1496 - Die Paratrans-Mission
ihn mittschiffs getroffen und ... wumm!"
Dao-Lin-H'ay fragte sich, ob Signar Faust diese Geschichte tatsächlich akzeptieren würde. An und für sich war es eine recht glaubwürdige Ausrede, es sei denn, dieser angebliche Terraner hatte während seiner überstürzten Flucht aus der bereits angeschlagenen USAMBARA noch genug Zeit gefunden, die Orter im Auge zu behalten. Dann konnten ihm gewisse Begleiterscheinungen des Paratrans-Einsatzes nicht entgangen sein.
Hoffentlich hatte man es nicht auch noch andernorts mitbekommen. „Bist du der einzig Überlebende?" fragte Nikki Frickel.
Das Gesicht des jungen Mannes verdüsterte sich für einen Augenblick. „Ja", sagte er knapp.
Und Nikki Frickel, die sonst nicht gerade vor Feingefühl strotzte, klopfte Signar Faust tröstend auf die Schulter „Dies ist eine schlimme Zeit", sagte sie erstaunlich sanft. „Immerhin - es ist nicht anzunehmen, daß sie leiden mußten. Das wird dir jetzt zwar kein großer Trost sein, aber es ist ein Gedanke, an den man sich halten kann."
Signar Faust nickte ernst, blinzelte heftig, als müsse er die aufsteigenden Tränen zurückdrängen, und schüttelte ergriffen seinen Rettern die Hände.
Dao-Lin-H'ay hatte das Gefühl, Zuschauerin bei einer Schmierenkomödie zu sein.
Ungeduldig zückte sie die Krallen. Was sich hier abspielte, das war so unglaublich, daß sie am liebsten aus dem Fell gefahren wäre. Es kribbelte ihr in den Fingern, diesen angeblichen Terraner zu packen und ein paar Antworten aus ihm herauszuschütteln, die endlich Licht in diese Angelegenheit bringen würden.
Wenn er allerdings ein verkleideter Cantaro war, würde ihr das nicht sehr gut bekommen. Immerhin – wenn Nikki Frickel dadurch endlich aus ihren schönen Träumen erwachte ... „Willst du den auch verdächtigen und verfolgen?" fragte eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich blitzschnell um.
Creona Dhauby stand ihr gegenüber und musterte sie mit unverhohlenem Ärger. „Von menschlichen Gefühlen hast du keine Ahnung", sagte die Terranerin verächtlich. „Du hättest ihn ja am liebsten da oben verrecken lassen, nicht wahr? Ich habe dich vorhin beobachtet. Wie kann ein intelligentes, fühlendes Wesen bloß so kalt sein!"
Sprach's und marschierte mit hocherhobenem Kopf an der Kartanin vorbei, um sich dem Empfangskomitee für Signar Faust anzuschließen, während Nikki Frickel in die Schleuse zurückkehrte.
Dao-Lin-H'ay war so verblüfft, daß sie nahe daran war, die Ohren anzulegen und zu fauchen. Dann begegnete sie Nikki Frickels Blicken, und sie zuckte innerlich zusammen.
Creona Dhauby schien der stellvertretenden Kommandantin der JOLLY ROGER aus dem Herzen gesprochen zu haben. So jedenfalls deutete Dao-Lin-H'ay den Ausdruck in Nikki Frickels Augen.
Da hast du's! dachte Nikki so intensiv, daß Dao-Lin-H'ay sie auch ohne besondere Konzentration klar und deutlich verstehen konnte. Endlich mal jemand, der dir die Wahrheit sagt! „Wenn hier jemand sein Leben gerettet hat", sagte Dao-Lin-H'ay langsam und so leise, daß nur Nikki Frickel sie verstehen konnte, „dann war ich das! Wenn ich die Synergistiker nicht dazu überredet hätte, den Paratrans wenigstens schon provisorisch zu installieren, hätte er sich da draußen die Lunge aus dem Hals schreien können - es hätte ihm nichts geholfen. Nur mit dem Transformgeschütz hätten wir ihn nicht herausholen können!"
Nikki Frickel zog die Augenbrauen hoch. „Das ist richtig", erwiderte sie ebenso leise. „Aber du siehst nicht so aus, als wärest du besonders stolz darauf!"
Was sollte sie darauf sagen?
Dao-Lin-H'ay blickte zu Creona Dhauby hinüber, die damit beschäftigt war, Signar Faust anzuhimmeln.
Der angebliche Terraner ließ sich nicht lumpen und lächelte sie an. Sie war von diesem Lächeln offenbar völlig hingerissen.
Wie sie sich so gegenüber standen, schienen sie sich sehr ähnlich zu sein - wie Zwillinge.
Warum auch nicht? dachte Dao-Lin-H'ay. Es sind zwei junge Menschen terranischer Abstammung.
Warum sollten sie sich also nicht ähnlich sehen?
Und trotzdem ...
Da standen sie im hellen Sonnenschein, nur wenige Meter entfernt, und sie starrten sich an, als litten sie an einer doppelseitigen Sehachsenverknotung. Signar Faust trug ein schwachsinniges Grinsen zur Schau, und Creona Dhauby blickte drein, als hätte sie einen lebenden Fisch verschluckt.
Und keiner von beiden blinzelte auch nur ein einziges Mal. „So, nun haben wir also schon zwei von der Sorte", stellte Nikki Frickel
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