1474 - Das Supremkommando
Niemand wußte, wie die Herren der Straßen sich durchs All bewegten. Aber wenigstens in diesem einen Fall schien der Zusammenhang klar: Simedon Myrrhos Raumschiff war anderthalb Lichtstunden vor Nirva materialisiert. Die Anzeige, die Daarshol auf seiner Kommandokonsole gesehen hatte, war eindeutig, und wenn er nachforschte, würde sie vermutlich auf ein Empfangsgerät verweisen, von dessen Existenz er gar nichts wußte, weil es sich in dem verbotenen Gebäudetrakt befand, den er gerade von seinen Spezialrobotern hatte vermessen lassen wollen.
Nachträglich nannte er sich in Gedanken einen Narren, daß er die Sache nicht schon viel früher in Angriff genommen hatte. Er hätte dann gewußt, wie es im geheimen Teil des Gebäudes aussah und ob es dort wirklich einen Transmitter gab.
Aber die Gedanken, mit denen er sich selbst tadelte, verblaßten bald vor der hypnotischsuggestiven Kraft, die von dem Fremden ausging. Natürlich war er Simedon Myrrho, einer der allmächtigen Herren der Straßen. Wer hätte daran zweifelrt wollen? Keinem anderen wäre es möglich gewesen, derart unbemerkt nach Nirva zu gelangen. Daarshol spürte, wie ihn eine Welle des Zutrauens überflutete. Sein Blick war starr auf die Augen des Humanoiden gerichtet, der ihn gelassen musterte. „Du hast mich überzeugt, weiser Herr", sagte er. „Du bist Simedon Myrrho, und ich bin dein Diener."
Myrrhos Lächeln wurde freundlich. „Es ist mir lieb, daß du das einsiehst", antwortete er. „Natürlich gibt es Möglichkeiten, dir zu beweisen, daß ich wirklich der bin, der ich zu sein behaupte. Aber üblicherweise wissen die Cantaro es sofort, wenn sie einem Herrn der Straße gegenüberstehen."
„Verzeih, weiser Herr", bat Daarshol.„Es war meine Aufgabe als Standortkommandant..."
„Ich weiß gut genug, welches deine Aufgaben smd." Simedon Myrrhos Freundlichkeit sprach nicht nur aus seinem Lächeln, sondern auch aus seiner Stimme. „Ich flnde an deinem Verhalten nichts zu tadeln.
Ich hatte nicht vor, Nirya so bald aufzusuchen. Aber es trat eine Entwicklung ein, die mich besorgt machte. Du hast von einem Gefangenen die Information erhalten, die unsere Streitkräfte zum Angriff auf die Welt Paolamon veranlaßten?"
Daarshol bekam es mit der Angst zu tun. Er fing an zu zittern, und seine Stimme schwankte, als er antwortete: „Du weißt es, weiser Herr. Der Gefangene ist ein Terraner, und sein Name lautete Pedrass Foch."
Die eigene Unsicherheit machte ihm zu schaffen. Er funktionierte im Augenblick fast ausschließlich mit dem organischen Teil seines Bewußtseins. Er versuchte, Teile der Gedankentätigkeit und der Gestaltung seines Verhaltens auf den syntronischen Sektor zu verlegen, aber das gelang ihm nicht. Es war wirklich so, als ginge von Simedon Myrrho eine Kraft aus, die ihn daran hinderte, die syntronische Bewußtseinskomponente zu aktivieren. „Lebt er noch?" fragte Myrrho.
Daarshol glaubte zu spüren, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Unter normalen Umständen war er durchaus in der Lage, unerwünschte Körperreaktionen zu unterdrücken. Schließlich war er ein Droide, der seinen Körper dazu zwingen konnte, sich so zu verhalten, wie der Verstand es wünschte. Aber in diesem Fall versagten die droidischen Fähigkeiten. „Ich bin nicht sicher, weiser Herr", antwortete Daarshol wahrheitsgemäß. „Der Vorstoß gegen Paolamon war ein Fehlschlag. Wir haben Verluste erlitten. Ich bin überzeugt, daß der Gefangene uns absichtlich Falschinformationen geliefert hat, und habe deswegen angeordnet, daß er beiseite geschafft wird."
Simedon Myrrho lächelte noch immer. „Aber du bist nicht sicher, daß deine Anordnung inzwischen ausgeführt wurde?"
„Ziemlich sicher, weiser Herr." Derv Schweiß rann Daarshol über die dünnen Brauen ins Auge. „Ich habe..."
„Es wird doch eine Möglichkeit geben, daß du dich vergewissern kannst!"
In Simedon Myrrhos Stimme lag jetzt eine gewisse Schärfe. „Selbstverständlich', weiser Herr!" stieß Daarshol hervor.
Er wandte sich um und eilte auf die Konsole zu, von der aus er das Gespräch mit Tachpoq geführt hatte.
Er rief den Kode auf, unter dem er sich üblicherweise mit dem Medo-Roboter, Dokh verbinden ließ.
Es kam keine Antwort. Dokh meldete sich nicht. In seiner Angst sah Daarshol keine andere Möglichkeit, als sich mit Pripoch in Verbindung zu setzen, aus dessen Arsenal der Roboter stammte.
Auf diese Weise kam Pripoch doch noch dazu, die Meldung abzugeben, die er früher schon
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