1451 - Die Siragusa Formeln
der Schiffsführung zu informieren. Seit einiger Zeit schon war die MARA-DHAO auf dem Weg nach Point Siragusa, und bald würden sie im Ziel aus dem Hyperraum fallen.
Natürlich erwartete Xuo-No keinen Einsatz für sich und seine Truppe. Doch das enthob ihn nicht der Pflicht, ständig informiert und einsatzbereit zu sein.
Am nächsten Tag stand der Termin mit der Medikerin auf dem Programm. Er traf sich morgens mit Ma-Vera, dann suchten sie gemeinsam die Medo-Abteilung auf.
Die ganze Zeit schwieg sie - und verstärkte so sein Unbehagen. „Guten Morgen, Kommandant", grüßte die Medikerin. „Ihr seid pünktlich. - Bist du bereit?" Die Frage galt Ma-Vera. „Du wirst keinerlei Schmerzen spüren. Wir sondieren nur dein Erinnerungsvermögen.
Diese Angstzustände haben mit Sicherheit einen bestimmten Grund. Also keine Angst, Ma-Vera, wir helfen dir."
„Ich weiß das zu schätzen."
Ihre Antwort klang unaufrichtig, fand Xuo-No. Das gesträubte Nackenfell ließ auf etwas völlig anderes schließen: Ma-Vera war nur hier, weil sie wußte, daß er es andernfalls befohlen hätte.
Die Medikerin bettete sie auf eine Schwebeliege. Sie befestigte ein paar Kontakte im Fell der Frau, ließ den Syntron ein paar kurze Kontrollen vornehmen und begann. Ma-Vera rollte auf die Seite. Von einer Sekunde zur anderen schlief sie ein. Sie bewegte sich nicht; nur ihre Atemzüge wurden ruhiger. Die Augen fielen zu, das Nackenfell schien plötzlich glatt und seidig. „Jetzt träumt sie angenehm", erklärte die Medikerin. „Wir wollen ihr eine Weile das Vergnügen lassen. Währenddessen möchte ich gern hören, was du über ihr Verhalten weißt."
„Es fing damit an, daß ich über Ma-Vera einen Bericht erhielt." Xuo-No erzählte ausführlich von Go-Ils Besuch, von ihren Erlebnissen in der Simulation und Ma-Veras Vorleben. Dabei achtete er darauf, ihren Eigenschaften wirklich gerecht zu werden.
Die Medikerin hörte aufmerksam zu. „Das ist eine ganze Menge", erkannte sie an. „Damit kann ich genügend anfangen.
Wir wissen nicht, was geschehen ist, aber wir kennen den ungefähren Zeitpunkt.
Lange konnte sie ihre Angstzustände sicher nicht verheimlichen. Am besten durchleuchte ich die letzten sechs Monate besonders intensiv."
„Geht das so einfach?"
„So einfach nicht, aber es ist möglich.
Bei Kartanin besteht zwischen alten und neuen Erinnerungen ein zerebralchemischer Unterschied. Mit Hilfe des Syntrons können wir Unterscheidungen treffen. Ich fange an."
Die Medikerin berührte gleichzeitig zwei Tasten. Die Kontrollen hinter der Schwebeliege erwachten zum Leben. Ein Bildschirm zeigte gezackte, wild bewegte Kurven. Es dauerte nicht länger als zehn Minuten, bis das erste Ergebnis vorlag. „Ich glaube, ich habe es schon", behauptete die Medikerin. „Ein sehr schweres Trauma.... Aber etwas ist sonderbar." Sie begann zu schalten und Informationen abzurufen. Dabei wirkte ihr Gesicht von Minute zu Minute finsterer. „Jetzt habe ich es."
„Und?" Xuo-No sprang ungeduldig auf. „Ma-Vera Erinnerung ist tatsächlich an einer Stelle blockiert. Und zwar künstlich blockiert."
„Von wem?"
„Ich weiß es nicht."
„Vielleicht war sie es selbst."
„Das bezweifle ich. Sie hatte nicht die Möglichkeiten dazu. Aber ich kann den Block beseitigen und sie im Schlaf sprechen lassen. Dann erfahren wir, was geschehen ist."
„Fang an damit!"
Die Medikerin nahm mit Hilfe der Syntronik etwa eine halbe Stunde lang Berechnungen vor. Am Ende befestigte sie ein paar neue Elektroden an Ma-Veras Schädelhaar und kehrte ans Schaltpult zurück. Sie preßte eine Taste nieder.
Nichts geschah - nur eine der Kurven auf dem Bildschirm sank auf beinahe Null.
Xuo-No begriff, daß der Versuch erfolgreich verlaufen war. „Und nun wecke ich sie halb auf", erklärte die Medikerin. „Sie wird alles noch einmal durchleben und ganz von allein erzählen."
Der Vorgang nahm fünf Minuten in Anspruch. Die Medikerin schaltete nur einmal, dann wartete sie wie Xuo-No ab.
Als es soweit war, richtete sich Ma-Vera unvermittelt halb auf. In der nächsten Sekunde lag sie wieder, war aber stocksteif. Sie öffnete den Mund und murmelte unverständliche Worte, und dazu packen ihre weit ausgefahrenen Krallen ins Plastikmaterial der Liege. „Es ist dunkel..."
Das waren ihre erste Worte. „Sie holen mich. Warum holen sie mich?
Die Soldaten hätten jeden nehmen können.
Aber sie nehmen mich mit."
Xuo-No und die Medikerin hörten gespannt zu. Der Kommandant hatte
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