1454 - Solo für den Satan
genau stattfindet, gebe ich euch Bescheid. Dann könnt ihr noch immer dar über nachdenken, ob ihr mitkommen wollt oder nicht. Ist das ein Kompromiss, auf den ihr euch einlassen könnt?«
Ich musste erst einmal die Morgenmüdigkeit aus meinem Körper bekommen, lehnte mich zurück und gähnte dabei. »Man kann ja darüber reden, wenn es so weit ist.«
»Wie ihr wollt.« Glenda deutete auf die Zeitung. »Soll ich sie euch überlassen?«
Ich nickte.
»Dann viel Spaß.« Sie verschwand in ihrem Büro und schloss sogar die Tür.
»Ist sie sauer?«, fragte Suko.
»Nein, warum sollte sie?«
»Wer kennt schon die Frauen, John? Vielleicht schmollt sie, weil wir sie nicht richtig ernst genommen haben.«
»Ich habe keine Ahnung.« Danach senkte ich den Kopf und überflog den Bericht, von dem ich bisher nur die Schlagzeile kannte. Es wurde darüber geschrieben, dass Ricarda Hades innerhalb kürzester Zeit eine große Karriere gemacht hatte. Ihre Songs hatten bei den Fans eingeschlagen wie Blitze. Mit den Texten hatte sie wohl einen bestimmten Nerv getroffen. Ich las des Öfteren den Begriff Devil’s Daughter und sprach auch mit Suko darüber.
»Hat der Teufel eine Tochter?«
Ich grinste vor meiner Antwort. »Ist das nicht unsere Freundin Asmodina gewesen?«
Er winkte ab. »Oh, das liegt lange zurück. Keine Wiederauferstehung, bitte!«
»Wenn du meinst…«
Ich las weiter. Tatsächlich hatte Ricardas CD die Charts gestürmt und befand sich schon auf Platz fünf. Über das Konzert wurde auch geschrieben, aber es wurde kein genauer Ort genannt, wo es stattfinden sollte.
Als ich mit Suko darüber sprach und ihm zugleich die Zeitung reichte, meinte er: »Man wird bestimmt genügend Leute zusammentrommeln. Das kannst du mir glauben. Fans im Verborgenen sind leicht zu mobilisieren. Davon gehe ich aus.«
»Willst du hin?«
»Keine Ahnung. Falls ich nichts anderes vorhabe, könnte man dar über reden. Doch ein ungutes Gefühl habe ich nicht. Was sie da macht, ist ja nicht neu. Es gab und gibt immer wieder Bands, deren Songs aus Texten bestehen, die den Teufel verherrlichen.«
»Genau, Suko, aber ich sage dir auch, dass sie mir nie gefallen haben.«
»Denkst du mir?«
Ich winkte ab. »Das ist Horror für meine Ohren, und darauf kann ich gut und gern verzichten.«
»Dann lassen wir es mal auf uns zukommen.«
Dagegen war nichts einzuwenden. Leider war mein Kaffee in der Zwischenzeit kalt geworden, aber ich trank ihn trotzdem, denn ich wollte Glenda nicht enttäuschen.
Diese Ricarda Hades vergaß ich sehr schnell wieder. Nicht wissend, dass wir schon sehr bald wieder an sie erinnert werden sollten…
***
Reverend Peter Dutton drückte dem Toten die Augen zu. Das wächserne Gesicht verlor dabei zwar nichts von seiner maskenhaften Starre, aber der leere Blick war zumindest verschwunden.
»Schön für ihn, dass er so friedlich eingeschlafen ist«, sagte die Heimleiterin, eine grauhaarige Frau um die sechzig. »Nicht alle haben das Glück. Zudem wollte er, dass Sie in den letzten Minuten seines Lebens bei ihm sind, was ja auch geklappt hat. Es hat ihm die Reise in die andere Welt sehr erleichtert.«
»So sollte es auch sein.« Der Pfarrer erhob sich von seinem Stuhl.
»Wie alt ist er eigentlich geworden?«
»Zweiundneunzig Jahre.«
Der Reverend lachte. »Ich wünschte mir, auch mal so alt zu werden, Mrs Grayson.«
»Tatsächlich?«, staunte sie.
»Natürlich nur, wenn ich dabei relativ gesund bleibe und auch geistig nicht abbaue.«
»Das wünschen sich viele.«
»Ich weiß, Mrs Grayson, und ich weiß auch, dass es nur Wenigen vergönnt ist.«
»Sie sagen es.«
Der Pfarrer warf einen letzten Blick auf den toten Greis, bevor er sich umdrehte, um das Zimmer zu verlassen. Die Heimleiterin ging dicht hinter ihm. Auf dem Flur, der im schwachen Licht der Deckenlampen lag, blieb er noch mal stehen.
»Sie kümmern sich ja um die anderen Formalitäten, denke ich.«
»Ja, ich gebe Ihnen Bescheid. Auch wegen der Beerdigung. Das wird alles seinen normalen Weg gehen.«
»Wunderbar.« Er lächelte ihr zu.
»Ich bringe Sie noch bis zur Tür, Reverend.«
»Danke, das ist sehr nett.«
Es war für den Geistlichen kein Vergnügen, durch den langen Flur des Heims zu schreiten. Er mochte das alte Haus nicht, in dem man sich lebendig begraben vorkommen konnte. Da war kaum mal renoviert worden. Auch die alten Leitungen hatte man nicht unter Putz gelegt. Sie hatten eine ebenso undefinierbare Farbe wie die Innenwände. Wer hier
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