1496 - Die Paratrans-Mission
merkwürdig vor, daß Nikki Frickel sich plötzlich so empfindlich aufführte. Das war normalerweise gar nicht ihre Art.
Glücklicherweise hatte auch Nolan nichts von der ganzen Sache gewußt. Wäre er eingeweiht gewesen, so hätte dies das Faß wohl zum Überlaufen gebracht.
Es war auch so schon schlimm genug, und es wurde noch schlimmer dadurch, daß Nikki nicht bereit war, mit Dao-Lin-H'ay über die ganze Angelegenheit zu sprechen. Sie verbat sich darüber hinaus jede Einmischung von außen. Dabei hätte sich in einem ruhigen Gespräch vieles klären lassen. Und eine Klärung war dringend erforderlich - nicht zuletzt im Interesse der überaus wichtigen Mission, die sie zu erfüllen hatten.
Dao-Lin-H'ay hatte bis zu diesem Augenblick lediglich herausfinden können, daß Nikki Frickels Groll rein persönliche Ursachen hatte. Die Terranerin hielt all ihre Gedanken zu diesem Thema sorgfältig unter Verschluß. Wenn sie aber neuerdings begann, sich auch in dienstlichen Belangen von ihren privaten Gefühlen beeinflussen zu lassen, dann war dies sehr bedenklich.
Als der Alarm durch das Schiff dröhnte, war Dao-Lin-H'ay beinahe erleichtert. Sie eilte in die Zentrale. „Das geht uns nichts an", hörte sie Nikki Frickel sagen, als sie eintrat. „Wer immer das ist - er hat sich die Suppe selbst eingebrockt. Soll er auch sehen, wie er sie auslöffeln kann!"
„Aber er funkt Notsignale", wandte Sarah Vourd ein. Sie war für die Ortung zuständig, und an Bord nannte man sie die „Hexe". „Das kann jeder tun", knurrte Nikki Frickel. „Vielleicht will er uns bloß provozieren. Bis jetzt haben die Cantaro uns nicht entdeckt. Aber wenn wir denen da draußen helfen, wissen unsere Gegner, wo wir stecken."
„Ich orte acht cantarische Jäger", sagte Sarah Vourd unbeeindruckt. „Sie sind ihm auf den Fersen. Nolan, sag du ihr, daß wir das nicht zulassen können!"
Der Kommandant der JOLLY ROGER verzog das Gesicht. Er entdeckte Dao-Lin-H'ay und hob in einer hilflosen Gebärde die Schultern. Nikki Frickel fuhr herum. „Ist es das, worauf du gewartet hast?" fuhr sie die Kartanin an.
Dao-Lin-H'ay verzichtete auf eine Antwort. Sie hielt die Frage für völlig indiskutabel.
Die Situation war eindeutig: Unweit der Sonne Palion war ein Raumschiff aufgetaucht. Es raste auf den zweiten Planeten des Systems zu und zog dabei acht cantarische Raumjäger hinter sich her. Die Cantaro befanden sich vorläufig noch in ungünstigen Positionen, aber das würde sich bald ändern.
Das Opfer der Cantaro war ein altmodischer Walzenraumer - er hatte keine Chance, einen Kampf mit den schnellen Jägern zu überstehen. Das war ihm offenbar auch bewußt, denn er funkte auf sämtlichen Kanälen.
Und trotzdem war irgend etwas daran seltsam.
Dao-Lin-H'ay betrachtete die Szene mit zusammengekniffenen Augen. „Woher kommt dieses Schiff?" fragte sie zu Sarah Vourd hinüber.
Die „Hexe" zuckte die Schultern. „Keine Ahnung", murmelte sie. „Aus der Umgebung des Solsystems -mehr kann ich nicht sagen. Er muß sich verfranzt haben. Dieser Kahn ist museumsreif. Seine Navigationsunterlagen sind es wahrscheinlich auch."
„Du hast ihn erst geortet, als er hier in diesem System auftauchte?"
Sarah Vourd nickte. „Witterst du schon wieder eine Intrige?" fragte Nikki Frickel spöttisch dazwischen. „Heiliges Kanonenrohr, wenn die Cantaro ..."
Niemand sollte je erfahren, was sie über die Droiden zu vermelden wünschte, denn in diesem Augenblick traten die Ereignisse in ein neues Stadium ein. „SOS!" schrie es aus den Lautsprechern.
Nikki Frickel unterbrach sich mitten im Wort. In der Zentrale der JOLLY ROGER war es plötzlich totenstill. „Hier spricht Signar Faust aus der USAMBARA!" schrie die Stimme, und sie schrie es in terranischer Sprache. „Wenn da jemand ist, der mich hören kann: Ich brauche Hilfe! SOS! Verdammt, die cantarischen Jäger -sie knallen mich ab!"
„Das könnte ein Falle sein!" sagte Dao-Lin-H'ay.
Nikki Frickel zuckte zusammen. „Quatsch!" knurrte sie wütend. „Paratrans?"
„Schon verstanden", erwiderte Enza Mansoor, die die Vorgänge über Funk mitverfolgt hatte. „Wir erwischen sie. Sagt ihm, daß er versuchen soll, auf Abstand zu bleiben."
„Die hat gut reden!" schimpfte Ariber Foncan, den es offensichtlich in den Fingern juckte, selbst einzugreifen. „Der kann sie sich kaum noch vom Hals halten. Wie soll er da auch noch Abstand gewinnen?"
Sarah Vourd achtete nicht auf ihn, sondern nahm Verbindung zur USAMBARA
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