1496 - Die Paratrans-Mission
tatsächlich wie ein Fauchen, „verstehst du nicht allzu viel, Dao-Lin-H'ay! Du solltest dir kein Urteil über Reaktionen anmaßen, die von menschlichen Gefühlen abhängig sind!"
Und in diesem Augenblick, in zwei oder drei endlos langen Sekunden, in denen Nikki Frickel nicht imstande war, ihre Gedanken im Zaum zu halten, begriff Dao-Lin-H'ay, was geschehen war und warum die Terranerin sich so seltsam Verhielt.
Sie stand schweigend auf und ging hinaus
8.
Dao-Lin-H'ay verschwendete nicht viel Zeit auf die Beantwortung der Frage, ob es einen Sinn hatte, Nikki Frickel zu einer gründlichen Aussprache bewegen zu wollen. Die stellvertretende Kommandantin der JOLLY ROGER wäre vielleicht sogar darauf eingegangen - im Grunde genommen hoffte sie nichts anderes, als daß sich eine entsprechende Gelegenheit finden würde.
Sie suchte verzweifelt nach Antworten.
Aber es waren Antworten, die Dao-Lin-H'ay nicht geben konnte und auch nicht geben wollte.
Sie hatte zum Thema Irmina Kotschistowa und Jennifer Thyron alles gesagt, was zu sagen war.
Die beiden ehemaligen Aktivatorträgerinnen hatten ihre eigene Entscheidung getroffen. Sie hatten einen Ort gesucht und gefunden, an dem sie in Frieden sterben konnten. Dao-Lin-H'ay hatte sie dabei nicht beeinflußt. Sie hatte ihnen lediglich geholfen, ihre Entscheidung in die Tat umzusetzen.
Dabei war ihr von Anfang an klar gewesen, daß es Menschen geben würde, die das nicht akzeptieren konnten. Irmina Kotschistowa und Jennifer Thyron hatten das ebenfalls gewußt, dieses Thema aber nie berührt.
Dao-Lin-H'ay hatte nach der Rückkehr vom Planeten Lokvorth einen kurzen Bericht verfaßt. Dieser Bericht war allen zugänglich, die es etwas anging. Sie hatte Ronald Tekener die kurze Botschaft Jennifer Thyrons übermittelt und mit gemischten Gefühlen darauf gewartet, daß er Fragen stellen würde.
Denn er war der einzige, der nach Dao-Lin-H'ays Meinung ein Recht darauf hatte, auch tatsächlich auf Antworten zu bestehen.
Aber irgendwie war Ronald Tekener ihr immer aus dem Weg gegangen - oder sie ihm?
Das war eine der Verdächtigungen, die sie in Nikki Frickels Gedanken gefunden hatte: Daß sie den Flug nach Menafor nur mitgemacht hatte, um von Heleios wegzukommen und somit auch der Gefahr zu entrinnen, unversehens Ronald Tekener über den Weg zu laufen. Daß sie sich des weiteren verzweifelt bemühte, ihre Teilnahme an diesem Unternehmen zu rechtfertigen, indem sie harmlose Menschen als cantarische Spione hinzustellen versuchte.
Unter diesen Umständen hielt Dao-Lin-H'ay es für völlig sinnlos, es auch weiterhin mit logischen Argumenten zu versuchen. Es war schon immer schwierig gewesen, Nikki Frickel von einer einmal gefaßten Meinung abzubringen. So verbohrt und verbiestert, wie sie jetzt war, würde es völlig unmöglich sein.
Man hatte Signar Faust mittlerweile eine Kabine zugewiesen, und da er außer dem, was er auf dem Leibe trug, nichts aus der USAMBARA hatte retten können, vollzog sich sein Umzug schnell und reibungslos.
Seine Kleidung hatte ein wenig unter der hastigen Flucht aus dem halbzerstörten Schiff gelitten, aber auch das war kein Problem, denn es fanden sich sofort ein paar mitfühlende Leute, die bereit waren, dem armen Mann aus der Verlegenheit herauszuhelfen.
Dao-Lin-H'ay sah ihn draußen auf dem Korridor vor seiner Kabine stehen.
Die Leute von der JOLLY ROGER bevorzugten bunte, phantasievolle Kleidung, und sie hatten Signar Faust entsprechend ausstaffiert. Er trug es mit Fassung.
Und natürlich war auch Creona Dhauby da, um ihn anzuschmachten.
Die beiden wirkten einfach unzertrennlich. Sie gingen gemeinsam in die Messe, und die halbe Besatzung der JOLLY ROGER war dort, um Signar Fausts glorreiche Errettung zu feiern.
Es sah ganz danach aus, als würde dieses Fest noch eine Weile dauern. Dao-Lin-H'ay kam zu dem Schluß, daß sie sich eine so günstige Gelegenheit nicht entgehen lassen durfte.
Die Kartanin wandte sich nach rechts und eilte zur Schleuse. Das Beiboot der USAMBARA stand verlassen im Sonnenschein. Niemand war in der Nähe.
Sie huschte hinüber und zur Schleuse hinein.
Sie machte sich gar nicht erst die Mühe, nach offensichtlichen Hinterlassenschaften der Cantaro zu suchen, denn sie wußte im voraus, daß sie nichts dergleichen finden würde. Dieser Gegner war viel zu klug, um einen so dummen Fehler zu begehen.
Sie wollte lediglich wissen, ob Signar Faust in diesem kleinen Raumschiff eine Möglichkeit gehabt hatte, die wahre
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