14b Stephanie Plum: Liebeswunder und Männerzauber (Plum Lovin')
Bob starrte mich durch das Rückfenster an. Anscheinend begriff er, dass sich in der Styroporschachtel in meiner Hand Essbares für ihn befand.
Das Kautionsbüro ist ein kleines Ladenlokal in der Hamilton Avenue, mit dem Auto nur zehn Minuten von dem Restaurant entfernt. Ich parkte direkt davor und ging hinein. Connie Rosolli, die Büroleiterin, sah auf, als ich durch die Tür trat. Connie ist ein paar Jahre älter als ich, einige Pfund schwerer, einige Zentimeter kleiner, sieht wesentlich italienischer aus und hat immer besser manikürte Fingernägel.
»Du kommst wie gerufen«, meinte Connie. »Ich wollte dich gerade anrufen. Vinnie flippt aus wegen Annie Hart.«
Vinnies Frettchengesicht tauchte am Türrahmen seines weiter hinten liegenden Büros auf. »Und?«, fragte er.
»Und was?«
»Sag mir, dass du sie geschnappt und hinter Gitter gebracht hast. Sag mir, dass du mir eine Übergabebestätigung mitgebracht hast.«
»Ich habe eine Spur«, erklärte ich Vinnie.
»Nur eine Spur?« Vinnie schlug die Hände vors Gesicht. »Du bringst mich noch um!«
Lula saß auf der Kunstledercouch und blätterte in einer Zeitschrift. »Warum sollten wir so viel Glück haben?«, fragte sie.
Lula ist schwarz, und ihre gut achtzig Kilo sind über einen 1,65 Meter großen Körper verteilt. Im Augenblick trug sie ein rotes, knallenges Shirt, auf dem in schillernder goldfarbener Schrift LECK MICH stand, eine Jeans, die an den Nähten mit Strasssteinen besetzt war und die so aussah, als ob sie jeden Moment platzen würde, und Stiefel mit zehn Zentimeter hohen Absätzen. Lula macht die Ablage im Büro, wenn ihr danach zumute ist, und wenn ich Unterstützung brauche, begleitet sie mich.
»Was steht sonst noch an?«, fragte ich Connie.
»Nichts Neues. Annie Harts Kaution ist die Einzige, die aussteht. Um diese Zeit im Jahr herrscht immer Flaute. Die Cracksüchtigen haben sich über Weihnachten allesamt umgebracht, und für die Nutten und Drogendealer ist es noch zu kalt, um an den Straßenecken rumzustehen. Die einzigen Verbrechen, die im Augenblick begangen werden, sind Schießereien zwischen Gangs, und diese Idioten wandern ohne Kaution in den Knast.«
»Das Geschäft läuft so schlecht, dass Vinnie auf Kreuzfahrt geht«, warf Lula ein.
»Ja, und die Reise ist nicht billig«, erklärte Vinnie. »Also beweg deinen Arsch und find mir endlich diese Annie Hart. Wenn das mit ihrer Kaution in die Hose geht, werde ich einen Schlaganfall vortäuschen und meine Reiseversicherung einkassieren müssen. Und das würde Lucille gar nicht gefallen.«
Lucille ist Vinnies Frau. Ihr Vater ist Harry der Hammer, und während Harry vielleicht noch Verständnis für ein verbotenes Schäferstündchen aufbringen würde, würde er es auf keinen Fall gern sehen, wenn Lucille um diese Kreuzfahrt betrogen würde.
»Es ist eine dieser Champagnerfahrten zum Valentinstag«, erklärte Vinnie. »Lucille hat ihre Koffer bereits gepackt. Sie glaubt, dass die Reise unsere Ehe neu beleben wird.«
»Sie wird eure Ehe nur beleben, wenn Lucille Handschellen, eine Peitsche und ihren Freudenspender mitnimmt«, meinte Lula.
»Na und?«, erwiderte Vinnie. »Ich habe nun einmal einen ausgefallenen Geschmack.«
Wir verdrehten alle die Augen.
»Ich muss los«, sagte ich zu Connie. »Ich bin auf meinem Handy zu erreichen, falls du mich brauchst.«
»Ich komme mit dir«, verkündete Lula und griff nach ihrer Umhängetasche, einem Prada-Imitat. »Ich habe das Gefühl, als ob ich heute Glück haben könnte. Ich wette, ich werde Annie Hart sofort aufspüren.«
»Danke«, sagte ich zu Lula, »aber ich schaffe das schon allein.«
»Verdammt, stell dir vor, du musst dich in eins dieser heruntergekommenen Stadtviertel wagen und brauchst jemanden, der dich beschützt. Das würde ich dann übernehmen. Oder du musst dich in dem neuen Laden an der State Street für einen der vielen Donuts entscheiden. Auch dann wäre ich die Richtige.«
Ich warf Lula einen Blick zu. »Du willst damit wohl sagen, dass du den neuen Donut-Shop an der State Street ausprobieren willst, richtig?«
»Ja«, gab Lula zu. »Aber nur, wenn du ganz dringend einen Donut brauchst.«
Fünfzehn Minuten später startete ich den Wagen vor dem Donut Delish und fuhr in Richtung Kraftfahrzeugamt.
»Ich kann es nicht fassen, dass du keinen dieser Donuts essen willst«, meinte Lula und hielt die Tüte mit dem Gebäck auf ihrem Schoß fest. »Die sind Spitzenklasse. Sieh dir nur diesen mit den rosa und gelben
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