1458 - Die Spur der Haluter
die sich aus dem Wasser erhob. Sie stellte den Oberkörper eines Gurrads dar. Auf den ersten Blick schien es, als sei die Figur ehemals größer gewesen und dann nach und nach im weichen Untergrund versunken. Doch als der Haluter genauer hinsah, bemerkte er, daß sie aus einem Felsen herausgehauen war, der an dieser Stelle mitten im Fluß gestanden hatte.
Die Figur bestätigte seine Vermutung, daß Kranar der Anführer der Gurrads war. Sie stellte ihn dar. Sein halbseitig gelähmtes Gesicht war unverwechselbar. Besonders beeindruckend fand Icho Tolot jedoch die Augen der Figur, die aus einem weißen Stein bestanden und nachträglich eingesetzt worden waren. Sie verliehen der Figur einen geradezu magischen Blick.
Die Gurrads verharrten einige Minuten schweigend mit geneigten Köpfen am Ufer, um der Steinfigur die ihr gebührende Ehre zu erweisen.
Dann schoben sie ihre Gefangenen auf das Floß.
Dieses Dach haben sie ganz sicher nicht gebaut, damit wir vor dem Regen geschützt sind, sondern damit wir von den Fragmentraumern im Orbit nicht gesehen werden können, erkannte er.
Doch auch damit war er noch nicht zufrieden. Es war keineswegs überraschend, daß die Löwenköpfigen ihre Gefangenen vor den Augen des Posbis verbergen wollten. Die Posbis verfüg ten über Beobachtungsund Ortungsgeräte auf ihren Fragmentraumern, mit denen man die Schuppen auf dem Rücken einer Eidechse hätte erfassen und im Bild festhalten können.
Zehn Gurrads sprangen zu ihnen auf das Floß, stießen es vom Ufer ab und lenkten es auf den Fluß hinaus.
In träger Fahrt ging es über eine Stunde lang unter dem Blätterdach dahin, das den Fluß überspannte.
Dann kamen sie an die Stelle, wo der Fluß in einen anderen mündete, und nun trieben sie immer schneller nach Osten. Nach drei weiteren Stunden erreichten sie einen breiten Strom, und die Gurrads verließen das Floß. Sie schwebten mit Hilfe ihrer Antigravgeräte zum Wald hinüber und verschwanden im Unterholz.
Sie hatten ihre Aufgabe offenbar erfüllt.
Von oben sieht es so aus, als ob sich ineinander verkeiltes Holz aus dem Wald gelöst hat und jetzt von der Strömung mitgerissen wird, dachte Icho Tolot. Die Posbis werden nicht weiter darauf achten.
Er verhielt sich nach wie vor passiv, und das änderte sich auch nicht, als das Floß im Verlauf der Nacht die offene See erreichte. Schnell blieb die Küste hinter ihm zurück.
Auch die Terzrocker schwiegen. Sie schienen noch nicht einmal zu erfassen, was mit ihnen geschah.
Und wieder fragte Icho Tolot sich, welche Pläne die Gurrads verfolgten. Was wollten sie damit erreichen, daß sie ihre Gefangenen auf einem Floß in die See hinaustreiben ließen? Die Strömung war auch hier draußen sehr stark. Wenn der neue Tag anbrach, würde das Floß sicherlich schon mehr als hundert Kilometer von der Küste entfernt sein.
Und dann?
Würde sich das Floß in seine Bestandteile auflösen? Wollten die Gurrads, daß die Terzrocker ertranken?
Icho Tolot wartete gelassen ab. In aller Ruhe durchsuchte er das Floß, so weit ihm dies möglich war, ohne seinen Platz zu verlassen. Erst als er sicher war, daß die Terzrocker und er nicht mit einer Kamera überwacht wurden, zerriß er das Metallseil, stand auf und nahm auch den anderen Gefangenen die Fesseln ab. Sie ließen es geschehen, ohne zu reagieren. Für sie änderte sich nichts.
Der Haluter riß einige größere Zweige vom Dach des Floßes herunter, um freie Sicht auf den Himmel zu haben. Er nahm eine Positionsbestimmung vor. Dafür benötigte er keine technischen Hilfsmittel. Sein Planhirn, das leistungsfähiger war als eine einfache Positronik, bewältigte diese Aufgabe innerhalb von wenigen Sekunden.
Die nächste Positionsbestimmung nahm er etwa eine halbe Stunde später vor. Er verglich das Ergebnis mit dem der ersten und stellte überrascht fest, mit welch hoher Geschwindigkeit sie sich bewegten, obwohl sie das Mündungsgebiet des Flusses mittlerweile verlassen hatten. Der Grund dafür konnte nur in einer starken Meeresströmung liegen. Sie trieb das Floß ziemlich genau nach Osten, auf den dritten Kontinent zu. Icho Tolot errechnete, daß sie ihn bei gleichbleibender Geschwindigkeit in etwa zwei Wochen erreichen würden. Er ging jedoch davon aus, daß die Strömung sich verringern würde, und er zweifelte daran, daß die Gurrads sie wirklich zum dritten Kontinent hinüberbefördern wollten.
Aber wohin sollten sie dann gebracht werden? Und warum?
Er beschloß, in aller Ruhe
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