14 - Roman
sogar, dass Arcenel und Bossis, vom Hunger getrieben und mit der technischen Unterstützung von Padioleau, der mit Vergnügen seine Profession als Metzger wiederaufnahm, einem Ochsen bei lebendigem Leibe im Stehen ein paar Koteletts entnahmen und ihn dann sich selbst überließen. Man ging so weit, ohne weitere Seelenregung beschäftigungslose, ratlose, jedenfalls ohne Lebenszweck herumstehende Pferde, die ganz traurig waren, dass es keine Kähne mehr über den Canal de la Meuse zu treideln gab, zu schlachten und zu verzehren.
Allerdings traf man nicht nur auf nützliche und essbare Tiere, sondern auch auf Haus- und Ziertiere, die an sehr viel mehr Komfort gewöhnt waren: Hunde und Katzen, durch Flucht der Zivilisten ihrer Herrchen beraubt, ohne Halsband oder auch nur einen einzigen garantierten Fressnapf täglich gnadenhalber, die drauf und dran waren, sogar die Namen zu vergessen, die man ihnen gegeben hatte. Dazu gehörten auch Käfigvögel, zur Erbauung gehaltenes Geflügel wie Täubchen oder rein dekoratives Federvieh wie Pfauen zum Beispiel – die sonst niemand isst, aber die sowieso ihres miesen Charakters und bescheuerten Narzissmus wegen keinerlei Chance hatten, sich allein durchzuschlagen. Im Allgemeinen kamen die Soldaten nicht spontan auf den Einfall, jedenfalls nicht zu Beginn des Krieges, sich von solchen Tieren ernähren zu wollen. Es mochte allerdings vorkommen, dass jemand Lust auf ihre Gesellschaft hatte – manchmal nur für ein paar Tage – und eine Katze, die ziellos an der Biegung eines Laufgrabens herumirrte, als Kompaniemaskottchen adoptiert wurde.
Dann aber gab es noch welche, die hüpften oder hausten rings um das von Schützengräben umgebene feste, reglose Sichtfeld, unabhängige Tiere – was noch einmal eine ganz andere Sache war. Auf den Feldern, in den Wäldern, bevor diese vom Artillerie-Beschuss rasiert und verwüstet waren – die Felder zu öden Mars-Landschaften gemacht, die Wälder zu formlosen, gerupften Bürsten –, lebten diese Freischärler noch für eine Weile: nie von den Menschen geknechtet, ob diese nun kämpfen oder nicht, frei, nach ihrer Weise zu leben, keinerlei Arbeitszwang unterworfen. Unter ihnen gab es ebenfalls noch eine erkleckliche Anzahl essbarer Exemplare, Hasen, Rehe oder Wildschweine, die, alsbald mit dem Gewehr erlegt, obgleich die Jagd in Kriegszeiten strikt verboten war, mit dem Bajonett erledigt, mit der Hacke oder dem Klappmesser zerteilt, der Truppe bisweilen unverhoffte Zusatznahrung verschaffen sollten.
Dasselbe galt für Frösche und Vögel, die man während der Ablösung aufstöbern und dann zur Strecke bringen konnte, es galt für jederlei Arten Forellen, Karpfen, Schleie oder Hechte, die man mittels Handgranaten fing, wenn man an einem Wasserlauf lagerte, und für Bienen, wenn man wundersamerweise auf einen noch nicht restlos verwilderten Stock stieß. Schließlich blieben noch die Randgruppen, wer weiß, welches Verbot sie als nicht essbar erklärt hatte, wie Fuchs, Rabe, Wiesel oder Maulwurf: Sie alle mochten zwar aufgrund obskurer Motive als für die menschliche Ernährung ungeeignet gelten, doch nahm man in dieser Hinsicht immer weniger Rücksicht, und manchmal ließ sich mittels eines guten Eintopfs sogar der Igel rehabilitieren. Allerdings sollte man von ihnen wie von allen anderen bald nur noch selten etwas sehen, nämlich nach der Entwicklung der Giftgase und deren allgemeinem Einsatz auf dem gesamten Kriegsschauplatz.
Aber das Leben besteht nicht aus Essen allein. Denn die Tierwelt bot im Moment der bewaffneten Auseinandersetzung auch Exemplare auf, die nicht essbar, weil potentiell einsetzbar waren und vom Menschen zwangsrekrutiert wurden, weil zum Diensteinsatz geeignet – wie andere Pferde, Hunde oder zum Militärdienst herangezogene Vertreter der Familie der Columbidae; die einen wurden von Offizieren geritten oder zogen Karren, andere wurden beim Angriff eingesetzt oder vor Maschinengewehre gespannt, und auf Seiten des Federviehs wurden Trupps von Globetrottertauben zu Boten befördert.
Tiere gab es schließlich leider auch vor allem kleine, unzählbare und gefürchtete: unausrottbares Ungeziefer aller Art; nicht genug, dass sie keinerlei Beitrag zur Ernährung boten, stillten sie ihrerseits gefräßig ihren Hunger an der Truppe. Vorrangig Insekten, Flöhe und Wanzen, Zecken, Mücken und Bremsen; und Fliegen, die sich in Wolken auf den Augen der Leichen niederließen, für sie die größten Leckerbissen. Mit ihnen allen
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