Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
sein.
    Der alte Bunker war ihre Heimat. Sie empfand die fensterlose Welt nicht als klaustrophobisch. Ganz im Gegenteil. Oben, wo die Welt keine Grenzen hatte, fühlte sie sich unwohl und ständig beobachtet.
    Wäre es nach ihr gegangen, hätte sie den Rest ihres Lebens hier unten zwischen Betonwänden verbracht. Kontakte konnte man schließlich auch über Monitore pflegen.
    Ayris Grover war in kleinen Räumen aufgewachsen. Die Kultur, der sie entstammte, war eigentlich die einer Großfamilie.
    »Captain Grover?«
    Die Tür ging auf. Ayris sprang ohne hinzusehen auf und salutierte.
    Der Mann, der sie anlächelte, stand jedoch dienstgradmäßig weit unter ihr. »Colonel O’Hara lässt bitten.«
    »Danke, Sergeant.« Ayris folgte dem schlanken Burschen und begutachtete seinen straffen Hintern. Er führte sie in ein Sekretariat. An einem Schreibtisch saß ein pummeliger weiblicher Sergeant vor einem Bildschirm. Der Sergeant bediente eine Wandtaste, und eine rote Holztür öffnete sich lautlos.
    »Captain Grover, Sir«, meldete der Sergeant. Er nickte Ayris freundlich zu. Sie trat über die Schwelle. Der Sergeant verschwand. Die Tür schloss sich. Das Büro war größer als ihr gesamtes Quartier. Vor ihr erhob sich hinter einem Metallschreibtisch der Chef des Nationalen Sicherheitsrates.
    Colonel O’Hara war etwa fünfzig Jahre alt. Seine Züge waren sympathisch. Er hatte perfekte Zähne, blaue Augen, schlohweißes Haar und sah dem Sergeant ähnlich.
    Ayris knallte die Hacken zusammen und meldete sich mit Dienstgrad und Namen.
    »Freut mich, Captain.« O’Hara deutete auf einen Besucherstuhl. »Nehmen Sie bitte Platz.« Ayris setzte sich.
    »Sie wissen, warum Sie hier sind?«
    Ayris schüttelte den Kopf. »Offen gesagt, nein, Sir.«
    Auch O’Hara ließ sich wieder in seinen Sessel nieder. Er musterte Ayris eingehend. Er war ein schöner Mann, doch leider mit einer Besitz ergreifenden und in diversen Kampfsportarten erprobten Stabsärztin verbunden, die schon mehr als einem Offizier blaue Augen verschafft hatte. »Es geht um Ihre Zukunft, Captain.«
    Ayris schaute erschreckt auf. »Sir?« Ihr schwante nichts Gutes. Bisher hatte sie sich um ihre Zukunft nicht gesorgt. Die Zukunft kam schließlich jeden Tag und wurde vom Dienstplan bestimmt. Hatte sie sich vielleicht verhört?
    O’Hara lächelte freundlich. »Das Abschlussgutachten der letzten Aktion, an der Sie beteiligt waren, deutet an, dass der Außendienst Ihren Interessen nicht entgegen kommt…«
    Ayris zog die Brauen hoch. Was sollte das heißen? Hatte sie ihren Job etwa nicht gut gemacht? Erteilte der Chef des Nationalen Sicherheitsrates ihr einen Rüffel? Sie hatte plötzlich das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.
    O’Hara schien es zu bemerken. »Ja, Captain? Wollen Sie etwas sagen?«
    »Nun, Sir, ich…« Was, um alles in der Welt, soll ich sagen?
    Dass ich mich im Freien unwohl fühle? Dass dieses Unwohlsein meine Konzentration beeinträchtigt? Dass ich keine Lust habe, irgendwann wie Fanthorpe zu enden?
    Sie riss sich zusammen. Nein. Es war am besten, Nägel mit Köpfen zu machen. Wie hatte Mum doch immer gesagt: Ehrlichkeit zahlt sich aus. Und: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. »Das Gutachten hat Recht, Sir. Ich kann nicht verhehlen, dass ich mich im Freien unwohl fühle.«
    O’Hara nickte. Seine verständnisvolle Miene war kaum fassbar. Ein Stabsoffizier, der Mitgefühl kannte? Oder war es ein Trick? Eigentlich hätte sie eher einen Raunzer erwartet: Sie sind wohl nicht bei Trost? Als Offizier haben Sie gefälligst ein Vorbild für Ihre Leute zu sein!
    »Sie leiden nicht allein an einer Oberweltphobie.« O’Hara seufzte. »Wir waren einfach zu lange unter der Erde. Wer zählt die Generationen?«
    Ayris verstand. Ein Mann in seiner Position musste solche Probleme ernst nehmen. Der nationalen Sicherheit war nicht gedient, wenn sie sich auf Soldaten verließ, die bestimmten Tätigkeiten nur nachkommen konnten, wenn sie unter Drogen standen.
    »Beeinträchtigt diese… Behinderung Sie in der vorschriftsmäßigen Ausübung ihres Dienstes?«
    Hirnlose Vorgesetzte sind weitaus schlimmer. »Nein, Sir. Den Eindruck habe ich eigentlich nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Bisher noch nicht.«
    O’Hara atmete auf. »Danke, dass Sie so offen darüber reden, Captain.« Er räusperte sich. »Major Fanthorpes Nachfolger wird sich, was die Sollstärke seiner Einheit betrifft, anderweitig behelfen müssen.« Er warf einen Blick auf den

Weitere Kostenlose Bücher