1466 - Tödliche Küsse
hinter dem Verschwinden Sue Hellmans stecken, dann hatte er nicht eine Spur von Unsicherheit gezeigt. Er musste sich zudem wahnsinnig sicher fühlen. Er wollte Jane Collins seine Spielwiese zeigen, obwohl sie keine normale Kundin oder Freundin war. Sie durfte ihn auf keinen Fall unterschätzen.
Es konnte durchaus sein, dass er sie längst durchschaut hatte und mit ihr ein Spiel treiben wollte, das tragisch enden konnte.
Und sie hatte ein seltsames Gefühl bei ihm. Er sah zwar aus wie ein Mensch, aber sie fragte sich, ob er auch in allen Belangen so handelte wie ein Mensch und nicht mehr in ihm steckte. Eine wirkliche Bestie, deren Äußeres nicht danach aussah.
Sehr lässig schritt Caine vor Jane her durch den recht breiten Flur und blieb vor einer Tür stehen, die an der rechten Seite lag.
Er öffnete sie.
Jane stand noch zu weit weg, um einen Blick in das Zimmer werfen zu können. Sie zögerte und schaute zu, wie sich Attila Caine leicht verbeugte.
»Bitte, treten Sie ein, Lady Jane.«
»Danke.« Es war Jane nicht schwer gefallen, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben, und mit ebenso festen Schritten betrat sie die Höhle des Löwen…
***
Da gab es schon eine Veränderung zu dem Zimmer, das sie zuerst kennen gelernt hatte. Ihr fiel auf, dass es nicht mit einem Bett oder einer Liege ausgestattet war. Stattdessen gab es einen Diwan, der diese Funktion einnahm. In seiner Nähe stand der Tisch mit einem Sektkübel, aus dem der Hals einer Flasche ragte. Sie sah die Schale mit Obst und sie nahm auch mit einem schnellen Blick die nebensächlichen Dinge wahr, die dazu gehörten.
Caine war auf die Wünsche jeder Kundin eingestellt, das sagten Jane die Instrumente, die wohl geordnet an den Wänden hingen und auf denen manch Metallstift blitzte.
Nach draußen schauen konnte sie nicht. Schwere Vorhänge schirmten das Licht ab. Der gesamte Raum hatte etwas Nostalgisches. Man konnte sich fühlen wie in einem Boudoir aus vergangenen Zeiten. Die Luft war nicht mal schlecht, obwohl kein Fenster offen stand. Nichts wirkte geleckt, und Janes Augen huschten hin und her, weil sie natürlich versuchte, irgendwelche Spuren zu finden.
Sehr schnell hatte sie erkannt, dass dieser Mensch in den letzten Stunden nicht allein gewesen war. Zwei Gläser standen neben dem Eiskübel, und sie sah etwas auf dem Boden liegen, nicht mal weit von ihr entfernt.
Es war ein dünnes Etwas von Stoff, das Jane nicht auf den ersten Blick erkannte. Sie ging hing, bückte sich und hob es auf.
Ein Kleid. Es fiel vor ihr nach unten, und sie stellte fest, dass es sich aus zahlreichen Maschen zusammensetzte. Wer es über den Körper streifte, der sah sicherlich sehr sexy aus, und Jane drehte den Kopf dem Mann entgegen, ohne das Kleid aus den Händen zu lassen.
»Nicht schlecht, sehr ungewöhnlich.«
»Stimmt.«
»Hat es jemand vergessen?«
»Nein«, erklärte der Mann lachend und schüttelte dabei den Kopf.
»Eine Freundin hat es mir als Geschenk überlassen.«
»Toll…«
»Sie könnten es mal anziehen, Jane. Ich denke, es wird auch Ihnen perfekt stehen. Es passt sich gut an. Und diese Fäden auf der nackten Haut zu spüren, das ist schon etwas. Man hat mir gesagt, dass es prickeln soll.«
»Danke, aber darauf kann ich verzichten.«
»Es war nur ein Vorschlag.«
Jane ließ das Kleid fallen. Es war nicht weggeräumt worden. Ebenso wie die beiden Gläser und der Kübel mit der Champagnerflasche.
Es war recht leicht, sich darauf einen Reim zu machen. Der letzte Besuch lag bestimmt nicht lange zurück.
»Sie haben heute schon gearbeitet, nicht wahr?« fragte Jane leicht spöttisch.
»Gut erfasst.«
»Das war nicht schwer.«
»Aber ich denke noch nicht an den Feierabend«, sagte der Mann, bevor er sich auf Jane zu bewegte. »Manchmal arbeitet man gern etwas länger, wenn die Arbeit Spaß macht.«
»Ach ja?«
»Heute macht sie mir besonderen Spaß. Sie sind ungewöhnlich, Jane. Anders als meine sonstigen Freundinnen, das muss ich schon sagen. Und gerade das Außergewöhnliche reizt mich sehr.«
Er war während dieser Worte immer weiter gegangen, aber er blieb nicht vor Jane stehen, sondern trat hinter sie. Jane spürte seinen Atem über die Haut an ihrem Nacken streifen, was bei ihr einen Schauer hinterließ. Sie fragte sich, ob sie einen Fehler begangen hatte, aber sie wollte sich jetzt auch nicht umdrehen und bewegte sich deshalb nicht.
Attila Caine legte beide Hände auf ihre Schultern. Dann fing er an, sie zu massieren.
»Oh, du
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