich nehme an, du bist nicht nur wegen des
hervorragenden Frühstücks gekommen, das es hier geben soll. Da steckt doch noch
etwas anderes dahinter...«
»Und ich nehme an, daß an deinem Tisch noch
ein Platz frei ist, Brüderchen«, sagte Larry, ohne zunächst auf Iwan
Kunaritschews Fragen direkt einzugehen. »Oder läßt die Kanne für eine
vierköpfige Familie darauf schließen, daß noch drei Personen gemeinsam mit dir
frühstücken werden .«
»Du kannst ruhig Platz nehmen, Towarischtsch.
Der Besuch, den ich erwarte, wird am Tisch gegenüber Platz nehmen. Das ist
nämlich ihr Stammplatz .«
Der vollbärtige Russe musterte den Freund.
»Du siehst noch mitgenommen aus. Du hättest nach dem nächtlichen Vorfall noch
einige Stunden Schlaf mehr nötig gehabt«, sagte er mitfühlend. »Ich hatte
ursprünglich vor, dich aufzusuchen, als ich von X-RAY-1 erfuhr, was passiert
ist. Aber dann dachte ich mir, es ist besser, dich schlafen zu lassen. Und nun
geisterst du schon wieder hier herum .«
»Wahrscheinlich bin ich aus demselben Grund
hier wie du, Brüderchen. Nur mit dem Unterschied: mich hat die Unruhe hierher
getrieben - und du hast einen offiziellen Auftrag .«
Iwan nickte. »Ja, richtig. Es geht um Clea
Valtonai. Ich soll ein eingehendes Gespräch mit ihr führen. Inzwischen gibt es
nämlich eine Neuigkeit. Du kannst sie noch nicht wissen, weil unser
hochverehrter Chef dir noch eine Ruhepause gönnte. Durch unseren
Nachrichtendienst wissen wir inzwischen, daß Clea Valtonai und Banir Shaikar
sich nicht erst hier in New York kennenlernten. Nein! Sie waren bereits in
Bagdad einige Male beisammen ...«
Larry pfiff leise durch die Zähne.
»Dann hätte sie gestern abend demnach ein
hervorragendes Schauspiel geliefert, wie?
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