1464 - Das Phantom von Phönix
Flaggschiffs übergewechselt und hatte seine Versuche fortgesetzt.
Bis heute war er der Entschlüsselung der geheimnisvollen Signale keinen Schritt näher gekommen. Es gab Augenblicke, da fragte er sich allen Ernstes, ob es überhaupt sinnvoll sei, die Messungen fortzusetzen.
Mehrmals war er drauf und dran gewesen, die plumpe Apparatur einfach abzureißen. Aber es ging von den unregelmäßig geformten Impulsfolgen eine Faszination aus, der er sich nicht entziehen konnte, und er begann zu glauben, daß ihm eines Tages die Erleuchtung kommen werde, deren er bedurfte, um die Bedeutung der rätselhaften SHF-Signale zu verstehen.
Die Beschäftigung mit dem Experiment war zur Routine geworden. Mehrmals im Verlauf des vierundzwanzigstündigen Bordtags suchte er den kleinen Laborraum auf und ließ sich vom Syntron die Aufzeichnungen der vergangenen Stunden vorführen.
Der Versuchsaufbau war automatisiert. Die Sensoren, die die SHF-Signale auffingen, waren weitmaschig über die felsige, atmosphärelose Oberfläche des Asteroiden Campbell verstreut. Was die Sensoren maßen, wurde sofort an den Syntron-Verbund übertragen, von dem ein Sektor speziell für die Überwachung des Experiments reserviert war. Der Syntron nahm die üblichen Analysen vor: Impulsform, Fourier, Messung des zeitlichen Abstands, Isotropiedefizienz. Besonders am letzteren war Sato Ambush interessiert. Er vermutete nämlich, daß die geheimnisvolle SHF-Strahlung deswegen so frustrierend isotrop war, weil sie von zahlreichen, gleichmäßig verteilten Sendern emittiert wurde. Gelänge es ihm, auch nur eine winzige Abweichung von der Isotropie der Strahlung festzustellen, dann wäre es vielleicht möglich, einen der Sender anzupeilen. Bisher hatten alle derartigen Meßversuche negative Resultate erzeugt. Die SHF-Signale kamen aus allen Richtungen mit gleicher Stärke. Die Daten würden auch heute keine Defizienz aufweisen, dachte Sato Ambush niedergeschlagen. „Spiel mir vor, was du aufgezeichnet hast", forderte er den Syntron auf.
Vor ihm, mitten im Raum, entstand eine Bildfläche. In leuchtendem Grün zog sich das straffe Band der Trägerwelle quer durchs Bildfeld. Der Trägerwelle aufgesetzt erschienen schmale, steile Impulsgruppen unterschiedlicher Form. Sie waren in ungleichmäßigen Abständen entlang des grünen Bandes verteilt. „Analysedaten", verlangte der Pararealist.
Der Syntron antwortete mit langen Symbol- und Ziffernketten, die er verbal kommentierte. Schon nach der ersten Minute wußte Sato Ambush: Es hatte auch während der vergangenen 24 Stunden keine neuen Erkenntnisse gegeben. „Alles in allem muß man feststellen", beendete der Syntron seinen Kommentar, „daß zwar versuchsweise eine Zuordnung der Signale zu gewissen Impulsformgruppen vorgenommen werden kann. Aber ..."
Ambush horchte auf. Es geschah selten, daß der Syntron sich mitten im Satz unterbrach. „Was ist?" fragte er ungeduldig. „Eine neue Messung", antwortete der Servo, der irgendwo unter der Decke des Laborraums schwebte und als Mittler zwischen dem Syntron-Verbund und der Umwelt fungierte. „Sieh selbst!"
Die Signale waren auf der Darstellung langsam von rechts nach links gewandert. Jetzt erschien vom rechten Bildrand her eine neue Impulsgruppe. Sato Ambush hielt unwillkürlich den Atem an. Die Gruppe bestand aus mehreren dicht nebeneinander angeordneten, steilen Zacken, deren Amplitude die der bisher beobachteten Signale mindestens um das Fünffache übertraf. „Wo kommt das her?" fragte der Pararealist aufgeregt. „Aus der Nähe", antwortete der Syntron mit entnervender Gelassenheit. „Von Isotropie ist keine Rede. Ich bin dabei, die Peilergebnisse auszuwerten. Fest steht jedenfalls, daß dieses Signal aus gänzlich anderer Quelle kommt als die übrigen Impulsgruppen. Die ersten Resultate liegen vor. Die Quelle befindet sich ... an Bord dieses Schiffes."
Norman Glass, der 1. Pilot der ODIN, war im Grunde genommen ein verständnisvoller Mensch. Aber diesmal hatte Sato Ambush Schwierigkeiten, ihm die Wichtigkeit seines Anliegens klarzumachen.
Glass war Terraner, geboren im Jahr 386. Was einem an ihm zuerst auffiel, waren die tief in den Höhlen sitzenden, von dunklen Ringen untermalten Augen und die eingefallenen Wangen. Das Gesicht wirkte zugleich streng und kränklich, und der Eindruck wurde dadurch nicht verbessert, daß Glass das blonde Haar straff nach hinten gekämmt trug.
In Wirklichkeit war Norman Glass alles andere als krank. Er erfreute sich
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