1482 - Der Alleingang des Außenseiters
Lalla. „Die siebenhundert Jahre im Stasis-Feld zählen nicht!"
„Zugestanden", sagte die 2. Pilotin. „Aber selbst mit zweitausendeinhundert Jahren sollte man weise genug sein, um zu erkennen, daß Ungeduld den Lauf der Dinge nicht beschleunigt. Solange wir keine Daten haben, können wir nicht starten."
Lalla war im Grunde genommen eine attraktive Frau. Es gab an Bord der CIMARRON spitze Zungen, die behaupteten, sie gäbe sich nur deswegen so verwahrlost, weil sie die Aufdringlichkeiten der Männerwelt abwehren wollte. Mochte dem so sein oder nicht, auf jeden Fall war Lalla auch eine überaus intelligente Frau, und immer dann, wenn bei Reginald Bulls seelischer Wasserwaage die Luftblase ein wenig über den Strich hinausgeraten war, fühlte er sich ihr unterlegen. Also versuchte er, das Thema zu wechseln. „Wann hat Sato Ambush seinen letzten Fortschrittsbericht vorgelegt?" wollte er wissen. „Vor drei Stunden", antwortete Lalla. „Du hast ihn selbst entgegengenommen."
„Seitdem nichts Neues?"
„Nein. Was erwartest du von dem Mann? Soll er dir alle fünf Minuten erklären, daß der.
Computer noch nichts gefunden hat?"
Reginald Bull winkte ab. Es hatte keinen Sinn, sich mit Lalla in eine Diskussion einzulassen.
Es war leer im großen Kontrollraum der CIMARRON. Das Schiff lag auf seinem Landeplatz in einer Schlucht des Zentralmassivs, unter dessen Bergen auch der Stützpunkt der Organisation WIDDER versteckt lag. Die Mannschaft war vollzählig an Bord, weil Reginald Bull darauf bestand, daß die CIMARRON jederzeit startbereit zu sein habe. Es gab aber solche, die die Dinge anders sahen und nicht verstanden, warum „der Alte" nicht wenigstens einem Teil der Besatzung Landurlaub gewährte. Es gab auf Heleios zwar nicht viel zu tun, aber ein wenig Zeitvertreib ließ sich in den Anlagen und Einrichtungen des Widder-Stützpunkts doch finden. Die Unzufriedenheit an Bord war groß. Reginald Bull hatte sich daraufhin veranlaßt gefühlt, wenigstens den Bordbetrieb ein wenig zu lockern. Nur die wichtigsten Arbeitsplätze waren besetzt. Aber wenn Sato Ambushs Meldung kam, würde es nicht erst notwendig sein, die Mannschaft aus den Kneipen und sonstigen Etablissements des Stützpunkts zusammenzutrommeln.
Bulls Ungeduld war von hartnäckigem Optimismus durchsetzt. Er war ganz sicher, daß es dem Pararealisten letzten Endes gelingen würde, die Koordinaten weiterer Raumforts aus dem auf Choktash erbeuteten Datenwust zu entschlüsseln. Zwar hatte Shambakh, wie Bull erfuhr, behauptet, daß die cantarischen Schaltstationen ihre Positionen untereinander nicht kannten.
Aber Shambakh hatte sich als Verräter entpuppt, der den Herren der Straßen nach wie vor treu ergeben war. Seine Behauptung diente wohl in erster Linie dem Zweck der Abschreckung. Er wollte verhindern, daß die Choktash-Daten nach Raumfort-Koordinaten durchsucht würden.
Freilich hatte er sich da in der Mentalität der Widder verrechnet. Homer G. Adams' Experten ließen sich durch eine Bemerkung dieser Art nicht beirren.
Reginald Bull sah auf, als ein Melder einen kurzen Signalton von sich gab. „Ein Fahrzeug nähert sich", sagte der Servo, der eine der Schnittstellen zwischen den im Kontrollraum Beschäftigten und dem aus acht Syntrons bestehenden Bordcomputer-Verbund bildete.
Eine Bildfläche entstand. Ein Gleiter war zu sehen, der mit mäßigem Tempo an der südlichen, dicht bewaldeten Wand der Schlucht herabschwebte. „Das Fahrzeug gibt ein gültiges Berechtigungssignal ab", fuhr der Servo fort. „Hangar Charlie-Zwo wird geöffnet."
„Kann der Kerl sich nicht anmelden?" grollte Bull. „Gib mir ein Bild von Charlie-Zwo."
Die Darstellung wechselte. Eine Hangarhalle wurde sichtbar. Dort standen bereitsacht Fahrzeuge desselben Typs, mit dem auch der unangemeldete Besucher sich bewegte. Die Hangarschleuse stand offen. Der Gleiter schwebte herein. Das Backbordluk öffnete sich. Ein Mensch sprang heraus. „Ein Zwerg!" staunte Lalande Mishkom.
In der Tat war der schwarzhaarige Mann höchstens einsfünfundsechzig groß. Heutzutage lag die Durchschnittsgröße männlicher Terraner bei 188 cm. Aber Reginald Bull stammte noch aus einer Zeit, in der ein Mann wie der Besucher nicht aufgefallen wäre. Zudem maß Bull selbst nur einen Meter vierundsiebzig. Lallas abfällige Bemerkung ärgerte ihn daher. „Sei still", brummte er. „Nicht jeder kann ein solches Riesenbaby sein wie du. Irgendwoher kenne ich den Mann. Wer..."
„Loydel Shvartz", fiel ihm
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