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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erreicht, und zu Mittag befanden wir uns in Jenikoi, am linken Ufer der Strumnitza. Hier hielten wir eine kurze Rast und ritten dann weiter auf Tekirlik zu.
    Die Pferde waren müde – kein Wunder, da sie ja von Adrianopel an keine ausgiebige Ruhe gehabt hatten. So ritten wir langsam und gemächlich dahin, links den Fluß und rechts die Höhen, welche zur Hochebene des Plaschkawitza-Planina aufsteigen. Während dieses Rittes ließ Halef den Kopf hängen. Er zeigte üble Laune, was bei ihm eine große Seltenheit war und mir also um so eher auffiel. Ich fragte ihn, und er teilte mir mit, daß ihm die Brust schmerze.
    Das konnte seinen Grund in unserem gestrigen Erlebnis haben. Vielleicht war er, als er in die Kammer stürzte, auf etwas gefallen. Freilich konnte er sich nicht besinnen; aber ich war um den lieben Kerl besorgt und beschloß, den heutigen Ritt abzukürzen.
    In Tekirlik angekommen, fragte ich nach dem Han. Es wurde mir eine Hütte gezeigt, deren Äußeres nicht eben einladend war. Wir stiegen trotzdem ab, ließen die Pferde unter Omars Aufsicht und traten ein. Da bot sich uns ein Anblick, der nicht sehr appetitlich war.
    In dem kleinen, schwarz geräucherten Raum saßen mehrere Männer. Der eine war sehr eifrig beschäftigt, sich mit einem Dolchmesser die Nägel seiner Zehen zu schneiden. Neben ihm hockte ein zweiter, welcher einen Gegenstand in der Hand hatte, der vor langen Jahren wahrscheinlich einmal eine Bürste gewesen war, und rieb sich damit dasjenige Kleidungsstück, welches wohl nur er eine Hose nannte. Dieses Beinkleid war so voll von Schmutz, und der Besitzer arbeitete mit solchem Nachdruck, daß er in eine dichte Staubwolke gehüllt war. Ihnen gegenüber hatte ein dritter einen Napf voll Milch zwischen den ausgestreckten Beinen und schabte an der Schneide seines Messers Knoblauch, den er in die Milch tat. An der dritten Wand saß ein vierter auf dem Boden und hatte den Kopf eines fünften, den er rasierte, im Schoß liegen. Dieser fünfte war ein bärtiger Arnaut. Er trug nur auf der Mitte des völlig eingeseiften Schädels ein Haarbüschel. Der Barbier strich alles, was er von dem Hirnschädel des Genannten schabte, ganz gemächlich an die Wand und schnitt während seiner Arbeit Grimassen, wie ich sie selbst in den Vereinigten Staaten von keinem Negerarbeiter gesehen habe. Und das will viel sagen, da diese schwarzen Barbers wegen ihrer wunderbaren Gesichtsverzerrungen berühmt sind.
    Als diese Herren uns eintreten sahen und unsern Gruß hörten, musterten sie uns zunächst. Dann fuhren der Fußzehen-Operateur und der Kleiderreiniger in ihren Beschäftigungen fort. Der Mann mit der Milch benützte die Unterbrechung dazu, eine wirklich lebensgefährliche Dosis Knoblauch in den Mund zu stecken. Der Barbier aber sprang auf, verbeugte sich tief und sagte:
    „Chosch geldiniz; bendeniz el öpir – seien Sie willkommen; Ihr Diener küßt die Hand!“
    Da wir nicht so schmutzig aussahen, wie der Hosenbürster, so hielt uns der Barbier wohl für vornehme Leute.
    „Mehandschi nerde – wo ist der Wirt?“ fragte ich.
    „Dyschar dadyr – er ist draußen.“
    „Berber-sen – du bist Barbier?“
    „Hei hei; im hekim baschi – warum nicht gar; ich bin Oberarzt!“
    Er sagte das in einem Ton, der gar nicht stolzer und selbstbewußter sein konnte, deutete auf den Arnauten und fügte mit wichtiger Miene hinzu:
    „Onu-da schische komarim – ich werde ihn auch noch schröpfen!“
    Ehe ich ihm sagen konnte, daß diese Mitteilung meine Hochachtung sogleich verzehnfacht habe, gab der Arnaut ihm einen kräftigen Tritt mit dem Fuß und rief:
    „Hund, wen hast du zu bedienen? Mich oder diesen dort? Meinst du, daß ich hier so lange liegen kann, wie es dir gefällt! Ich werde dir zeigen, daß du einen Beamten des Padischah vor dir hast!“
    Der ‚Oberarzt‘ kauerte sich schnell wieder nieder, ergriff das eingeseifte Haupt und fuhr in seiner unterbrochenen Beschäftigung fort.
    Ich hatte eigentlich gleich wieder umkehren wollen; aber das Wort ‚schröpfen‘ bewog mich zum Bleiben. Ich wollte doch sehen, in welcher Weise dieser berühmte Heilkünstler die Operation vornehmen würde. Wir hockten uns also nieder, so eng wie möglich, um ja nicht mit den andern in Berührung zu kommen.
    Als der Wirt hereintrat und nach unseren Befehlen fragte, ließ ich einen Schluck Raki bringen als das einzige, zu welchem man sich entschließen konnte.
    Der Barbier war fertig geworden und rieb den glänzenden

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