Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon)

14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon)

Titel: 14 Tante Dimity und der gefährliche Drache (Aunt Dimity Slays the Dragon) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
und der Rest von Emmas Juniorteam das Sattelzeug auf Hochglanz brachten und es schmückten und Messingbeschläge polierten.
    Auf dem Bogenschießgelände hingegen herrschte reges Treiben. Ein Dutzend Möchtegern-Wilhelm-Tells stand auf der Schusslinie, spannte Bögen und schoss Pfeile auf Zielscheiben, die auf Heuballen aufgestellt waren. Es sah nach einer angenehmen sportlichen Herausforderung aus, doch war ich zu aufgeregt, um länger als fünf Minuten an einer Stelle zu verharren. Deshalb bummelte ich die Pudding Lane zurück, um meine Erkundungstour fortzusetzen.
    An verschiedenen Verkaufsständen zeigten Töpfer, Lederwarenmacher und andere Handwerker ihre Kunst. Nachdem ich einem Töpfer zugeschaut hatte, wie er aus einem Tonklumpen einen anmutigen Becher geformt hatte, kam ich zu dem Schluss, dass die Kirmes eine wunderbare Gelegenheit bot, um sich zu bilden. Ich zweifelte nicht im Geringsten, dass meine Söhne ebenso wie ich davon fasziniert wären, wie sich Rohmaterialien durch geschickte Handarbeit in nützliche Gegenstände verwandelten.
    Hätte ich statt meiner Umhängetasche einen Rucksack dabeigehabt, hätte ich bis zum Umfallen geshoppt, aber so bummelte ich einfach nur von einer Bude zur nächsten und machte mir in Gedanken Merkzettel mit Ideen für Weihnachtsgeschenke, die ich das nächste Mal kaufen wollte, wenn ich besser für eine Einkaufstour gerüstet war. Die Auswahl war schier unerschöpflich: von Seifen über Parfüms, Töpferwaren, Schmuck, Schwerter, Lederkrüge und Kapuzencapes bis hin zu gewebten Überwürfen.
    Als ich zu einem Stand mit winzigen Kostümen kam, wurde mir klar, dass ich mit dem Wunsch, meinen lieben Gefährten aus der Kindheit mit einer Krone und einem hermelinbesetzten Mantel auszustaffieren, nicht allein war. Eine Unterhaltung mit der Verkäuferin bestätigte mir, dass ich von Menschen umgeben war, die meine Beziehung zu Reginald – wenn sie denn davon erführen – wohlmeinend beurteilen würden. Ein tröstlicher Gedanke, doch inzwischen hatte ich eine solche Fülle von Eindrücken gesammelt, dass ich das Bedürfnis hatte, mich in eine ruhige Gasse zurückzuziehen, um meinem überfrachteten Geist eine kurze Auszeit zu gewähren.
    In der Gasse blieb es nicht lange ruhig. Als ich an einem Stand versonnen lächelnd eine wunderbare Sammlung von Kristallkugeln betrachtete, traten fünf junge Frauen aus dem benachbarten Stand, der bronzene Drachen im Angebot hatte, um wenige Meter von mir entfernt stehen zu bleiben. Sie waren etwa Anfang zwanzig und trugen Gewänder, die, wie mir ein Händler bestätigt hatte, der Standarduniform von mittelalterlichen Bauernmädchen entsprachen: Spitzenmieder, bäuerliche Blusen und fließende Röcke. Nur ihre Kopfbedeckung, Blumenkränze mit sich über den Rücken kringelnden Bändern, hob sie von der durchschnittlichen Bäuerin ab.
    Das kleinste Mitglied der Gruppe, ein hübsches junges Mädchen mit haselnussbraunen Augen und langen braunen Haaren, stellte einen leeren Korb vor sich auf die Erde und richtete sich wieder auf. Sie summte eine Melodie, und die anderen stimmten ein, um gemeinsam ein Madrigal zu singen. Verzaubert lauschte ich, wie sich ihre lieblichen, reinen Stimmen zu einem komplizierten Gesang verwoben. Als er verklang, trat ich als Erste vor, um ein paar Münzen in den Korb zu werfen.
    Ich war nicht die Einzige, die ihren Darbietungen lauschte. Als ich mich von dem Korb abwandte, nahm ich aus dem Augenwinkel eine flüchtige Bewegung wahr. In der schattigen Lücke zwischen zwei Ständen erblickte ich Edmond Deland, der verstohlen in Richtung der Mädchen spähte. Ich tat, als hätte ich ihn nicht bemerkt, doch als ich zu meinem Platz bei den Kristallkugeln zurückkehrte, stellte ich mich so hin, dass ich ihn aus dem Augenwinkel weiterhin beobachten konnte.
    Der mürrische junge Handwerker verharrte in der Lücke zwischen den Ständen, als wollte er nicht gesehen werden, und starrte unverwandt auf die kleinste der Sängerinnen. Als sie mit einer Soloeinleitung ein weiteres Madrigal anstimmte, hob und senkte sich seine Brust und sein Ausdruck wurde weich, als dränge ihre Stimme mitten in sein Herz. Man brauchte nicht viel Fantasie, um zu erraten, welche Gefühle er für das junge Mädchen hegte.
    Der entfernte Klang von Trompeten riss Edmond aus seinen süßen Empfindungen, und sofort nahm er wieder eine mürrische Miene an. Das Mädchen hingegen strahlte wie ein Weihnachtsbaum und schaute begierig in Richtung Broad Street.

Weitere Kostenlose Bücher