146 - Winterkrieger
Monitor auf seinem Schreibtisch. »Zufällig ist vor kurzem im Innendienst eine Position frei geworden, die Ihrer Qualifikation entspricht. Natürlich werden Sie auch auf diesem Posten hin und wieder an die Oberfläche gehen, aber dies wird viel seltener der Fall sein. Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass Sie dann längere Zeit dort verweilen müssen.«
Ayris schaute O’Hara an. »Ich bin gespannt, Sir.«
»Dann will ich Sie nicht länger auf die Folter spannen.«
O’Hara lächelte. »Es handelt sich um einen Vertrauensposten… um die Stelle des Adjutanten von Präsident Arthur Crow.«
Ayris zuckte zusammen. »Gen… Präsident Crow?« Sie konnte es kaum fassen.
Crow war die Nummer Eins in diesem Bunker. Auf diesem Kontinent. Bis zum Tode Präsident Victor Hymes’ war er
»nur« der Oberbefehlshaber aller Weltrat-Truppen gewesen; nun verkörperte er beide Ämter in Personalunion.
Crow gehörte zu den mächtigsten Menschen der Welt. Seine Verbindungen reichten um die halbe Erde. Im Moment heckte sein Stab im Verbund mit gewichtigen ausländischen Kräften Pläne aus, um eine Invasion angeblich Außerirdischer zu verhindern.
Im Vergleich zu dem, was auf sie zukam, war sie bisher nur ein Streifenbulle gewesen, der billigen Zuhältern ein Bein stellte. Und nun sollte sie in die Weltpolitik einsteigen – als rechte Hand des Oberbefehlshabers?
»Was sagen Sie dazu, Captain?« Colonel O’Hara legte die Fingerspitzen aneinander.
»Ich bin begeistert, Sir«, sagte Ayris, obwohl sie eigentlich nicht wusste, wie sie auf diese Nachricht reagieren sollte.
»Offen gesagt, mir fehlen die Worte.«
O’Hara nickte. »Ich schätze, es ist eine große Ehre, in eine solche Position aufzusteigen.« Dann erhellte sich seine Miene.
»Bei der Durchsicht Ihrer Familiendaten ist mir übrigens aufgefallen, dass Ihre Eltern und Präsident Crow zu den Begründern der Einheit gehörten, aus der Sie nun ausscheiden, Captain.«
Ayris war fassungslos. Nicht nur, weil ihre Eltern längst tot waren, sondern weil Jimmy Flannagan es versäumt hatte, sie darüber aufzuklären. Was, zum Henker, hat das zu bedeuten?
»Nein… Wirklich?«
O’Hara nickte. »Sie waren alle noch jung.« Er schaute wieder auf den Monitor. »Vielleicht erinnert der Präsident sich sogar an sie. Er und Ihre Eltern waren im gleichen Alter.« Er zwinkerte. »Könnte sein, dass es unter diesen Umständen zu einer besonders harmonischen Zusammenarbeit kommt.«
»Ja, Sir, das wäre schön.« Ayris war noch immer ziemlich verdutzt. Nun ja, damals war sie eins der wenigen Kinder im Bunker gewesen. Sie hatte im Hort gelebt, während Mum und Dad ihrer geheimen Tätigkeit nachgegangen waren.
Vermutlich hatten sie recht wüste Zeiten durchlebt. Damals hatten die Verantwortlichen hier im Bunker weitgehend im Geheimen gearbeitet und an der Oberfläche den »Fettsack« – den Bürgermeister von Waashton – die Arbeit tun lassen.
Ihre Eltern hatten also das Gleiche getan wie sie? Sie hatten Kriminelle und Illegale gejagt? Wie waren sie mit dem weiten Land fertig geworden? Mit den schmutzigen Barbaren? Hatte es sie beim Anblick der endlosen Fläche des Atlantik gegruselt? Hatte der graue Himmel ihnen Alpträume beschert?
Und wie waren sie ums Leben gekommen? Ayris hatte es nie erfahren. Ein Vermerk »Bei Ausübung des Dienstes ums Leben gekommen« war alles, was an offiziellen Informationen verfügbar war. Der Rest lief unter dem Vermerk »Geheim«.
»Tja, Captain…« O’Hara stand auf. »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer neuen Position und wünsche Ihnen viel Erfolg.«
Bevor Ayris einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte er eine Schublade aufgezogen und reichte ihr eine in Folie eingeschweißte Ernennungsurkunde.
»Melden Sie sich in Präsident Crows Vorzimmer. Dort wird man dann alles Weitere veranlassen.« Er nahm Ayris’ Hand, schüttelte sie und fügte hinzu: »Sobald Sie wissen, was er in seinem Büro so auskocht, bringen Sie ihm bitte bei, dass der Nationale Sicherheitsrat – und speziell Colonel O’Hara – seinen linken Arm dafür hergeben würde, wenn er uns in die Dinge einweiht, die er hinter unserem Rücken einfädelt.«
»Mach ich, Sir.« Ayris strahlte. O’Haras letzte Worte kamen ihr, so heiter sie auch geklungen hatten, eigenartig säuerlich vor. »Und vielen Dank.«
»Gern geschehen.« O’Hara brachte sie hinaus. Als die Tür aufging, löste sich der Sergeant von seiner pummeligen Kollegin und errötete schamhaft.
»Nichts für ungut,
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