1470 - Der Wechselbalg
sagte Suko lächelnd.
»Aber wie geht es weiter?« wollte Rooney wissen. »Was passiert jetzt?«
Er und auch wir bekamen die Antwort. Nur anders, als wir es uns vorgestellt hatten, und von einer ganz anderen Seite.
Wir hatten nicht mehr an das Unwetter gedacht, und der gewaltige Donnerschlag erinnerte uns daran. Er war so laut und peitschend, dass wir am Tisch zusammenschraken, und jeder von uns hatte das Gefühl, einen Schlag erhalten zu haben.
Seth schrie sogar leise auf. Er wollte hoch, aber Wayne Rooney drückte ihn zurück.
»Bitte, Junge, das war nichts. Nur Donner, nicht mehr. Du brauchst dich nicht zu fürchten.«
Seth blieb sitzen, doch seine Haltung war starr. In seinem Gesicht spiegelte sich das Gefühl der Angst. Er schien sich nicht nur vor dem Gewitter zu fürchten, sondern vor dem, was noch folgen würde. Der Donnerschlag konnte für ihn auch ein Zeichen dafür gewesen sein, dass noch mehr passierte und wir praktisch erst am Anfang standen. Im nächsten Moment hörten wir es prasseln. Da fiel der Sturzregen vom Himmel. Windböen schleuderten die schweren Tropfen gegen die Fensterscheiben, sodass wir nur ein Trommeln hörten, als wären unzählige Drummer wild geworden.
Es heulte der Sturm. Über die Fensterscheiben huschten Schatten, hinterlassen vom Geäst der Bäume, das durch die heftigen Windstöße geschüttelt wurde. Nicht so starke Zweige oder Äste brachen ab, flogen gegen die Hausmauer oder die Scheiben, wo sie selbst das Rauschen des Regens übertönten.
Seth hatte noch nicht wieder zu sich gefunden. Er saß in einer Haltung auf dem Stuhl, die besagte, dass er jeden Moment auf springen wollte, um zu verschwinden.
Das traute er sich nicht. Aber er zitterte, und seine Lippen zitterten mit.
Rooney streichelte über den Kopf des Jungen. »Du bist hier sicher, Kleiner. Du bist hier völlig sicher. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich kenne das Haus. Es hat schon zahlreiche Stürme ausgehalten, und es wird auch diesem widerstehen.«
»Das ist es nicht.«
Diese schlichte Antwort hörten auch Suko und ich. Sie sorgte dafür, dass wir die Ohren spitzten.
»Was ist es dann?« hakte Rooney nach.
»Ich – ich – spüre sie.«
»Wen?«
»Die anderen.«
»Und weiter?«
»Sie sind unterwegs. Sie sind auf dem Weg zu uns. Sie werden hierher in das Haus kommen.«
»Und was passiert dann?«
»Werden sie uns töten!«
»Wer?«
Seth schüttelte den Kopf. »Die anderen, die Gesichtslosen. Meine Verfolger. Sie haben es geschafft!« schrie er.
Rooney schaute uns an. Sein Blick bat um Hufe, doch wir konnten ihm nicht mehr sagen.
»Wir sollte nachschauen«, schlug Suko vor.
Ich nickte.
Wir standen beide auf, verfolgt von den Blicken unseres Kollegen, dem ich den Rat gab, auf den Jungen zu achten.
Suko und ich gingen zu einem der Fenster, um einen Blick nach draußen zu werfen. Wir rechneten damit, nichts zu sehen, denn wenn eine derartige Wetterhölle tobte, war die Chance gleich Null, etwas zu erkennen.
Trotzdem blickten wir hinaus, und beide mussten wir einsehen, dass wirklich nichts zu erkennen war. Der Regen rauschte zu dicht aus den tief hängenden Wolken nach unten. Was wir sahen, war ein brodelnder Hexenkessel, der dabei war, überzukochen.
Wir sahen die grellen Blitze hinter und zwischen den Wolken. Sie fuhren wie blanke Klingen in aufgewühlte Wolkenberge hinein, und wenn ihr Licht die langen Regenschnüre traf, dann schimmerten manche Tropfen so hell wie Perlen.
Der Donner glich den krachenden Schreien irgendwelcher Ungeheuer, die durch die Luft segelten und von einer dämonischen Antriebskraft beflügelt wurden.
Da wir nahe am Fenster standen, musste ich schreien, um mich mit Suko zu unterhalten.
»Ist das natürlich?« rief er mir zu.
»Die Unwetter wurden angesagt.«
»Stimmt. Aber ich habe immer mehr den Eindruck, dass es einem anderen Zweck dient. Da soll ein Finale eingeläutet werden, und hinter allem kann Metatron stehen.«
Ich widersprach meinem Freund. »So mächtig ist er auch nicht. Aber du hast Recht. Wir dürfen ihn nicht vergessen. Es kann sein, dass er sich das Unwetter zunutze macht und angreifen wird, um Seth zurückzuholen.«
»Okay, dann warten wir.«
Er trat vom Fenster weg, und ich machte es ihm nach. Wir gingen zurück zum Tisch, wo Seth und Wayne Rooney saßen. Der Junge hatte sich eng an den Kollegen gedrückt. Er zitterte am ganzen Leib, und Rooney nickte uns knapp zu.
»Er hat Angst«, sagte er. »Seth hat so etwas schon hinter sich. Das ist
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