147 - Panik in Porto
Canadair-Löschflugzeug mit dröhnenden Motoren.
„Bagatelle", sagte Oliver schließlich. „Wenn's noch Platz im Hafen gibt, drohen keine verwirrenden Manöver."
Am meisten hatte von ihnen der Skipper Thomas jene Erfahrung, die ein Höchstmaß an Sicherheit für Schiff und Mannschaft bedeutete. Nichts wurde auf der ARCA unüberlegt getan. Stets achteten sie darauf, daß jeder einzelne Handgriff, der für das Schiff wichtig war, überlegt getan wurde. Auch jetzt, als Thomas sich über Seefunk-Telephon im Hafen anmeldete, beschäftigten sich die Männer schon mit den Einzelheiten des Anlegemanövers. Außer Thomas kannte keiner von ihnen diesen Hafen; hier hatten sie noch keine Nacht verbracht. Das Gefühl der Ruhe und Sicherheit, das ihnen diese Art des Verhaltens vermittelte, war für sie wichtig.
Sie suchten sich den Liegeplatz, fuhren ein ruhiges Anlegemanöver, und als das Boot festlag, schaltete Thomas auf externe Strom- und Wasserversorgung um. Mit Süßwasser wurde das Schiff gewaschen, Oliver schrieb einen Eintrag fürs Logbuch, und Thomas verschwand im Maschinenraum, nachdem die Motoren ausgeschaltet waren.
Ölstand, Dieselvorrat, Temperatur - alles wurde gemessen und eingetragen, ebenso die zurückgelegten Seemeilen und die Arbeitsstunden der Maschinen. Am Steg nahmen sie nacheinander eine Dusche und grüßten die Nachbarn. Thomas holte die Papiere und ging zum Hafenkapitän. Als er zurückkam, hatten Hans und Lutz einen Imbiß und Getränke vorbereitet.
„Ruhige, gute Fahrt gewesen", bemerkte Hans in seiner knappen Art. „Wieder neue Ecke von Korsika entdeckt."
Der Skipper nahm einen gewaltigen Schluck Bier und ordnete an: „Heute externes Abendessen. Es gibt ein halbes Dutzend gute Kneipen in Hafennähe."
„Einverstanden."
Oliver Brunner hatte sich schon daheim auf diesen Trip gut vorbereitet. Er gab ihnen einen kurzen geschichtlichen Abriß über diesen Teil der Insel. Seit der Steinzeit war sie besiedelt, und einst gab es eine riesige Landbrücke, die vom Norden bis zur Südspitze Sardiniens eine langgezogene Halbinsel bildete, bis hinauf nach dem französischen Kontinent. Oliver schloß: „Überall dort, wo ganze Landschaften unzugänglich blieben und wenig kultureller Austausch stattfand, so wie hier, nisteten sich Geheimnisse ein, blieb finsterster Aberglauben bis zum heutigen Tag erhalten. Verblüffenderweise funktioniert das reibungslos nebeneinander: Fernsehen, Autos, Radio und archaische Relikte."
„Beziehen sich deine Kenntnisse auch auf die Küstenlinie?" fragte Lutz.
„Darüber habe ich nichts gelesen", sagte der Journalist.
„Wer will zuerst runter? Rasieren und Körperpflege?" fragte der Skipper geschäftsmäßig.
„Ich bin der Älteste. Ich brauche am längsten", brummte Hans Stucker und holte sein Handtuch. Eineinhalb Stunden später trugen die Männer ihre gewohnte gleichartige Ausstattung. Partnerlook mal zwei, sagte Lutz dazu. Sie freuten sich schon auf ein ausgedehntes Abendessen und nette Nachbarn. Für die gute Stimmung sorgten sie selbst.
Die drei jungen Franzosen, die seit einer Woche in Korsika unterwegs waren, bevorzugten einen Urlaub ganz anderer Art. Sie wollten wandern und klettern, schwimmen und im Freien schlafen, wollten photographieren und nur in längeren Abständen in die „Zivilisation" zurückkehren. Yvonne und Francine Girard waren Schwestern, Serge Duvernay der Freund von Yvonne. An diesem Abend kämpften sie sich die letzten Meter eines Hügels aufwärts, dessen Bewuchs so aussah, als würden sie eine ruhige Nacht haben.
„Morgen oder übermorgen suchen wir ein Zimmer in Porto. Ich brauche mehr als alles andere eine heiße Dusche", keuchte Yvonne.
„Morgen! Ausnahmsweise sind wir einer Meinung."
Vor einigen Jahren hatte ein Buschfeuer einen Teil des Hanges vernichtet. Mittlerweile war vieles nachgewachsen. Die alten Bäume auf der Hügelkuppe kämpften mit ihren Wurzeln gegen die wuchtigen Steinbrocken. Als Serge endlich den höchsten Punkt erreicht hatte, setzte er seinen Rucksack ab, breitete die Arme aus und schrie: „Herrlich! Wunderbar! Genau was wir wollen!"
Francine und Yvonne keuchten schwitzend die letzten Schritte aufwärts und sahen, daß Serge recht hatte. Vor ihnen lag der Golf von Porto. Die Ortschaft breitete sich ganz rechts entlang der geschlängelten Hangstraße aus. Und links von ihnen stieg der oberste Grat der Calanche an. Gegen die Abendsonne hoben sich gezackte Felsen, runde Büsche und die Turmruine ab. Serge
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