1429 - Hamillers Herz
verschränkte die Arme und starrte aus halb geschlossenen Augen auf die Wand. „Was du zu den Fälschungen gesagt hast, ist nur die halbe Wahrheit, Hamiller.
Du verstehst das sehr gut. Die Paratronabschirmung dient deinem und unserem Schutz. Du weißt, daß es Bestrebungen an Bord gibt, dich auszubauen und in die nächste Sonne zu stürzen. Ich neige langsam dazu, dies tatsächlich zu tun. Es gäbe jedoch eine Alternative."
Ambush wandte sich endgültig zum Ausgang und öffnete ihn. Er schritt hinaus auf den Korridor. „Ich verstehe. Die Alternative ist meine Rückkehr zur BASIS!"
„Im Fall deiner besseren Kooperationsbereitschaft, ja."
Die Tür schloß sich, und Sato Ambush hörte nicht mehr, ob Hamiller noch eine Antwort gab oder nicht. Er entfernte sich eilig, und hinter ihm baute sich die Strukturlücke in der Paratronstaffel wieder ab.
*
In der Vergangenheit hatten viele Leute Enza Mansoor als gefühlskalt und äußerst reserviert eingeschätzt. Sie hatten vergeblich versucht, sich das Herz dieser Frau zu erschließen. Sie waren sich immer fremd geblieben, und allein im Freundeskreis gab Enza sich herzlich und offen. Ihr scheues Verhalten allen anderen gegenüber mochte der Grund dafür sein, daß ihr niemand so recht etwas zutraute.
Nur diejenigen, die mit dem Begriff Synergistik etwas anfangen konnten, ahnten, was wirklich in ihr steckte.
Enza arbeitete unermüdlich. Sie machte an diesem Bordtag bereits die zweite Schicht, und sie spürte wie so oft, daß Anthor-Rith und seine Mitarbeiter von der psychologischkybernetischen Auswertung abwechselnd und quer durch das Labor zu ihr herüberschielten. Sie schienen begierig darauf zu warten, daß sie erneut eine Entdeckung machte, die das Team einen Schritt weiterbrachte. Sie warteten vergeblich, denn Enza hatte in diesen Stunden nichts anderes zu tun, als sich zum drittenmal alle Abweichungen bestätigen zu lassen, die die Abtastung der Kristalle ergeben hatte. Neue Erkenntnisse ergaben sich nicht dabei. Hamiller hatte deutlich und umfassend manipuliert, und Enza stimmte Sato Ambush zu, daß die Begründung der Tube nur die halbe Wahrheit darstellte. Enza versuchte, sich der Wahrheit anzunähern, und sie benutzte ihre ganzen Kenntnisse und ihre Phantasie dazu. Es gelang ihr nicht. Sie sah zwar mehrere Möglichkeiten, wie Hamiller doch noch an sein Ziel gelangen könnte, doch wie er dieses Ziel inzwischen definierte, wußte sie nicht. Alle in dem Schiff mußten damit rechnen, daß er nach wie vor nach dem Kommando trachtete. Aus der Paratronabschirmung heraus konnte er das aber nicht bewerkstelligen. Hamiller war nicht mehr in der Lage, Roboter mit Hilfe von gefunkten Programmbefehlen zu beeinflussen, wie er das schon einmal getan hatte. Es sei denn, er bediente sich eines Trägermediums. Lebewesen kamen dafür nicht in Frage, höchstens Gegenstände, die ...
Enza erstarrte unter der Wucht der Erkenntnis.
Gegenstände, die Speicher- oder Lagerfähigkeit besaßen. Das war es!
In höchster Eile aktivierte die, Synergistikerin den Interkom und ließ sich mit Notkus verbinden. Er befand sich in einer der Messen und kaute mit vollem Mund. „Ich brauche kurz deine Hilfe", rief sie hastig. „Ja oder nein?"
„Natürlich ja. Rede schon!"
„Ein bis zum letzten Bit besetzter Speicherkristall hat noch immer ein hohes Quantum Restmaterie, die nicht benutzt wird. Wie sieht die Struktur dieser Materie aus?"
Notkus runzelte die Stirn und rasselte die chemische Struktur von Howalgoniumverbindungen herunter, die ihm gerade in den Sinn kamen. Seine Augen leuchteten. „Denkst du etwa an molekulare Dissonanzen?" fragte er hastig. „Molekulare Dissonanzen besitzen ein Störfeld, das einen auffälligen Energieabfall als Begleiterscheinung hat.
Nein, ich glaube nicht, daß es sich darum handelt."
„Die Dissonanzen könnten manipulierbar sein. Erinnerst du dich an die arithmetisch darstellbaren Dissonanzen bei niedrigfrequenten Pulsfeldern im Hyperstrahlbereich?"
„Abfallprodukte eines internen Energieausgleichs, ich weiß." Enzas Gesicht wurde nachdenklich. „Wenn du die Frequenzen im Kopf hast, unter deren Voraussetzungen das passiert, dann kann ich..."
Notkus haspelte sie herunter. Enzas Augen wurden immer größer. Schließlich winkte sie ab. „Genug. Du raubst mir den letzten Nerv.
Komm doch bitte nach dem Essen her. Wir müssen die Kristallhüllen abtasten!"
„Am besten läßt du die Kristalle, wo sie sind, nämlich im Kühlschrank. Warte, bis
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