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1486 - Im Tempel der Furcht

1486 - Im Tempel der Furcht

Titel: 1486 - Im Tempel der Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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waren geblieben, aber auch sie hatten ein anderes Aussehen bekommen. Es war keine Rinde mehr vorhanden. Die Farbe hatte ebenfalls gewechselt. Jetzt sahen die Stämme aus wie gewaltige knochenbleiche Gebeine, die in die Höhe ragten. Oder auch wie Laternenpfähle ohne Lampen.
    Ein weites Feld. Verbrannte Erde. Eine Totenszenerie. Aber es gab auch den Tempel mit dem offenen Eingang. Und dort befand sich genau das, was ich schon mal gesehen hatte.
    Eine Treppe, die von einem düsteren Licht umspielt wurde, und drei Gestalten, die auf steinernen Stühlen saßen wie unheimliche Wächter. Ich sah sie nicht besonders deutlich, aber selbst aus dieser Distanz war zu erkennen, dass sie keine normalen Gesichter hatten, sondern irgendwelche Fratzen.
    Sie saßen auf ihren Plätzen, ohne sich zu bewegen. Das konnte man von Sir Baldur nicht behaupten. Er ging vor mir her und drehte mir den Rücken zu. Hoch aufgerichtet schritt er auf den Eingang des Tempels zu. Der untere Rand seiner Kutte schwang wie eine Glocke von einer Seite zur anderen, und er machte keinerlei Anstalten, auf seinem Weg in den Tempel anzuhalten.
    Das wollte ich auch nicht. Aber es kam anders. Ich wusste nicht, woher sie auf einmal erschienen war, aber sie war an meiner Seite und schaute aus weit aufgerissenen Augen hinter den Brillengläsern zu mir hoch.
    »Hallo, Rosy…«
    Die Archäologin schüttelte den Kopf. Auf ihrem Gesicht war die Qual nicht zu übersehen. Ihre Lippen hatte sie in die Breite gezogen, und ich wusste nicht, ob sie lächeln wollte oder anfangen zu weinen.
    »Wo sind wir hier?«
    »Nicht mehr in unserer Welt.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Aber warum fragen Sie, Rosy? Sie haben mich niedergeschlagen und sich danach voll und ganz auf die Seite des Duke gestellt.«
    Nachdem ich das gesagt hatte, kam es mir im ersten Moment vor, als wollte Rosy Keller vor mir flüchten. Aber sie trat nur einen Schritt zur Seite und flüsterte: »Was soll ich getan haben?«
    Ich wiederholte meine Worte.
    »Nein«, sagte sie. »Nein, das ist unmöglich! Das kann ich mir nicht vorstellen.«
    »Tut mir leid für Sie, Rosy. Aber es ist die Wahrheit.«
    »Aber warum sollte ich das denn getan haben?«
    »Weil Sie in den magischen und auch teuflischen Bann des Duke hineingeraten sind.«
    »Ich?«
    Mehr wusste sie nicht zu sagen, und ich wollte mich auch nicht weiter über dieses Thema unterhalten, denn es brachte uns nicht voran. Andere Dinge waren jetzt wichtiger, wobei ich noch nicht mal daran dachte, wie ich diese Dimension wieder verlassen konnte.
    Mir ging es mehr um die Gestalt des Duke, für den dieses Reich so etwas wie eine Heimat geworden war, ebenso wie für die anderen drei Gestalten.
    Ich wollte nicht länger in dieser Welt bleiben. Das galt auch für Rosy Keller.
    »Kommen Sie mit«, sagte ich.
    »Wohin denn?«
    »In den Tempel!«
    Jetzt fing ihre Stimme an zu zittern. »Und was dann?«
    »Werden wir versuchen, gemeinsam einen Weg zurück in unsere Welt zu finden. Hier haben sich zwei Welten oder Dimensionen überlappt. Wir müssen zusehen, die fremde so schnell wie möglich wieder zu verlassen.«
    Sie erwiderte nichts, sie stellte auch keine Frage mehr, aber sie blieb an meiner Seite.
    Für mich war es wichtig, dass ich an die Gestalt des Duke herankam. Ich hatte nicht die beiden Silberkugeln vergessen, die in seiner Brust steckten. Sie hatten seine Existenz nicht endgültig vernichtet, aber irgendetwas mussten sie doch bewirkt haben.
    Als wir den Eingang passierten, stöhnte Rosy Keller leise. Ich kümmerte mich nicht darum, denn als Nächstes mussten wir die Treppe überwinden. Sie bestand aus vier glatten Stufen.
    Ich hatte sie schnell hinter mich gelassen. Weiter ging ich nicht, weil auch Sir Baldur gestoppt hatte und sich nicht mehr bewegte.
    Lange blieb er nicht starr. Er war nicht grundlos an diese Stelle getreten.
    Vor ihm waren drei steinerne Stühle besetzt.
    Ein vierter war noch frei.
    Sir Baldurs Sitzplatz.
    Rosy Keller hatte mich erreicht und blieb dicht neben mir stehen.
    Nach einem schweren Atemzug fragte sie: »Wird er sich auf den leeren Platz setzen?«
    »Ich denke schon.«
    »Und dann?«
    »Warten wir es mal ab.« Nach dieser Antwort blickte ich sie an. Es war mir noch immer unerklärlich, dass sie sich so gewandelt hatte.
    Worin lag der Grund? Hatte es der Duke of Kent doch nicht geschafft, sie völlig unter seine Kontrolle zu bringen?
    »Wir sind noch immer in meinem Haus«, sagte sie

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