1410 - Der Droide
„Warum hat Tryndallar sich so weit draußen angesiedelt?" wollte Nikki wissen. „Medientransponenten tun geheimnisvoll und mischen sich nicht unters Volk", antwortete Paulotte gutgelaunt. „Wenn sie in der Vergangenheit angesiedelt wären, von der die terranischen Märchen berichten, hätten sie wahrscheinlich einen spitzen Hut auf dem Kopf, eine Warze auf der Nase, eine schwarze Katze auf der Schulter und lebten im tiefen Wald in einem mit Lebkuchen gepflasterten Häuschen."
Der Gleiter schwenkte nach links. Eine schmale Seitenschlucht führte dort ins Felsmassiv des Gebirges. Sie wurde nach ein paar hundert Metern breiter und formte eine Bucht, in der ein von Bäumen umringtes Haus in gurradschem Baustil stand. Das Haus wirkte zierlich, fast zwergenhaft. Paulotte schien zu merken, daß Nikki sich darüber wunderte. „Sieht ziemlich unscheinbar aus, nicht wahr?" sagte er. „Man täuscht sich.
Tryndallars Laboranlagen ziehen sich hinter dem Haus Hunderte von Metern weit in die Felswand hinein."
Der Gleiter landete unmittelbar vor dem Haupteingang des Hauses. Die Tür öffnete sich, kaum daß Nikki und ihr Begleiter sich ihr bis auf drei Meter genähert hatten.
Heller Lichtschein fiel heraus. Nikki ging voraus; Allard Paulotte folgte ihr. Sie trat ein. Jenseits der Tür lag ein breites Gemach, das nur spärlich möbliert war. Zu beiden Seiten und im Hintergrund gab es mehrere mit Vorhängen versehene Durchgänge. Die Vorhänge waren geschlossen.
Ein Gurrad stand wenige Meter von der Tür entfernt. Er war in eine einfache, zweckdienliche Montur gekleidet. Nikki Frickel schenkte er nicht die geringste Beachtung. Statt dessen hielt er den Blick respektvoll auf Paulotte gerichtet. „Alles in Ordnung?" erkundigte sich Paulotte auf gurradsch.
Der zweckmäßig Gekleidete machte wortlos die Geste der Zustimmung. „Dann laßt uns nicht noch mehr Zeit verlieren", sagte Paulotte. „Wo ist er?"
Nikkis Instinkt hatte schon beim Anblick des Gurrads ein lautes Warnsignal gegeben. Hier stimmte etwas nicht. Die Dinge entwickelten sich zu schnell. Sie hatte keinen Spielraum zum Reagieren. Sie wollte wieder zur Tür hinaus, aber hinter ihr stand Paulotte und versperrte den Weg.
Sie trug ein bequemes Kleid, das sie in einem der Läden des Hotels für wenige Lengui erworben hatte. Sie führte weder Waffen noch sonstiges Gerät mit sich. Sie besaß nicht einmal einen Mikrokom, um sich mit Narktor oder Wido zu verständigen.
Einer der Vorhänge öffnete sich. Zwei weitere Gurrads kamen zum Vorschein.
Sie waren ebenso gekleidet wie ihr Artgenosse im Vordergrund. Zwischen sich führten sie einen schmächtig gewachsenen Shanganten. Er war noch nicht einmal anderthalb Meter groß, und die Angst stand ihm in den Augen geschrieben. Sein weißes Haar war in Unordnung. Dunkle Flecken auf der Gesichtshaut verrieten, daß er geschlagen worden war. Er trug ein silbernes Gewand, in das holographische Bilder verwoben waren, die in verwirrender Schnelligkeit wechselten, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man sie betrachtete. „Was geht hier vor?" rief Nikki zornig.
Ein vierter Gurrad erschien unter der Eingangstür. „Ein fremdes Fahrzeug", meldete er aufgeregt. „Es kommt die Schlucht entlang."
„Verdammt!" fluchte Paulotte. „Hast du deine Freunde dazu angestiftet, hinter uns herzufliegen?"
„Ich wollte, ich hätte es!" schrie Nikki. „Ich will sofort..."
Er schob sie einfach beiseite. Die Kraft, die er dabei entwickelte, war Verblüffend.
Nikki wurde gegen die Wand geschleudert.
Der Aufprall preßte ihr die Luft aus der Lunge. Halb benommen, hörte sie Allard Paulotte Befehle erteilen. „Nehmt beide mit! Verliert keine Zeit.
Ich mache die Nachhut."
Ein Gurrad kam auf Nikki zu. Er trug eine schußbereite Waffe in der Hand.
Nikki hatte keine Chance gegen ihn, aber ganz ohne Widerstand würde sie sich nicht fortschleppen lassen. Sie spannte die Muskeln. Sie hatte nur noch diese eine Chance. Für den Gurrad kam der Angriff völlig überraschend. Der Boxkick traf ihn mit voller Wucht gegen die Handwurzel.
Aufschreiend ließ er die Waffe fallen. Nikki wollte sich zur Seite werfen. Der Weg zur Tür war frei. Draußen in der Dunkelheit würde sie irgendein Versteck finden. „Narr", sagte eine ärgerliche Stimme hinter ihr.
Nikki erhielt einen harten Schlag gegen den Hinterkopf. Sie stürzte zu Boden.
Noch im Fallen sah sie, daß es Allard Paulotte gewesen war, der sie geschlagen hatte. Den Aufprall spürte sie nicht
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