1408 - Ein Tropfen Ewigkeit
erkennen, daß es gar nicht so leicht war, in die Milchstraße zu gelangen. Aus der Dokumentation ging nicht hervor, welche Schwierigkeiten die Kartanin vorfanden, es war nur die Rede davon, daß man keine Möglichkeiten sah, auf herkömmliche Weise in die Milchstraße zu gelangen, weil sich „die Galaktiker gegen Feinde von außen verbarrikadierten." Es war also durchaus möglich, daß damals schon ein Wall um die Milchstraße in Ansätzen existierte.
Es war in der Chronik auch nicht verzeichnet, wie die Kartanin ausgerechnet darauf verfielen, ihr Glück bei Point Siragusa zu versuchen. Vielleicht hatten sie Kontakt mit einem Kurierschiff des Galaktikums, oder Funkkontakt mit einer der SIRA-Stationen oder mit einem anderen Hanse-Stützpunkt.
Jedenfalls tauchte die NARGA SANT bei dem Schwarzen Loch auf, und die Kommandantin hatte die Absicht, mittels des Einstein-Rosen-Effekts in die Milchstraße zu gelangen.
Von der Besatzung der SIRA-Stationen erhielten die Kartanin jedoch keine Unterstützung, falls sie überhaupt eine solche erwartet hatten. Denn die Mannschaft war im Aufbruch. Es kam nicht einmal zu einem umfangreichen Informationsaustausch - auf die dringlichen Funksprüche der Kartanin wurde nicht geantwortet. Nur eine kurze Meldung traf an Bord der NARGA SANT ein, und diese war nur unvollständig überliefert.
ILLU SEI MIT EUCH! lautete diese Passage, die sich die Kartanin bis heute gemerkt hatten und die ihr Leben bestimmte, weil die jeweilige Allermutter diesen Namen übernahm. Illu war zum Synonym für die Kraft geworden, die das Leben beherrschte.
In der Dokumentation waren auch Originalaufnahmen von der Vernichtung der SIRA-Stationen enthalten. Man konnte deutlich sehen, daß sie nicht durch äußere Einwirkungen zerstört worden waren. Stets ging der Start von stationseigenen Raumschiffen den Explosionen voraus, die die Black-Hole-Stützpunkte zur Gänze oder nur teilweise zerstörten. Schließlich waren nur die Wracks von SIRA-III, SIRA-IV und SIRA-VII übrig.
Die NARGA SANT nahm Fahrt in Richtung Point Siragusa auf, auch davon existierte eine Dokumentaraufnahme. Es war ganz deutlich zu sehen, wie der Koloß mit wachsender Beschleunigung auf das Black Hole zustürzte und dann - knapp vor Erreichung des Ereignishorizonts - auseinanderbrach.
Damit endete der erste Teil der Dokumentation. Der zweite Teil beschrieb die Situation an Bord des von den Kräften des Black Holes in den Leerraum geschleuderten Fünftels der geborstenen NARGA SANT. Und davon, wie die wenigen tausend Überlebenden im Bugteil ihr Schicksal meisterten. Mit ausreichend Nahrungs-, Energie- und Sauerstoffvorräten zum Überleben, aber ohne ein Hyperfunkgerät, über das man Hilfe hätte herbeirufen können.
Aber damit wollten sich Tifflor und seine Gefährten erst später auseinandersetzen. Für den Augenblick reichte ihnen, was sie über die galaktische Geschichte erfahren, beziehungsweise nicht erfahren hatten.
*
Die PERSEUS traf ein, und es wurde mit der Überstellung der verfügbaren Vorräte zur NARGA SANT begonnen. Tifflor ließ sämtliche Informationen und Bildaufzeichnungen aus den Speichern in den Syntron der PERSEUS überspielen.
In der Zwischenzeit hatte Vuin Illu zu ihren Untertanen sprechen und sie die Neuerungen verkünden lassen: Beschränkung des Lebensraumes auf die beiden Bezirke, die Bürgerwelt und die Heimat; Gleichheit für alle und Recht auf uneingeschränktes Leben im Rahmen der natürlichen Lebenserwartung; kein zwangsweise Limitierung der Bevölkerungszahl.
Den letzten Punkt hatte Vuin hinzugefügt, nachdem Tifflor versprochen hatte, für die Bergung der Schiffbrüchigen zu sorgen. Er gab zu bedenken, daß er dieses Versprechen nicht augenblicklich einlösen konnte, da ihm nicht genügend Schiffe zur Verfügung standen. Er dachte sogar an eine praktikablere Lösung, nämlich an die, Überlichttriebwerke zu beschaffen und den Bugteil der NARGA SANT damit auszustatten, damit sie aus eigener Kraft nach Pinwheel zurückkehren konnte.
Dabei überlegte er sich, daß dies eine Aufgabe für Dao-Lin-H'ay wäre, die es ohnehin zu ihrem Volk zog. „Für den Augenblick seid ihr gut versorgt", sagte Tifflor. Sie hatten sich inzwischen über die Gegebenheiten an Bord des Bugteils der NARGA SANT informiert und waren über die herrschenden Zustände erschüttert. „Und ich bin sicher, daß ihr auch die internen Probleme in den Griff bekommen werdet."
„Dank eurer großzügigen Hilfe könnten wir noch
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