1451 - Die Siragusa Formeln
Dienst ausschließen." Dabei beobachtete er die Frau genau, und er spürte förmlich, wie sie sich versteifte. „Nur ruhig. Ich werde es vorläufig nicht tun. Aber ich will mir selbst ein Bild machen, wie es mit dir aussieht.
Wir legen uns zu einer gemeinsamen Sitzung in den Simulator."
„Das habe ich schon beim letzten Mal nicht ausgehalten." In ihrer Stimme war ein ängstliches Vibrieren, die Nackenhaare standen fast senkrecht.
Regelrecht verstört war sie, dachte Xuo-No. Trotzdem mußte er es wissen, daran führte kein Weg vorbei. Als Angehörige einer Einsatztruppe durfte sie nicht geschont werden, denn im realen Kampf gab es keine Schonung. „Wir tun es trotzdem. Komm bitte mit."
Die Simulatorkabinen lagen in einem anderen Teil der MARA-DHAO. Den Weg dorthin legten sie schweigend zurück.
Dabei roch Xuo-No ihre Angst, und erst jetzt wurde ihm wirklich bewußt, wie es um die Frau stand. Natürlich lag Angst auch in der Persönlichkeit der Kartanin.
Das leugnete niemand. Aber in den vielen vergangenen Jahrhunderten des Krieges, zunächst gegen die Maakar, dann gegen die Artgenossen aus Hangay, war dieser Wesenszug in den Hintergrund getreten.
Ein Techniker schnallte sie auf Liegen fest und wählte mit Hilfe der Bordcomputer passende Simulationen. „Bereit?" fragte er teilnahmslos.
Der Kommandant gab das Zeichen. Er liebte die Simulationen nicht, weil in ihnen so viel sinnlose Gewalttätigkeit vorkam - aber er schätzte sie als Möglichkeit, ohne wirkliche Gefahr seine Leute zu schulen.
In der Sekunde darauf wurde es dunkel.
*
Über den Dschungel von Luill brach niemals wirklich Nacht herein. Das lag an der Tatsache, daß eine der drei Sonnen ständig schien und zumindest ein bißchen Licht auf den Boden des Planeten herunterschickte. Je nach Tageszeit schimmerten dieselben Pflanzen in immer verschiedenen Farben. „Unsere Waffen sind weg!" schrie Ma-Vera. „Ruhig", gab Xuo-No leise zurück. „Ich kann es nicht ändern. Und die Lorrio sind hier überall."
Sie mußten zum Schiff durchkommen.
Die GARALF stand auf der anderen Seite der Schlucht, etwas mehr als zehn Kilometer entfernt. Das Schiff durfte nicht länger als eine Stunde warten. Bis dahin hatten sie es geschafft, oder sie würden auf Luill zurückbleiben und sterben. Die Flugaggregate lagen unbrauchbar in einem Lagerfeuer der Lorrio, und sie konnten von Glück sagen, daß sie zumindest ohne die Geräte entkommen waren. „Wir umgehen die Bauminsel", entschied Xuo-No mit einem Blick nach rechts. „Also links entlang. Komm schon, Ma-Vera."
Die Frau zitterte am ganzen Körper. Sie sah aus, als hätte sie sich am liebsten in einem dunklen Loch verkrochen und abgewartet, bis die Lorrio abgezogen waren. Doch das kam nicht in Frage, er würde nicht den kurzen Rest seines Lebens ängstlich in einer Erdhöhle verbringen. Er gehörte nach Kartan oder an Bord eines Raumschiffs. „Ma-Vera!" zischte er. Der Kommandant packte sie an den Resten ihrer Kleidung und zog sie mit sich. „Da drüben ist die schmale Stelle. Nur noch zweihundert Meter, schätze ich. Das ist die einzige Möglichkeit, die Schlucht ohne Hilfsmittel zu überspringen."
„Das wissen die Lorrio auch!"
„Aber vielleicht denken sie nicht daran."
Ma-Vera antwortete nicht. Er überzeugte sie davon, daß sie folgte, und bahnte ihnen einen Weg durch, das dichte Unterholz.
Zum Glück war überall ringsum Lärm; die Lorrio stießen Kriegsrufe aus und erschwerten sich auf die Art selbst die Suche. Dabei hätten die Eingeborenen nur einen Augenblick lang still sein müssen.
So jedoch rechnete sich Xuo-No eine Chance aus. „Wir sind gleich da", sagte er.
Sekunden später schob er einen Strauch beseite und stand unvermittelt im Freien.
Die Schlucht! Dort war sie, Allerdings hatte er sich um mehr als fünfzig Meter verrechnet. Da kein Lorrio in Sicht war, entschied er, die Strecke entlang der unbewachsenen Schluchtkante zurückzulegen. Ma-Vera zog er am Arm hinter sich her. „Es scheint ganz einfach zu sein", beruhigte er sie. „Die Lorrio haben nicht daran gedacht. Wir können sie überlisten."
„Unmöglich!" stöhnte die Frau auf. „Es kann nicht..."
Ein paar Meter noch. Sie legten die Strecke im Laufschritt zurück. „Wir brauchen Anlauf", erkannte Xuo-No. „Sonst schaffen wir die zehn Meter nicht.
Ma-Vera? - Was ist los, Ma-Vera?"
Xuo-No drehte sich um. Vor ihm stand seine Kampfgefährtin, und in den Büschen am Dschungelrand hockten die Lorrio.
Eine Falle,
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