1476 - Höllenbilder
es sich um Künstler der Moderne handelt. Um Leute, die noch leben und erst am Beginn ihrer Karriere stehen. Der Mann muss einen Riecher für solche Dinge haben.«
»Wie heißt er denn?«
»Wilson.«
»Kenne ich nicht.«
»Wie auch?«
»Eben. An meinem Gehalt ist eine Bank wie seine bestimmt nicht interessiert.«
»Volltreffer.«
»Aber du hast…«
»Habe ich auch nicht. Ich lernte Wilson auf einer Fete kennen. Ist schon ein paar Monate her. Er kannte meinen Namen und hat schon einige Artikel und Berichte von mir gelesen. Deshalb weiß er auch, wofür ich mich interessiere, und da er ein gewisses Problem hat, hat er sich wieder an mich erinnert, das ist alles.«
»Und das Problem ist das Bild?«
»Genau.«
»Wie sieht es aus?«
»Frag mich was Leichteres, John. Ich habe es noch nicht gesehen, und es ist mir auch nicht genau beschrieben worden. Es muss sich aber um ein Horrorgemälde handeln. Das steht für mich fest. Jedenfalls hat er das gesagt!«
»Steht er auf diese Motive?«
»Anscheinend schon. Egal, wir werden erleben, was da los ist. Er lebt übrigens allein zu Haus. Das heißt, er hat keine Familie. Allein im Haus ist er aber trotzdem nicht. Er hat Bedienstete, und er lässt sein Grundstück Tag und Nacht von einem Security Service überwachen.«
»Wer es sich leisten kann.«
»Eben.«
Ich hatte ein wenig mehr erfahren, aber die Lust, diesen Wilson zu treffen, hielt sich trotzdem in Grenzen. Das war einfach nicht meine Welt, obwohl ich bei meinem Job mehr Angst um mein Leben haben musste als er bei seinem. Bisher war alles gut gelaufen, und ich hoffte, dass es in der Zukunft auch so bleiben würde.
Die Ferien waren vorbei. Londons Verkehr hatte zugenommen, und dazu zählten auch die Abendstunden. Es war noch hell, und der Himmel war mit einer grauen Wolkenschicht bedeckt.
»Nach dem Besuch hätte ich noch Lust auf einen Drink«, schlug ich vor.
»Nichts dagegen.«
»Und der Wagen?«
»Den hole ich morgen früh ab.«
Da Bill meinem Vorschlag zugestimmt hatte, machte der Abend doch noch etwas Sinn, denn der anderen Sache traute ich irgendwie nicht über den Weg.
Am Cavendish Square gerieten wir in einen kleinen Stau, der sich zum Glück bald auflöste. Von hier aus war es nur noch ein Katzensprung. Wir rollten in eine Straße hinein, die fast schon einer Allee glich, denn so dicht standen die Bäume auf den beiden Gehsteigen rechts und links. Häuser gab es natürlich auch, aber die versteckten sich hinter Mauern und Hecken auf großen Grundstücken.
Da die Straße nicht besonders lang war, hielt sich auch die Anzahl der Häuser in Grenzen.
Bill wusste, wo der Bankier wohnte. Er stoppte nicht vor dem Haus, sondern drehte das Lenkrad mit lässigen Bewegungen nach links und stoppte dicht vor einem im Licht zweier Lampen liegenden Tor, das eine Steinmauer unterbrach.
Das Tor bestand aus Gittern, und natürlich fehlten auch die Kameras nicht, die alles überwachten. Damit hatte man als Bewohner der Stadt Erfahrung. Es gab kaum einen Ort, der nicht von einem optischen Auge unter Kontrolle gehalten wurde.
Man entdeckte uns. Hinter dem Tor erschien ein Sicherheitsmann.
Natürlich trug er schwarz, und vor seinem Mund befand sich ein Kopfmikro.
Bill stieg aus. Er wollte mit dem Knaben persönlich reden. Beide sprachen durch die Lücken zwischen den Stäben. Sie wechselten nur wenige Worte.
Gleich darauf saß Bill wieder hinter dem Steuer und schlug die Tür zu.
»Alles klar, wir werden erwartet und können direkt durchfahren.«
»Was heißt das?«
»Bis zum Museum.«
»Dann wartet Wilson dort auf uns?«
»So ist es.«
»Er kann sich wohl nicht von seinen Bildern trennen?«
Bill hob nur die Schultern. Er lenkte den Porsche an dem Sicherheitsmann vorbei, der uns kurz zuwinkte. Ein paar Meter weiter sahen wir seinen Kollegen. Auch er schaute uns nach.
Da konnte man alt werden, wie man wollte, man lernte immer wieder neue Dinge kennen. So erging es mir. Ich wunderte mich darüber, wie groß das Grundstück war, und das in einem Gebiet, das sehr stark bebaut war. Wer so lebte, der musste wirklich Kohle ohne Ende haben.
Auch war ich gespannt darauf, welche Kunst der Bankier sammelte. Moderne Maler sind Geschmackssache. Ich konnte mich mit manchen Arbeiten nicht anfreunden. Da gab es oft Werke, die auch von einem Schulkind hätten stammen können, und dennoch gab es Menschen, die dafür nicht wenig Geld hinlegten.
Egal, ich würde mir so etwas nicht an die Wand hängen. Auch die
Weitere Kostenlose Bücher