1482 - Der Alleingang des Außenseiters
konterte die Stellvertretende Kommandantin. „Ich sage dir, er will sich lediglich vergewissern, daß ihr alles richtig verstanden habt."
Bull warf einen Blick auf die Kalenderuhr. Sie zeigte den 23. September 1146. „Diesmal täuschst du dich", erklärte er triumphierend. „Homer hat etwas anderes im Sinn."
„So?" machte Lalla gelangweilt. „Na, meinetwegen."
„Was heißt hier >na, meinetwegen" Reginald Bull sah sich um seinen intellektuellen Sieg betrogen. „Willst du nicht wissen, was er vorhat?"
„Nein", sagte Lalla.
Reginald Bull kämpfte eine Zeitlang mit sich selbst, ob er der 2. Pilotin dadurch, daß er ihr das voraussichtliche Thema der von Homer G. Adams einberufenen Besprechung verriet, seine geistige Überlegenheit beweisen oder lieber seinen Stolz wahren solle. Letzterer Gedanke behielt die Oberhand. „Also dann nicht", sagte Bull und erhob sich aus seinem Sessel Der Antigrav brachte ihn in denselben Hangar, in dem Loydel Shvartz gelandet und aus dem er dann auch wieder fortgefahren war. Bull wählte aufs Geratewohl eines der hier abgestellten Fahrzeuge und machte sich auf den Weg. Es gab Transmitterverbindungen zwischen der CIMARRON und der unterirdischen Anlage. Sie waren Notfällen vorbehalten. Man benutzte sie nur, wenn man es aus zwingendem Grund eilig hatte. Eile war in diesem Fall nicht geboten. Bis zum Beginn der Besprechung, die Adams zusammengerufen hatte, war noch eine knappe Stunde Zeit.
Reginald Bull hatte inzwischen einen Entschluß gefaßt. Wie es seine Art war, wollte er den, auf den sich dieser Entschluß bezog, sofort in Kenntnis setzen. Das hätte er mit Mitteln der syntronischen Kommunikation tun können. Aber in diesem Fall zog er das direkte Gespräch vor.
Nachdem er sein Fahrzeug geparkt hatte, glitt er in die fünfte Etage der unterirdischen Anlage hinab. Hier gab es Mannschaftsquartiere. An den Gangkreuzungen schwebten immaterielle Leuchtanzeigen in der Luft, die Auskunft darüber gaben, wessen Unterkunft wo lag. Reginald Bull hatte keine Mühe, das Appartement zu finden, in dem Loydel Shvartz sich einquartiert hatte. Er postierte sich vor der Tür, was zur Folge hatte, daß drinnen der Melder aktiv wurde.
Ein paar Sekunden vergingen; dann glitt die Tür beiseite, und eine junge Frau, Alter etwa 45 Jahre, wurde sichtbar. Sie war hübsch: blond, mit großen blauen Augen und einer zierlichen Nase. Allerdings gewann Bull den Eindruck, daß die Natur hier mit ungleichen Händen verteilt habe: Was sie an äußerer Erscheinung zu geben willens gewesen war, hatte sie an geistigen Qualitäten eingespart. Seine Vermutung bestätigte sich sofort, als die Frau mit einem Eifer, daß die Worte sich förmlich überschlugen, zu sprechen begann. „„Hallo! Ich bin Vyn Ashdenam. Als der Melder piepste, wollte ich dich zuerst über Servo ansprechen. Aber dann wurde dein Bild projiziert, und ich dachte mir, einen so hohen Herrn läßt man nicht vor der Tür stehen. Willst du hereinkommen? Einen Drink vielleicht?"
„Nein, danke", wehrte Reginald Bull ab. „Ich suche Loydel Shvartz. Bin ich vielleicht vor der falschen Tür gelandet?"
„Aber nein doch", kicherte die junge Frau. „Loydel wohnt hier. Er ist nur gerade nicht da.
Willst du auf ihn warten?"
Bull musterte sie mißtrauisch. Legte sie es wirklich darauf an, mit ihm zu flirten? „Ich habe nicht viel Zeit", antwortete er. „Wo kann ich ihn finden?"
„Oh, warte ..." Vyn legte einen Finger an die Nase und dachte angestrengt nach. „Er ist in einem Labor..."
„Einem Labor?"
„O ja!" Ihre Augen leuchteten auf. „Er ist so ungeheuer intelligent und interessiert sich für alles. Er betreibt seine eigenen Forschungen, und dann macht er noch ..."
„Weißt du den Namen des Labors?" fiel ihr Bull ins Wort. „Darüber denke ich gerade nach." Vyn wirkte ein wenig verzweifelt. „Es ist... warte, ich hab's! Entweder Julia oder Romeo. Fünf. Ja, das ist's! Romeofünf oder Juliafünf."
„Dazwischen liegen ein paar hundert Meter", sagte Reginald Bull verdutzt „Ich weiß", klagte Vyn. „Aber Romeo und Julia, die beiden bring' ich immer durcheinander."
Reginald Bull winkte grinsend ab. „Ich werd' ihn schon finden", meinte er. „Vielen Dank für die Auskunft."
Er schritt gemächlich davon und widerstand der Versuchung, sich noch einmal umzuwenden.
Am nächsten Interkom-Terminal verschaffte er sich die benötigte Information: Loydel Shvartz befand sich gegenwärtig im Laborkomplex Romeo-5. Terraner und solche,
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