1496 - Keltenzauber
auch wieder zurück.«
»Gratuliere.«
»Wozu?«
»Zu Ihrer Scharfsichtigkeit. Es kann sein, dass Sie es auf den Punkt gebracht haben, aber etwas zu behaupten und dies auch zu glauben, Johnny, sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Sie wissen, was ich damit meine?«
»Klar. Ihnen fehlen die Beweise.«
»Nein, ich habe ja die Aussagen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas Wirklichkeit sein soll.«
»Doch, es entspricht der Realität. Sonst würde ich nicht hier bei Ihnen sitzen. Ich habe diese Myrna gesehen und bin gekommen, um sie noch mal zu sehen. Außerdem ist sie mir in der letzten Nacht in London erschienen. Sie hat mich praktisch hierher zurückgeholt.«
McLean hatte zugehört und konnte nur den Kopf schütteln. »Das ist unglaublich«, murmelte er. »Ich kann es einfach nicht fassen.«
»Ich im Prinzip auch nicht. Aber ich habe mir diese Geschichte nicht ausgedacht.«
»Das glaube ich Ihnen. So etwas denkt man sich nicht aus. Zudem stimmt Ihre Beschreibung mit denen der anderen überein. Das geht schon in Ordnung, und es stellt sich nur die Frage, woher sie kommt.«
»Aus der Vergangenheit.«
Der Pfarrer setzte sich kerzengerade hin. »Sie sagen das, als wären Sie davon überzeugt.«
»Das bin ich auch.«
»Und woher nehmen Sie diese Überzeugung?«
»Als wir über London redeten, da nannte sie einen anderen Namen. Londinium…«
Der Pfarrer hatte große Augen bekommen, die wie zwei blasse Monde aussahen. Er flüsterte: »Unglaublich. Londinium ist der Name, den die Römer ihrer Ansiedlung an der Themse gegeben haben. Praktisch Londons erster Name.«
»Ja, ich weiß. Und Myrna nannte ihn. Aber Myrna ist keine Römerin, sonst würde sie nicht so heißen.«
»Das kann ich bestätigen.«
»Und deshalb muss man sich fragen, Mr. McLean, wer zur damaligen Zeit hier das Land bewohnt hat. Mir fallen dabei nur die Kelten ein, die ja auch in Frankreich gelebt haben, wo man sie Gallier nannte, was sich bis heute gehalten hat.«
»Kein Widerspruch.«
»Dann ist Myrna eine Keltin!« stellte Johnny fest.
»War«, wandte der Pfarrer ein. »Sie ist ja längst verstorben.«
Johnny hob die Schultern. »Angeblich nicht. Sie – oder ihr Geist – hat überlebt.«
McLean fuhr durch sein Haar. »Das ist mir zu hoch. Ich habe das Gefühl, keine Luft zu bekommen, aber wenn Sie diese Frau gesehen haben und dabei bleiben, muss man darüber nachdenken.«
»Sie ist auch hier im Ort gesehen worden?«
»Klar, sie zeigte sich. Nur hat keiner daran gedacht, es mit einer Keltin zu tun zu haben.«
Johnny legte die Stirn in Falten. »Manchmal lebt die Vergangenheit eben«, sagte er leise.
Der Pfarrer wunderte sich übe die Antwort. »Das hört sich an, als wäre Ihnen so etwas nicht fremd.«
Johnny überlegte, ob er die Wahrheit über sich und seine Familie sagen sollte. Er ließ es lieber bleiben und suchte nach einer guten Ausrede.
»Nun ja, ich muss zugeben, dass ich mich schon etwas mit diesem Thema beschäftigt habe. Nicht unbedingt, was die Kelten angeht. Das war mehr allgemein.«
»Aber jetzt haben Sie Blut geleckt – oder?«
»Ja. Ich möchte Myrna wieder sehen. Und sie will es auch. Sonst hätte sie mich nicht hergelockt.«
»Und was könnte sie von Ihnen wollen?«
»Da muss ich raten.«
»Tun Sie das.«
»Hilfe«, sagte Johnny, »es kann sein, dass sie Hilfe benötigt. Wäre doch möglich. Vielleicht ist sie verflucht und versucht jetzt, den Fluch zu lösen. Sie braucht einen Menschen, der mutig genug ist und dies kann.«
Der Pfarrer schwieg. Aber er schüttelte den Kopf und stieß die Luft aus. »Das zu begreifen ist nicht eben leicht«, sagte er mit leiser Stimme.
»Ich weiß. Es widerspricht allem, was man so kennt. Aber wenn andere Männer aus dem Ort diese junge Frau auch gesehen haben, dann muss etwas dran sein.«
»Das streite ich ja nicht ab!« sagte der Pfarrer. »Nur fällt es mir wahnsinnig schwer, daran zu glauben.«
»Mir auch, Mr. McLean. Trotzdem werde ich mich damit beschäftigen. Ich weiß auch nicht, ob ich sie groß suchen muss. Myrna wollte ja, dass ich zu ihr komme, und deshalb denke ich, dass sie mich bereits erwartet und zu mir kommen wird.«
»Ja, das ist schon möglich.« McLean schüttelte den Kopf. »Obwohl ich es noch immer nicht fassen kann.«
»Sie sind doch ein Mensch des Glaubens, Mr. McLean. Glauben Sie einfach daran.«
»Ich kann es ja mal versuchen, obwohl ich damit gewisse Probleme habe.«
»Ich auch, da bin ich ehrlich.«
McLean hatte sich
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