1476 - Höllenbilder
hatte mir keine Beschreibung gegeben. Wir wussten nur, dass es sich um ein Monster handelte oder einfach handeln musste, das war alles.
»Wilson war nicht allein, John. Da hat es noch die beiden Sicherheitsleute gegeben.«
»Und?«
»Die müssten was gesehen haben.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das werden sie nicht, sonst hätten sie etwas gesagt.«
»Klar. Glaubst du denn, dass sich der Killer noch in der Nähe aufhält?«
»Keine Ahnung, Bill, aber wir werden ihn finden, das verspreche ich dir. So etwas muss aufgeklärt werden und ich…«
Wir hörten den Schrei!
So grässlich, so laut, und wir hörten zugleich die Schüsse, die aufklangen.
Nicht im Museum spielte die Musik, sondern draußen. Und genau da rannten wir hin…
***
Schmerzen!
Sie waren vorhanden, aber sie ließen sich nicht lokalisieren, denn sie malträtierten den ganzen Körper. Und sie sorgten dafür, dass Jessica Black zurück ins Leben kehrte und aufgrund der Schmerzen feststellte, dass sie noch lebte.
Ein freudiges Gefühl stieg in ihr auf.
Es dauerte nicht lange an, denn als sie sich zum ersten Mal bewegte, erlebte sie die Folgen ihres Sturzes. Sie schaffte es zwar, sich aufzurichten, das war aber auch alles, denn in ihrer halb sitzenden Haltung konnte sie nicht lange verweilen. Es war besser, wenn sie wieder zurücksank und sich erholte.
Den Hang hatte sie hinter sich gebracht, und das, ohne sich etwas gebrochen zu haben, glaubte sie. Wie viele blaue Flecken sie hatte, darüber wollte sie gar nicht erst nachdenken. Zahlreiche Büsche und Sträucher, die auf dem Hang wuchsen, hatten ihren Fall immer wieder gebremst. Zudem hatte ihr das Glück zur Seite gestanden, denn an den harten, aus dem Boden wachsenden Steinen und kleineren Felsbrocken war sie vorbei gerutscht.
Entspannen, sich hinlegen, abwarten – so lautete ihre Devise. Genau das tat sie auch. Sie blieb auf dem mit Kies bedeckten Boden liegen, konzentrierte sich und vernahm in ihren Ohren das Rauschen.
Ein leises Geräusch, von dem sie nicht wusste, woher es kam, bis ihr der kleine Fluss einfiel, der ihr Fluchtziel gewesen war.
Es war eigentlich mehr ein breiter Bach. Und nur von ihm konnte das Geräusch stammen.
Jessica Black drehte sich um, auch wenn ihr dies nicht leicht fiel.
Sie wollte sich davon überzeugen, dass sie sich nicht geirrt hatte, und tatsächlich sah sie den schmalen Fluss.
Nicht weit von ihr entfernt schnellte das Wasser dahin. Sie sah das Ufer mit den glatt gewaschenen Steinen. Bis dorthin war sie nicht gerollt. Das Kiesufer hatte sie gestoppt.
Sie blieb liegen. Allmählich wurde ihr bewusst, dass sie es tatsächlich geschafft hatte. Sie war diesem absonderlichen Maler, der für sie kein normaler Mensch mehr war, entkommen. Sie stufte ihn als geistes- oder dämonenkrank ein. Ihn konnte man nicht mit normalen Maßstäben messen.
Und seine Bilder!
Sie wollte nicht mehr daran denken. An diese schrecklichen Motive und an etwas, das einfach nicht wahr sein konnte. An das lebende Motiv eines Bildes. Das Skelett war aus dem Rahmen und von der Leinwand weg gesprungen, und sie war sicher, dass es das getan hatte, um sie zu verfolgen und als Opfer zu holen. Da konnte sie sich nur gegen den Kopf schlagen, alles andere war nicht normal.
Sie lachte. Und sie war froh, dass sie es noch konnte. Nur befreite sie dieses Lachen nicht, denn es gab für Jessica keinen Grund zur Freude. Sie kam sich vor wie auf einer einsamen Insel in der Südsee, obwohl sie sich nicht weit von London entfernt befand, sogar an einem idyllischen Ort, an dem Wanderer sich ausruhen und neue Kraft schöpfen konnten.
Liegen bleiben wollte sie hier nicht. Zu Hilfe würde ihr kaum jemand kommen. Da musste sie sich schon zusammenraffen und es mit eigener Kraft versuchen.
Das war mühsam, aber sie biss die Zähne zusammen und richtete sich weiter auf. Egal, ob an der Hüfte, in den Schultern oder an den Beinen, überall war das Ziehen und Stechen vorhanden. Irgendwie hatte sie es auch geschafft, das Tuch festzuhalten. Es bedeckte nur halb ihren nackten Körper, und so sah sie an den freien Stellen überall die Hautabschürfungen. Als hätten scharfe Krallen sie zerkratzt.
Auch im Gesicht hatte sie etwas abbekommen. Das linke Ohr tat ihr weh und an der Schläfe sah sie ebenfalls kleine Wunden. Wie sie es auch drehte und wendete, es ging ihr relativ schlecht, auch wenn sie froh war, noch am Leben zu sein.
Und sie merkte, dass es am Wasser kühler war. Eine Gänsehaut malte sich auf
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