146 - Der Horror-Butler
mal die Luft aus dem Krug rauslassen .«
»Tommy ... Ich heiße Tommy. So nennen mich
alle hier .« Er streckte dem Amerikaner die Hand hin.
Es war eine fleischige, behaarte Pranke. Tommy schien regelmäßig volle
Bierfässer zu stemmen.
»Larry Brent.«
Die Tür zur Küche, die der Wirt aufgerissen
hatte, stand noch offen. Tommys Tochter tauchte 'auf.
Sie war eine wahre Augenweide. Rank und
schlank, das rotblonde Haar hochgesteckt unter einer blütenweißen Haube, das
Gesicht schmal, engelgleich.
»Das ist Gloria, Larry .«
Sie nickten sich zu.
Gloria hob die Klappe, die den Raum hinter
der Theke vom Lokal trennte und kam nach vorn. Zwei Schritte neben der Theke
befand sich eine weitere Tür, die zum Korridor, zum Hinterausgang und
Treppenhaus führte.
»Dies ist ein sehr altes Haus«, bemerkte Larry
Brent, um das Schweigen zu brechen. Gloria war freundlich, aber sehr wortkarg.
»Ich mag solche Häuser. Sie haben Atmosphäre. Unter solchen Dächern haben sich
Schicksale erfüllt, haben schon Menschen gelebt, ehe es uns gab. Jeder Stein,
jeder Balken könnte unglaubliche Geschichten erzählen .«
Gloria nickte, und ihre sanft geschwungenen
Lippen öffneten sich. »O ja. Da haben Sie recht. Gerade dieses Haus könnte
bestimmt viel berichten. Es ist immerhin rund siebenhundert Jahre alt .« Die hübsche Wirtstochter öffnete die Tür vor der Treppe.
Dahinter lag ein kleines, einfach eingerichtetes Zimmer, mitten drin ein
Schreibtisch, voll mit Aktenordnern und Zeitungsstapeln, daß der Telefonapparat
wie versteckt wirkte.
Gloria wollte die Deckenleuchte anknipsen.
»Ah. Funktioniert wieder nicht. Da ist die
Birne noch immer nicht ausgewechselt. Aber wir haben ja noch ’ne andere Lampe.
Moment hinter dem Schreibtisch ...«
Die Tochter des Wirts huschte in das dämmrige
Zimmer, in das nur das schwache Licht der Korridorbeleuchtung fiel.
Larry folgte Gloria. Neben dem Schreibtisch
stand eine altmodische Stehlampe. »Die brennt bestimmt«, meinte die Blondine
fröhlich und lachte leise. »Typisch Vater. Solange eine Sache noch in Ordnung
ist, repariert er nicht die andere .«
»Wohl aus Kostengründen. Er scheint wohl sehr
sparsam zu sein , Gloria. Ist Ihr Vater schottischer
Abstammung ?«
»Nicht daß ich wüßte .«
Links war eine dunkle Türnische, direkt
zwischen zwei wuchtigen, bis unter die Decke reichenden Schränken.
Da kam Larry Brent vorüber, um hinter den
Schreibtisch zu gelangen.
Aber bis dorthin kam er nicht mehr...
Er erkannte nicht, daß der eine Schrank nicht
genau an der Wand stand. Dahinter gab’s einen Hohlraum, ähnlich der Türnische .. . nur größer und tiefer. Und von dort kam die
Gefahr.
Larry erkannte sie zu spät.
Er bekam einen Schlag in den Nacken, daß er
meinte, von einem Pferdehuf getroffen worden zu sein.
X-RAY-3 ging in die Knie, war aber noch
geistesgegenwärtig genug, nach seiner Smith & Wesson Laser zu greifen. Doch
er brachte nicht mehr die Kraft auf, die Waffe herauszuziehen und gegen den
unbekannten Gegner einzusetzen.
Ein zweiter Schlag, diesmal auf den
Hinterkopf, gab ihm den Rest. Lautlos kippte der Agent zur Seite.
Gloria, die Tochter des Wirts, schaltete auch
die Stehlampe nicht mehr ein und verließ den Raum, als wäre überhaupt nichts
geschehen.
*
Everthon-Castle lag auf leicht bewaldeter
Anhöhe.
In der Dunkelheit und bei einsetzendem Regen,
der sich als Dauerregen zu etablieren schien, wirkten die Mauern trutziger, als
sie in Wirklichkeit waren.
An den beiden Torpfosten hingen zwei
laternenähnliche Lampen, die schwache Lichthöfe vor dem schmiedeeisernen Tor
schufen. Der Weg, der von dem kleinen Schloß wegführte, war asphaltiert, und
der Regen glänzte im Licht der beiden Lampen.
Das Schloß war nicht sehr groß. Das Hauptgebäude
lag mitten in einem Park, hatte einen einzigen eckigen Turm, bestand aus drei
Etagen und sah aus wie ein großes Gutshaus. Braunes Fachwerk hob sich vom
weißgekalkten Hintergrund der Wände ab, und rote Ziegel deckten das Dach und
die Gauben, die bei einem späteren Erweiterungsbau hinzugekommen waren.
Fünfzig Schritte vom Wohngebäude entfernt lag
ein kleineres Haus, das früher der Dienerschaft als Unterkunft diente. Dieses
Gebäude befand sich in schlechtem Zustand und hätte dringend renoviert werden
müssen. Offenbar fehlte jedoch das Geld dazu.
Jetzt diente das Haus als Herberge für nicht
mehr benutzte Möbel, Bilder und andere Kunstgegenstände und sogar allerlei
Gerümpel. Neben dem einstigen
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