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146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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darin nach Arthur. Arthur C.« Er tätschelte ihre Hand und fuhr in normaler Lautstärke fort: »Wie geht’s sonst?«
    Ayris war noch immer verdattert. Gerade hatte man sie zur Adjutantin Arthur Crows ernannt. Gerade hatte sie erfahren, dass ihre Eltern und ihr künftiger Chef früher zusammen gearbeitet hatten.
    Und jetzt deutete Jimmy Flannagan an, in seinem elektronischen Tagebuch stünde etwas, das Arthur C. betraf und so gefährlich war, dass er es erst auf dem Sterbebett ausplauderte. Was ging hier vor?
    Was geht hier vor?, formten ihre Lippen.
    Captain a.D. Jimmy Flannagans Hand fuhr sich lässig über die untere Hälfte seines Gesichts. Ayris wusste, was er damit sagen wollte: Hier reden wir über solche Dinge lieber nicht, Schätzchen.
    Ihr Nicken erwiderte: Na schön.
    Danach plauschten sie eine Stunde lang über Trivialitäten.
    Als Ayris ging, bat Jimmy Flannagan sie mit dem üblichen schrägen Zwinkern, ihm beim nächsten Besuch diesen und jenen unwichtigen Kram mitzubringen.
    Ayris versprach es. Dann fuhr sie Flannagan in sein Zimmer zurück, wo die beiden Bauchoperationen inzwischen fest eingeschlafen waren.
    »Mach deine Rechnung mit dem Himmel, Vogt«, sagte Jimmy plötzlich. »Deine Uhr ist abgelaufen.«
    »Quatsch«, sagte Ayris. Als sie ihm die Zigarre aus dem Mund nahm, da es so aussah, als sei er eingeschlafen, merkte sie, dass er seine letzte Kippe geraucht hatte.
    »Doktor!«, schrie sie.
    Tränen schossen in ihre Augen. Sie brauchte fast eine Stunde, bis sie gefasst genug war, um in ihren Wohnbereich zurückzukehren.
    ***
    Captain Flannagans Quartier lag auf dem gleichen Gang wie ihre eigene Unterkunft.
    Da sie als seine registrierte Erbin über ein Doppel seiner Schlüsselkarte verfügte, war es kein Problem, seine Bude zu betreten. Sie sah grauenhaft aus – ziemlich genau so, wie sich eine ordentliche Frau die Höhle eines völlig heruntergekommenen Junggesellen vorstellt: Überall standen volle Aschenbecher und leere Flaschen herum. Brandflecken und unregelmäßig verteilte Socken zierten den Teppichboden.
    Die Pflanzen, die möglicherweise dazu hatten beitragen sollen, den Sauerstoffgehalt des Quartiers nicht unter ein gewisses Maß sinken zu lassen, waren tot.
    Wie auch diverse Kleininsekten, die rücklings auf dem Boden lagen. Ayris hatte nicht gewusst, dass es im Bunker überhaupt welche gab. Vermutlich hatten sie sich alle hier aufgehalten.
    An den Wänden: Fotos merkwürdiger Landschaften. Kaum zu glauben, was es früher alles auf der Erde gegeben hatte.
    Irgendwann hatte sie mal gelernt, dass Menschen auf dem Mond gelandet und zum Mars geflogen waren. Wie die ersten Marsfahrer geheißen hatten, wusste sie nicht mehr, nur dass deren Expedition offenbar gescheitert war. Der erste Mensch auf dem Mond war jedenfalls Neil Young gewesen. Oder Louis Armstrong?
    Jimmy Flannagan hätte es sicher gewusst. Jimmy Flannagan wusste alles. Er hatte sogar gewusst, wer Amerika einst entdeckt hatte. Ayris kannte Menschen, die nicht mal wussten, dass es nötig gewesen war, Amerika zu entdecken. War es nicht schon immer da gewesen?
    Vermutlich hatte er so viel gewusst, weil er so viele Bücher gelesen hatte. Ayris’ Geschichtswissen stammte dagegen aus dem Bunkerfernsehen – vorwiegend aus Dokumentationen wie Die Rolle des Weltrats in einer degenerierten Welt und Der Feind ist überall. Wer die Bildungsthemen aufbereitete, wusste niemand so genau.
    Ayris fand Jimmys elektronisches Diarium neben dem Bett auf dem Konsölchen, stöpselte sich ein, sprach das Passwort aus und wurde von Flannagans Stimme begrüßt.
    »Ich hab gerade erfahren, wann ich ungefähr in die Grube fahre«, sagte er. »Deswegen erzähl ich dir jetzt ein paar wichtige Sachen, bevor sie mich auf die Krankenstation karren.« Er legte los – sehr nervös, heiser und deutlich ängstlich; völlig unheldenhaft, aber – vermutlich, um seine Angst vor dem Tod zu überspielen – schnodderig bis zum Letzten: »Sei aber nicht traurig. Halt lieber die Augen auf, damit du den Typ nicht übersiehst, der so für dich empfindet wie ich für deine Mutter: Sergeant Rosalie Grover. Sie war wirklich so schön wie ‘n Sonnenaufgang…«
    Und dann erzählte er, wie alles angefangen hatte: Wie ihm zu Ohren gekommen war, dass die Regierung Leute für ein Oberwelt-Projekt suchte, nachdem man aus dem Blut eines Klons ein Serum zum Wiederaufbau des Immunsystems gewonnen hatte. Wie er sich dafür gemeldet hatte und mit einem Dutzend anderer zusammen

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