148 - Die Satan GmbH
war im Hotel nichts zu bekommen.
„Das habe ich mir gedacht. Hier, ich habe Ihnen etwas mitgebracht. Müsli, selbst geschrotet. Schmeckt hervorragend und gibt Kraft."
Er hielt Coco einen verschlossenen Plastiknapf hin. Coco öffnete den Deckel und starrte auf das wenig einladende Gemisch darin. Die Portion war groß genug, um damit eine halbe Schulklasse durchzufüttern.
„Sieht gut aus, nicht?"
Coco nickte zaghaft. Das Müsli schmeckte gar nicht einmal übel. Während dessen fegte Grabosc durch Köln, mit einer Geschwindigkeit, die in krassem Gegensatz zu seinem Beruf stand. Nach kurzer Zeit war die Autobahn erreicht; sie war nahezu leer. Im Osten begann die Sonne aufzugehen. „Ich hoffe, Sie haben Ihre Papiere nicht vergessen", meinte Grabosc.
„Ich habe an alles gedacht", erwiderte Coco kauend.
Sie hatte nicht nur ihren Personalausweis eingepackt, sondern aus ihrem Koffer auch allerhand Nützliches hervorgekramt, das nun in ihrer Handtasche lag. Magische Werkzeuge, Dämonenbanner und ein Revolver mit Spezialmunition - man konnte nie wissen, mit wem man es bei einem solchen Einsatz zu tun bekam.
„Und Sie? Haben Sie eine Waffe dabei?"
Grabosc schüttelte den Kopf.
„Privat habe ich keine Waffe, ich komme auch ohne aus. Ich bin kein großer Freund von Schußwaffen, weder bei mir noch bei anderen."
Unter normalen Umständen mochte er auch ohne Waffe auskommen, aber ob das auch in dieser Lage galt?
Mit hoher Fahrt jagte Grabosc über die Autobahn. Er fuhr sehr konzentriert, ab und zu begann er zu singen, meist französische Volksweisen. Das Abenteuer schien ihm sichtlich Spaß zu machen.
Nach etwas mehr als einer Stunde war das Grenzgebiet erreicht. Der Übergang war als solcher kaum zu erkennen - man verließ die Hauptstraße, bog nach links ab, fuhr an einem offenen Schlagbaum vorbei, und damit war der Grenzübertritt erledigt. Das einzig Auffällige war ein Supermarkt, der praktisch genau auf der Grenze stand und preiswerte, weil zollfreie, Zigaretten und Getränke anbot. Grabosc schüttelte den Kopf.
„Das Gebiet hier war früher mal deutsch, dann wieder belgisch, ein ewiger Zankapfel. Und jetzt - von Grenze nichts zu spüren. Unsere Vorfahren müssen irre gewesen sein, sich wegen dummer Grenzen totzuschießen."
Über kurvenreiche Landstraßen ging es weiter. Coco trank etwas Kaffee aus der Thermoskanne, die Grabosc mitgebracht hatte. Außerdem studierte sie die Hinweisschilder am Straßenrand.
„Nach links", wies sie Grabosc an.
Das Land wirkte karg und leblos; vielleicht lag es an dem Morgennebel. Coco fühlte Sehnsucht nach der südlichen Sonne.
Das andere Gefühl, das sie deutlich ausmachen konnte, war Unbehagen. Ihre magischen Fähigkeiten waren wieder einmal zurückgegangen; sie wußte, daß sich das wieder ändern würde, aber unangenehm war es doch. Wer gegen Dämonen und deren Geschöpfe antrat, durfte sich keinen Fehler leisten - die Schwarze Familie hatte es in sich, und sie machte von ihrer Macht und ihren Möglichkeiten skrupellosen Gebrauch - insbesondere dann, wie Coco hatte erfahren müssen, wenn sie es mit einer Abtrünnigen der Familie zu tun hatten. Coco wußte - so lange sie oder irgendeiner aus der Schwarzen Familie noch lebte, war sie vor der Rache der Dämonen nicht sicher.
„Heernschijd", las Coco auf einem Straßenschild. „Noch sieben Kilometer."
Hoffentlich kam sie mit Grabosc früh genug an der Wolfenburg an. Coco war in der Nacht zweimal von einem Traum aus dem Schlaf gerissen worden - immer wieder hatte sie sich mit dem Mädchen beschäftigt, das sie in der Gewalt des Dämonenpriesters zurückgelassen hatten. Es war ein unglaubliches Vabanquespiel, auf das sie sich eingelassen hatten - und das Hauptrisiko lag eindeutig bei Jutta.
Eine Viertelstunde später war Heernschijd erreicht, eine Siedlung, die aus knapp fünfzig Häusern bestand, in der Hauptsache landwirtschaftliche Betriebe. Die Gegend war Bauernland, und gewiß nicht das fruchtbarste - allerdings wirkten die Gebäude auch nicht ärmlich. Zum Leben schien es zu reichen, für mehr nicht.
„Und wo ist jetzt die Wolfenburg?"
„Fahren Sie einfach weiter", schlug Coco vor. „Wenn wir einen Einheimischen fragen, wird sich das im Handumdrehen herumsprechen. Wir dürfen Oliveyron nicht aufschrecken.“
Hinter der nächsten Kurve lag die Antwort auf die Frage.
Die Wolfenburg war bis zu diesem Zeitpunkt verdeckt gewesen, jetzt war sie zu sehen - ein klobiges Gemäuer, zum Teil in den Berg
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