1461 - Katakomben des Wahnsinns
Polizeistation?«
»Nein. Wenn es irgendwelche Verbrechen geben sollte, dann werden wir gerufen. Es sind ja nur ein paar Meilen, und von unserer nördlichsten Wache aus noch weniger. Brauchen Sie denn irgendeine Unterstützung? Oder weshalb fragen Sie?«
»Nein, wir brauchen keine Unterstützung. Die Dinge lassen sich schon durch uns allein regeln.«
»Okay, dann darf ich Ihnen viel Glück wünschen. Wir bleiben natürlich in Verbindung.«
»Ja, wir werden Sie informieren.«
»Danke.«
Mit einem festen Händedruck wurden wir verabschiedet. Bill, der die ganz Zeit über geschwiegen hatte, war froh, wieder reden zu können, und sagte: »So, jetzt bin ich gespannt auf Wesley Thamm.«
»Und wo sollen wir ihn treffen?«
»In Upper Sundon.«
»Das hast du mir noch gar nicht erzählt.«
»Dann weißt du es jetzt.« Bill grinste. »Vielleicht kann er uns auf die richtige Spur bringen. Manchmal hat man zu einem Reporter mehr Vertrauen als zu einem Polizisten. Ich bin lange genug in diesem Job, um das sagen zu können.«
»Ja, das scheint mir auch so.«
»Dann lass uns fahren.«
Ich zog die Porschetür noch nicht auf. Schräg gegenüber befand sich ein Schnellimbiss. »Hast du Hunger?«
»Ein Hamburger könnte nicht schaden.«
»Sehr gut. Ich gebe einen aus…«
***
Der Bleiche war wieder unterwegs.
Die Nacht hatte er gut überstanden. Wie von einer Apathie erfasst, hatte er in seiner Katakombe gelegen und das Licht des Tages abgewartet. Er hatte sich auch keine Sorgen darüber gemacht, dass ihm noch zwei Tote fehlten. Er würde sie bekommen, und diesmal wollte er nicht so lange warten. Ab jetzt sollte alles schnell gehen.
Dass er bei Tageslicht leichter entdeckt werden konnte, darüber machte er sich keine Gedanken. Es gab genügend Orte für ihn, an denen er sich verstecken konnte, und außerdem war er schon früher mal gesehen worden, aber das hatte das Leben der Bewohner von Upper Sundon nicht sonderlich gestört. Er war schnell vergessen worden, denn es gab genügend komische Käuze auf dieser Welt.
Und er hatte auch nicht feststellen können, dass man ihn mit dem Verschwinden der Männer in einen Zusammenhang gebracht hätte.
Wahrscheinlich hatte man ihn als harmlosen Spinner eingestuft.
Das war er nicht. Das hatte er schon bewiesen, und das würde er weiterhin beweisen.
Es war ein herrlicher Tag. Es gab keinen Regen, auch wenig Wolken, dafür viel blauen Himmel, und eine Sonne, die im April schon recht hoch stand.
Kaum hatte er seine Höhle verlassen, da zog er wieder die Kapuze über den bleichen Schädel, der gar nicht so bleich war, sondern mehr einen Stich in Gräuliche aufwies. Wie auch sein Gesicht. Das wirkte aus der Distanz gesehen nur so bleich.
Die Welt gehörte ihm. Die Menschen auch. Er dachte an die verschiedenen Methoden, wie er seine Opfer getötet hatte. Am besten hatte es ihm bei dem Motorradfahrergefallen. Da hatte er einfach nur auf der Straße zu stehen brauchen, und schon war der Mann mit seiner Maschine ins Schlingern geraten und in den Wald gerast. Er hatte ihn nur noch aufzuheben brauchen wie eine reife Frucht.
Und jetzt suchte er den Nächsten…
Der Bleiche wusste noch nicht, wen er nehmen wollte. Ob alt oder jung, das war egal. Er wollte abwarten, wen ihm das Schicksal über den Weg trieb.
Allerdings hatte er schon einen Namen im Kopf, und der wollte auch nicht weichen. Es war Alan Duke, der Sargbeschaffer. Ihn in seiner Hölle tot liegen zu sehen würde ihn erfreuen. Er stellte sich auch das Gesicht des Mannes vor, wenn er die ganze Wahrheit erfuhr. Er würde es nicht begreifen. Er würde in der Katakombe liegen, umgeben von dem, was die Sekte damals zurückgelassen hatte, und er würde kaum begreifen, dass die richtige Hölle noch auf ihn zukam.
Ja, das war gut. Das war ein perfekter Plan. Und Alan Duke würde als Einziger die Chance bekommen, die Katakomben als lebender Mensch zu sehen. Alle anderen waren schon tot gewesen, als der Bleiche sie an diesen Ort geschafft hatte.
Aber es gab da ein Problem. Alan stellte die Särge her. Zweimal wurde er noch gebraucht. Dass er als letzten Sarg einen für sich selbst bauen würde, gab seinem Plan eine noch besondere Würze.
Es gab auch noch die Möglichkeit, dass er sich in die Schreinerei schlich und dort zwei Särge stahl.
Egal, wie er sich entschied, er sah die Zukunft in einem hellen Licht, und hinter dem Licht tauchte wie ein Schatten die Fratze des Teufels auf.
Auch weiterhin gab ihm der Damm Schutz.
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