1445 - Holt mich aus der Hölle!
Ohne Gefühl, keine Wärme. Ich fühle mich gefangen in der Todeskälte. Das alles ist grauenhaft.«
»Was hast du getan?«
»Nichts, gar nichts.«
»Warum kannst du nicht loslassen?«
»Weil es ein Hindernis gibt.«
»Deine Mutter?«
»Nein.«
»Wer dann?«
»Es ist er. Es ist mein Vater. Es ist Eddy Fisher. Er hält mich fest.«
Ich war so überrascht, dass ich die nächste Frage zu laut stellte und sich die beiden Frauen umdrehten.
»Er?«, fragte ich.
»Ja, nur er.«
»Aber wie ist das möglich? Fisher lebt. Er ist ein normaler Mensch. Okay, er mag vielen unsympathisch sein, aber warum sollte er dich festhalten?«
»Er will nicht, dass ich glücklich werde. Ich habe mich damals entschieden, bei meiner Mutter zu bleiben, und das hat er nicht überwinden können. Jetzt will er sich rächen, und ich weiß, dass er sich mit der Hölle verbunden hat oder schon immer ihr Freund war. Er ist es auch, der mir den Weg versperrt. Ich bin noch nicht angekommen. Ich habe große Sehnsucht und versuche es immer wieder, aber die andere Kraft ist einfach zu stark. Man lässt mich nicht.«
»Warum nicht?«, fragte ich. »Was bedeutest du ihm? Warum will er, dass du nicht deine endgültige Bestimmung findest?«
Mit der Antwort ließ sie sich Zeit. Sie gab sie erst, als das Silber in der Mitte meines Kreuzes anfing zu vibrieren oder zu zittern. Es traten auch schwache Lichtreflexe auf, und dann erschien wieder das Gesicht des toten Mädchens.
Es war schon ein seltsames Gefühl, so etwas zu erleben, und auf meinem Rücken zog sich die Haut noch mehr zusammen. Der Druck im Magen blieb auch nicht aus. Zudem stellte ich fest, dass sich der Ausdruck im Gesicht des Kindes veränderte. Alles Feine verschwand, es verzog sich plötzlich zu einer Grimasse, es sah böse aus, aber ich glaubte nicht, dass Kimberly es bewusst tat.
»Ich warte noch auf eine Antwort, Kim!«
»Ja, ja«, hörte ich es in meinem Kopf schwach nachklingen. »Du kannst sie haben. Er lässt mich erst los, wenn ich meine Mutter getötet habe, weil er sie so hasst…«
***
Ich war sprachlos. Ja, das passierte mir auch, obwohl ich wirklich einiges hinter mich gebracht hatte. In diesem Fall musste ich mein ganzes schauspielerisches Talent aufbieten, um nicht einen schnellen und überhasteten Kommentar zu geben.
Da die beiden Frauen längst bemerkt hatten, dass mit mir etwas nicht stimmte, drehte ich mich zur Seite, weil sie nichts erfahren sollten. Glenda würde das verstehen, und sie hielt Cathy auch fest, während sie auf sie einredete.
Ich ging einige Schritte tiefer in den Weg hinein und blieb erst dann stehen. Das Gesicht des Mädchens zeigte sich noch immer auf meinem Kreuz. Die Augen waren weit geöffnet und zuckten. Das war kein Kindergesicht mehr, sondern eine feinstoffliche Maske aus tiefer Angst.
»Bist du noch da?«, flüsterte ich.
»Ja.«
»Gut, ich habe dich verstanden. Du sollst deine Mutter umbringen?«
»Er verlangt es.«
»Warum will er sie tot sehen?«
»Er hasst sie. Er wollte nicht von ihr verlassen werden. Aber sie hat erkannt, wer er wirklich ist. Ein Teufel. Um ihn herum ist die Hölle.«
Da hatte sie sicherlich nicht gelogen. Und Eddy Fisher hatte bei seinem Anruf in der Garderobe von einer anderen Seite gesprochen.
So musste ich davon ausgehen, dass mit der anderen Seite durchaus der Teufel gemeint sein konnte.
»Gibt er sich als Teufel aus?«
»Er ist einer.«
»Gut, dann stelle ich mich darauf ein. Aber was ist mit dir? Du willst doch deine Ruhe finden. Du willst dorthin, wo es keine Sorgen und Nöte mehr gibt. Es steckt eine große Sehnsucht in dir. Willst du sie dir erfüllen?«
»Nein und ja.«
»Wieso?«
»Ich kann es eigentlich nicht. Ich kann meine Mutter nicht töten.«
»Das ist sehr positiv. Und deshalb hast du dich umgeschaut, ob es jemanden gibt, der dir helfen kann?«
»Das tat ich, und ich habe ihn gefunden.«
»Mich?«
»Wen sonst?«, flüsterte sie. »Du und dein Kreuz, ihr seid diejenigen, die es in die Wege leiten können. Ihr könnt mich befreien. Das Kreuz ist so stark. Ich spüre es. Ich warte auf die Engel, die mich holen kommen, doch sie schaffen es nicht. Aber die Engel auf deinem Kreuz würden es fertig bringen.«
»Bestimmt.« Ich dachte daran, es zu aktivieren, doch damit wäre das Problem nicht gelöst gewesen. Es hieß nicht Kimberly Fox, sondern Eddy Fisher.
»Was ist mit deinem Vater genau passiert? Kannst du mir mehr über ihn sagen?«
»Er ist kein Mensch. Er ist böse. Er
Weitere Kostenlose Bücher