1461 - Katakomben des Wahnsinns
Irgendwann musste der Bleiche seine Nähe verlassen, wenn er dorthin wollte, wo es die Menschen gab, denn die ehemalige Straße führte ins Nichts.
Der leichte Wind spielte mit seiner Kutte. Hin und wieder hörte er ein Rascheln. Die Augen, die tief in den Höhlen seines knochigen Gesichts lagen, drehten sich zusammen mit dem Kopf nach rechts, denn dort lag Upper Sundon und an dessen Rand die Schreinerei des Alan Duke. Es war zu hören, dass dort bereits gearbeitet wurde.
Das hohe Schrillen oder Kreischen der Sägen brachte ihn auf einen bestimmten Gedanken, der die straffe Haut in der Nähe des lippenlosen Mundes zu einem Grinsen verzerrte.
Ihm war die Idee gekommen.
Die Schreinerei lockte. Er wollte schauen, welche seiner Pläne sich dort umsetzen ließen…
***
Bill hatte mit seinem Kollegen nicht nur eine Uhrzeit ausgemacht, sondern auch einen Treffpunkt. Es war ein Lokal in Upper Sundon, das durchaus den Namen Restaurant verdiente. Hier wurden Spezialitäten aus dem Balkan serviert, und der Name des Restaurants lautete ZAGREB.
Freie Stellflächen für Autos gab es genug, und so hatte Bill den Porsche direkt vor dem Restaurant geparkt.
Als wir ausstiegen, kam mir ein Gedanke. »Sag mal, Alter, kennst du deinen Kollegen eigentlich persönlich?«
Bill schüttelte den Kopf. »Nein, gesehen haben wir uns noch nie. Keine Sorge, wir werden uns schon erkennen.«
»Wenn du das sagst.«
Wir mussten eine Tür mit Metallgriff und gelben Butzenscheiben aufstoßen, um das Restaurant betreten zu können.
Eine füllige, recht klein gewachsene Frau in dunkler Kleidung mit weißer Schürze schaute zu uns her.
»Guten Tag, Sie wollen etwas essen?«
»Mal sehen«, erwidere Bill. »Zunächst sind wir mit jemandem verabredet.«
»Bitte.« Sie gab den Weg frei, der an der Kasse vorbeiführte. »Ist es der Herr, der dort hinten am Fenster sitzt?«
Wir reckten beide den Hals und sahen hin. Die Kamera stand wie ein Erkennungszeichen auf dem Tisch. Aber nicht darüber wunderten wir uns, sondern über den Mann selbst.
Wesley Thamm hatte eine fast pechschwarze Hautfarbe!
»Das ist eine Überraschung«, sagte Bill. Er ging mit festen Schritten auf den Wartenden zu.
»Wesley?«
Der Mann drehte den Kopf. »Bill?«
»Klar doch. Super.«
Die beiden klatschten sich ab wie die besten Freunde, und ich wurde wenig später vorgestellt. Dann nahmen wir Platz und saßen so, dass Wesley Thamm mir und Bill gegenübersaß.
Zu essen brauchten wir nicht. Der Hamburger hatte gereicht. Wir bestellten nur Wasser, während Wesley noch ein zweites Bier nahm, breit lächelte und erklärte, wie froh er war, dass wir so schnell gekommen waren.
»Jetzt kann ja nichts mehr schief gehen.«
»Abwarten«, sagte Bill.
Unsere Getränke wurden gebracht, die dralle Frau zog sich zurück. Die Nebentische waren nicht besetzt, und so konnten wir uns in aller Ruhe unterhalten.
»Inzwischen sind es fünf Verschwundene«, sagte Thamm.
»Leider.« Bill schaue den Kollegen schräg von der Seite an. »Hast du noch weitere Neuigkeiten?«
Wesley Thamm schüttelte den Kopf. »Leider kann ich dir keine neuen bieten. Ich stecke hier fest. Außerdem bin ich ein Pressetyp und kann nicht arbeiten wie die Polizei. Mir würde man nichts sagen.«
»Oder doch. Reporter haben oft das bessere Händchen, um Fragen zu stellen. Zudem reden die Leute gern, um sich wichtig zu machen.«
»Nicht hier, Mr. Sinclair.«
»Hast du denn eine Idee?« fragte Bill seinen Kollegen.
Wesley Thamm schaute zum Fenster mit den leicht gewölbten Butzenscheiben. »Ich kann euch nichts sagen. Ich muss nur daran denken, was sich in der Vergangenheit abgespielt hat und wie alles ins Rollen gekommen ist.«
»Meinst du diesen Dirk Reuter?«
»Klar, Bill.«
»Nun ja, er hat in einer Schreinerei gearbeitet. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches.«
»Da gebe ich dir Recht. Der Job ist auch nicht ungewöhnlich. Ich habe trotzdem nachgehakt und bin eigentlich jetzt auch noch am Ball. Nur nicht mehr bei Dirk Reuter. Ich habe mich einige Male mit seinem Chef getroffen.«
»Warum?« fragte ich.
»Kann ich Ihnen auch nicht so recht sagen. Intuition oder so. Ist ja egal. Jedenfalls habe ich mit ihm gesprochen«, er lachte, »und ich habe auch gedacht, dass er einem Reporter aufgeschlossener gegenüber ist als einem Polizisten. Irrtum, Freunde, Irrtum. Er hat sich sehr verstockt gezeigt. Er wollte von den Vorgängen nichts wissen.«
»Verständlich«, sagte ich, aber nur, um den Reporter aus
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