1473 - Sandrines Voodoo Lehre
Meer haben wir auch gesehen, wobei du so schnell wie möglich wieder verschwinden wolltest, weil alles in einem Strom von Touristen erstickte und dir all die reichen Angeber auf die Nerven gingen.«
»Stimmt.«
»Super. Dann beschwer dich nicht.«
»Tue ich doch gar nicht.« Harry Stahl öffnete blinzelnd die Augen.
»Nur die Hitze ist…«
»Schon zu ertragen, mein Lieber. Wir sitzen hier im Schatten, trinken einen herrlichen Rose, ein gutes Wasser dazu, und wenn wir die Augen öffnen, sehen wir in der Ferne das Meer, das nur von hier aus Sehnsucht in einem erweckt. Denn wenn du dort bist, möchtest du schnell wieder weg.«
Harry lachte und sagte: »Du hast es wieder mal erfasst.« Er gab seine schlaffe Haltung auf und setzte sich so hin, dass er über die Steinmauer schauen konnte. Hinter ihm fiel das Land zum Strand hin ab. Es war das Gebiet, das in aller Welt als Côte d’Azur bekannt war und als Laufsteg des Geld- und Medienadels galt.
Wenn einem die auf den Geist gingen, musste man ins Hinterland fahren, wie es Harry Stahl und Dagmar Hansen getan hatten. Von einer Bekannten hatte Dagmar den Tipp bekommen.
Ein kleines Hotel mit nur zehn Zimmern, umgeben von einem kleinen Wald, aber mit einem wunderschönen Innenhof und großen kühlen Zimmern.
Das Paar war an diesem Tag nicht im Hotel geblieben. Zum Wandern war es zu heiß, und so hatten sie sich in den Wagen gesetzt und waren über den schmalen Serpentinenweg auf die Höhe gefahren, wo ein Lokal stand, in dem man gut essen konnte. So versteckt, dass es wenigen Auswärtigen bekannt war, aber mit einer herrlichen Terrasse versehen, die einen fantastischen Bück über das Land bot, bis weit hinaus aufs Meer, wo die schneeweißen Yachten der Millionäre kreuzten.
Dagmar und Harry hatten zu Mittag gegessen. Der Grill stand im Freien, und der Koch – Sohn des Patrons – hatte seinen Schwertfisch angepriesen. Da hatten die beiden nicht widerstehen können. Dazu der kühle Rose, nur eine halbe Flasche, und das erfrischende Wasser. Besser konnte man es im Urlaub nicht haben.
So dachte auch Harry Stahl, und bei diesen Gedanken umspielte ein Lächeln seine Lippen.
Er spürte Dagmars Hand auf der seinen. Die Berührung tat ihm gut. Sie war für ihn der Beweis, dass er wieder eine Partnerin an seiner Seite hatte, auf die er sich verlassen konnte.
Man konnte sagen, dass beide für die Regierung arbeiteten. Sie kümmerten sich um Fälle, die außerhalb des Normalen lagen, und beschäftigten sich mit dem, was auch ein gewisser John Sinclair in England tat.
Zwar nicht so intensiv wie er, aber es kam schon vor, dass gewisse Dinge aufzuklären waren, wo andere Kollegen die Schultern hoben und kapitulierten.
»So könnte es eigentlich immer bleiben«, murmelte Harry.
Dagmars Antwort bestand aus einem Lachen. »Das sagst du nur so. Irgendwann würde es dir bestimmt langweilig werden.«
»Dann habe ich ja dich.«
»Oh, danke.«
Harry richtete sich auf. Er schaute in das Gesicht seiner Partnerin, in dem sich die Sommersprossen in dieser Jahreszeit vermehrt zeigten.
Dagmar war eben ein etwas blasser Typ, bei Menschen mit roten Haaren so üblich, und ihre Haare wuchsen als wahre Pracht, die sich kaum bändigen ließ. An diesem Tag hatte sie es mit einem Tuch versucht und den größten Teil darunter versteckt. Auch das Gesicht wirkte durch die dunklen Gläser der Sonnenbrille verändert. An den Ohrläppchen hingen orangefarbene Perlen, und die Farbe wiederholte sich auch in Dagmars luftiger Leinenbluse. Ihre Beine steckten in einer knielangen Hose. An den Füßen trug sie weiße Flachsandalen.
Harry fing an zu gähnen.
»Oh, der Held ist müde.«
»Kein Wunder. Das ist der Urlaubsstress.«
»Auch das noch.«
»Und der Wein.«
Dagmar nickte. »Der wohl noch mehr.«
»Und was machen wir mit dem angebrochenen Tag?«
»Schlag was vor.«
Harry hob die Schultern. »Ich könnte mir vorstellen, ins Hotel zu fahren, den Pool im Keller zu benutzen, dort einige Runden zu schwimmen und anschließend…«
»Du willst schlafen?«
»Nein, nur aufs Ohr legen. Die Kühle genießen, um sich dann allmählich auf das Abendessen vorzubereiten. Wir sollten nicht vergessen, dass wir Urlaub haben.«
»Das kann man gar nicht in dieser Umgebung«, erklärte Dagmar lächelnd und musste immer wieder auf das Meer schauen, das ihr wie ein unendlicher Spiegel vorkam, mit einer Fläche, die sich leicht bewegte und ein Wellenmuster schuf.
Die sommerliche Hitze hatte den Duft der
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