145 - Jagd auf den Zeitkristall
machen konnten.
Dorian zirkelte das Magnetfeld mit dem Kommandostab ab und betrat es zusammen mit Coco. Der Transportvorgang setzte sofort ein und schleuderte sie ihrem Ziel entgegen. Dorians Gedanken steuerten die Reise, die innerhalb weniger Herzschläge vonstatten ging. Sie stürzten durch ein wesenloses Grau und fanden sich an einem anderen Ort wieder, gut zweihundert Kilometer von Venedig entfernt.
„Teufel auch", entfuhr es Dorian, als er erkannte, wo sie sich befanden. Sie standen auf Kies und Geröll an einem Flußufer. So schmutzig braun, wie diese Brühe war, konnte es nur der Arno sein, der im Appenin entsprang, durch Florenz floß und sich bei Pisa ins ligurische Meer ergoß.
Über ihnen wölbte sich eine Steinbrücke, groß, breit und weit geschwungen. Die Ufer des Arno waren an beiden Seiten hoch abgemauert. Es gab so gut wie keine Möglichkeit, nach oben zu kommen.
„Das hat uns gerade noch gefehlt", murmelte Dorian. „Konnte dieses Magnetfeld nicht an einer etwas unauffälligeren Stelle sein? Meinetwegen außerhalb der Stadt…"
„So fünf bis zwanzig Kilometer außerhalb", spöttelte Coco. Dorian winkte ab. Sie befanden sich hier mitten in der Stadt, und an der Uferstraße hinter ihnen wurden Passanten bereits auf die beiden Menschen unten am Flußufer, auf der breiten Kiesbank, aufmerksam.
Das konnte Ärger geben…
Dorian warf einen Blick nach rechts. Hinter der nächsten Brücke hörte die Kiesbank auf ihrer Seite auf. Nach links zog sie sich schier endlos entlang. Hier und da standen ein paar Bagger zu beiden Uferseiten, und einer schwamm mitten im Fluß. Die Florentiner gingen endlich daran, ihren Fluß zu säubern, das Bett auszubaggern und zu reinigen. Zeit wurde es. Der Arno galt schon seit langem als die größte Kloake der Toscana.
„Wir gehen nach links", sagte Dorian. „Vielleicht wird irgendwann die Ufermauer niedriger, daß wir auf die Straße hoch können. Und das alles möglichst schnell. Ich hege nämlich das dumpfe Gefühl, daß das Betreten der Uferanlagen hier verboten ist…"
Angelina gehörte, genau betrachtet, nicht zu den Zardonis, deshalb hatte sie auch den Sippennamen nicht offiziell angenommen. Ihre eigene Familie war einst in einem Machtkampfum die Vorherrschaft in Süditalien vernichtet worden. Angelina hatte als einzige entfliehen können, und die Gewinner dieses Machtkampfes hatten großzügig auf eine weitere Verfolgung verzichtet. Vittorio Zardoni hatte die Dämonin, damals noch ein Kind, aufgenommen, und sie war ihm eine der liebsten Töchter geworden - auch wenn er ihre Alleingänge nicht mochte, zu denen sie neigte. Angelina - „Engelchen"…, niemals hätte ein Name gegenteiliger sein können als in diesem Fall. Sie konnte eiskalt und gnadenlos sein, erbarmungslose Kämpferin… und im nächsten Moment anschmiegsame, einschmeichelnde Raubkatze. Sie war eine aufregende Schönheit, und sie setzte ihren Körper bedenkenlos ein, um Vorteile zu gewinnen.
Sie traute dem Magier Condano nicht über den Weg. Sie vermutete sogar, daß er seine Wahnsinnsanfälle bewußt steuern konnte, um sich die Dämonen vom Leib zu halten. Er hatte allen Grund, sie zu hassen. Damals hatten sie ihn getötet. Vielleicht verstand deshalb nur Angelina ihn, deren gesamte Familie ausgelöscht worden war.
Und Angelina witterte Verrat. Condano hegte eigene Pläne. Für einen Magier seines Ranges konnte es keine große Schwierigkeit sein, den Zeitkristall zu formen, zu schleifen und magisch aufzuladen. Warum also brauchte er so lange?
Weil er eine Teufelei ausheckte. Vielleicht wollte er sich an den Dämonen rächen.
Angelina wollte Näheres herausfinden. Deshalb hatte sie es übernommen, Condano das Ultimatum zu überbringen, die Frist, innerhalb der er den funktionsfähigen Kristall abzuliefern hatte. Schließlich war sie selbst es auch, die mit diesem Kristall in die Vergangenheit gehen sollte. Es kam ihren Fähigkeiten näher als denen der Zardonis. Und da es somit ihre Aufgabe war, die Vergangenheit zu verändern, konnte es nicht schaden, sich auch jetzt schon um diesen Kristall zu kümmern.
Condanos Wahnsinnsanfall war wieder vorüber. Angelina wartete noch eine kurze Spanne, dann suchte sie die Kellerräume auf, in denen Condano seine Wohnung und sein Labor hatte. Die Zardonis hatten den Keller in aller Hast gegen die Wahnsinnsausstrahlung abgeschirmt, als sie Condano am vergangenen Mittag hierher brachten. Aber ganz hielt die Abschirmung nicht stand. Im Gegenteil, sie
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