1418 - Grabgesang der Geistermönche
überheblich zu sein, musste ich zugeben, dass dies nicht oft vorgekommen war.
Aber diesmal war die andere Seite eben besser gewesen.
Ich leuchtete noch mal mit meiner kleinen und lichtstarken Lampe einen Teil des Geländes ab in der Hoffnung, doch noch etwas zu finden.
Nichts. Vorbei. Dieser Michael war weg und damit auch mein Kreuz.
Sein Aussehen hatte ich mir eingeprägt. Ich würde eine Fahndung anrollen lassen. Mehr konnte ich nicht tun. Ich wusste nichts über ihn, und auch sein Nachname war mir nicht bekannt. Um ihn zu fangen, musste wir schon großes Glück haben.
Im Moment hatte es mich verlassen. Ich drehte mich langsam um.
Jetzt lag der Rückweg vor mir, den ich langsamer ging. Das Handy lag noch im Wohnwagen. Auch musste ich mich um Julie kümmern und hoffte zudem, dass Suko nicht so schwer getroffen worden war.
Er saß nicht mehr am Boden vor dem Wagen. Er hockte auf der kleinen Treppe vor der offenen Tür des Wohnwagens. Das nach außen dringende Licht ummalte ihn.
»Ich war ein Idiot, John. Ich haben diesen Kerl einfach unterschätzt. Tut mir Leid.«
»Das bringt uns jetzt auch nichts mehr.«
»Stimmt.«
»Zudem war auch ich nicht in Bestform. Er ist mir entwischt. Manchmal kommt zur eigenen Unfähigkeit noch Pech dazu. Ich bin nicht so schnell aus dem Wagen gekommen, weil Julie…«
»Ich weiß es, John. Ich konnte dich durch das Fenster beobachten. Alles klar.«
»Und was ist mit deinem Kopf?«
»Er ist noch dran. Dieser Michael hat mich zum Glück nur mit der flachen Seite seines Schwertes erwischt.«
»Bist du…«
»Nein, nein, es wird nur eine Beule geben. Ich habe kaum Schmerzen. Trotzdem fühle ich mich beschissen, und das nicht nur körperlich. Es gibt eben Situationen im Leben, in denen man sich nur ärgern kann, so wie jetzt.«
»Und mein Kreuz ist weg!«
Suko hätte genickt, das allerdings verkniff er sich. Es hätte seinem Kopf nicht gut getan.
»Was willst du jetzt tun? Zurückholen, klar. Aber wie stellen wir das an?«
»Das weiß ich auch noch nicht. Jedenfalls gebe ich seine Beschreibung an die Fahndung durch, und dann sehen wir weiter.«
»Hast du Hoffnung?«
Ich ging an Suko vorbei und schüttelte als Antwort den Kopf.
»Zumindest nicht sehr viel«, sagte ich noch. »Dieser Typ hat alles genau geplant.«
»Das kommt mir inzwischen auch so vor. Er hat uns hochkant in die Falle laufen lassen.«
Das Handy lag noch da. Ich telefonierte noch nicht, sondern schaute mir Julie an. Sie saß noch immer verängstigt auf dem Bett. Jetzt zitterte sie und hatte sich ein besticktes Kissen geholt, das sie mit den Armen umschlang und an ihre Brust presste.
»Du brauchst keine Angst mehr zu haben, Julie. Der Mann wird dir nichts mehr tun.«
»Ehrlich nicht?«
»Versprochen. Wir sprechen gleich noch. Zunächst muss ich mal anrufen. Ist das okay?«
»Ja, mach ruhig.«
Die Fahndungsabteilung im Yard ist natürlich Tag und Nacht besetzt. Als der Kollege meine Stimme hörte, sagte er: »Ach, Sie mal wieder, Sinclair! Welchen Dämon suchen Sie denn jetzt?«
»Keinen Dämon. Es geht um einen Mann mit dem Namen Michael.«
»Und sonst?«
»Kann ich Ihnen nur noch die Beschreibung geben.« Das tat ich und wies noch auf das Schwert hin, das er bei sich trug und auch als Waffe einsetzte.
»Wie groß sollen wir die Fahndung ansetzen?«
»Wir befinden uns momentan in Paddington. Ich würde sagen, wir nehmen London insgesamt.«
»Auch die Flughäfen?«
»Natürlich.«
»Wird erledigt.«
»Ich bedanke mich.« Meine letzte Antwort klang schwach. Ich war sauer und enttäuscht darüber, dass mich dieser Kerl so hatte reinlegen können. Aber was passiert war, ließ sich leider nicht mehr rückgängig machen. Damit musste ich leben.
»Ich will wieder nach Hause.« Julies weinerliche Stimme riss mich aus den Gedanken.
»Natürlich kommst du nach Hause. Wo hat man dich denn entführt? Oder kanntest du den Mann?«
»Michael?«
Ich bekam große Ohre. Das hörte sich an, als wäre ihr der Kerl nicht unbekannt.
»Er war dir nicht fremd?«
»Nein.«
»Und woher kennst du ihn?«
Sie senkte den Kopf. »Er hat in der Kirche ausgeholfen. Er war immer so fromm. Küster war er, glaube ich.«
»Und wo war das?«
Sie nannte die Gemeinde.
»Hat er dort auch gewohnt?«
»Ja, aber allein.«
Ich war jetzt bei ihr. »Und er hat dich gefragt, ob du mit ihm gehen willst?«
»Ja. Er wollte mir seinen neuen Computer zeigen. Nein, nicht richtig. Seine Play Station.«
»Dann wirst du uns den
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