1470 - Der Wechselbalg
Es gab keine helle Haut mehr. Was da noch über den Knochen lag, das hatte sich zusammengezogen. Und wir sahen es von der Stirn bis zu den Füßen.
Nur die Augen schauten weiß hervor, wobei ich die Pupillen vergeblich suchte.
Ich wollte sicher sein und fühlte nach seinem Herzschlag.
Da war nichts mehr.
Mit dieser Gewissheit richtete ich mich auf und hob dann den toten Körper an.
»Geben Sie ihn mir!« bat Wayne Rooney.
Ich tat es. Er war schließlich derjenige gewesen, dem sich der Junge anvertraut hatte.
Wir gingen zurück ins Haus.
Rooney ging zwischen Suko und mir. Über sein Gesicht rann das Regenwasser, aber es hätten auch ebenso Tränen sein können…
***
Im Haus hatten wir uns nur flüchtig die Haare getrocknet. Der tote Junge lag auf einer Bank. Es gab an ihm keine Flügel mehr. Die hatte das Feuer vernichtet.
Rooney hatte eine Flasche Whisky aus den Beständen der Eltern geholt und sie zwischen uns auf den Tisch gestellt. Durch die offene Tür blies der Wind. Er brachte keinen Regen mehr mit, denn das Unwetter war weiter gezogen.
Suko trank Wasser. Ich tat dem Kollegen einen Gefallen und nahm ebenfalls einen Doppelten.
»Trinken wir auf ihn«, sagte Wayne, »auf ein Phänomen, denke ich mal.«
»Genau, Wayne. Ein Phänomen, das Sie so schnell wie möglich vergessen sollten.«
»Das kann ich nicht.«
»Verstehe. Dann behalten Sie es bitte für sich. Wir werden ihn gleich in unseren Wagen legen und für die Beerdigung sorgen.«
»Danke.« Er schaute kurz in sein Glas. Dann lachte er auf. »Und wenn meine Mutter zurückkehrt, ist alles wieder in Ordnung. Eine heile Welt für sie.«
Wayne schüttelte den Kopf und sagte danach: »Cheers. Auf Engel und alle, die es noch werden wollen…«
ENDE
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