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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hätten. Drüben trennten wir uns nach kurzem Gruß.
    Ich beabsichtigte keineswegs, in Lebnitza zu bleiben. Den Weg nach diesem Ort hatte ich eingeschlagen, um unsere Gegner irrezuführen und Petridasch zu vermeiden. Vom letzteren Ort führt der Weg immer an der Strumnitza entlang nach Ostromdscha. Dort lag die Ruine, in welcher Manach el Barscha warten wollte. Ich beabsichtigte, diesen Weg noch in der Nacht zu erreichen. Deshalb ritten wir gleich weiter, nach Derbend zu, welches von Lebnitza südwestlich liegt.
    Bald aber bemerkte ich, daß Rih nicht wohl auf dem Bein war. Sollte der Nadelstich von üblen Folgen sein? Wenn das edle Tier erkrankte, war ich gebunden. Ich mußte es schonen und ihm Umschläge machen. Darum war es mir lieb, als ich nach einiger Zeit seitwärts vom Weg einen hellen Feuerschein bemerkte. Wir hielten auf denselben zu.
    Mitten im freien Feld stand eine lange, niedrige Holzhütte, in welcher ich alsbald ein Sahan erkannte. Diese Sahana sind Gebäude, in denen man, oft in bedeutender Anzahl, Rinder schlachtet, um das Fett derselben auszukochen. Der Osmane liebt das Rindfleisch nicht. Er hat bis vor kurzer Zeit nicht verstanden, den Wert der Rinderherden auszubeuten. Man sott in diesem Sahana das Fett, um es nach den größeren Städten zu verführen. Oft wurden da nur die Lendenstücke in Riemen ausgeschnitten und dann getrocknet als Nahrungsmittel verkauft.
    Also vor einer dieser Hütten hielten wir jetzt an. Die größere Hälfte derselben diente als Schlacht- und Siederaum; die kleinere schien die Wohnung zu sein. Die erste Abteilung hatte mehrere breite Türen, welche offen standen. Da brannten etliche Feuer, über denen riesige Kessel hingen. Dabei saßen die Fleischer – wilde, schmutzige, fetttriefende Gesellen. Die Feuer leuchteten weit hinaus in das Feld und ließen alle Gegenstände in grotesker Gestalt erscheinen. Die Männer hörten uns kommen und traten unter die Türen. Wir grüßten, und ich fragte, ob wir hier einen Platz finden könnten, um auszuruhen. Der eine von ihnen kam nah zu mir heran, betrachtete mich und sagte lachend:
    „Ein Mehlwurm, der aus dem Mehlkasten kommt! Ist kein Rotkehlchen da, welches ihn fressen kann?“
    Die anderen stimmten in sein Gelächter ein und kamen auch herbei. Das war ein allerliebster Empfang! Ich wollte eine scharfe Antwort geben, doch kam mir Halef zuvor:
    „Was sagst du, Fettammer? Leck dir den Talg aus dem Gesicht und reibe dir dafür lieber den Verstand mit Unschlitt ein, ehe du dich über andere lustig machst! Deine Schönheit wird nicht größer durch das Lachen, denn dabei zeigst du die Zähne eines Krokodils und die Schnauze einer Bulldogge, die Meerrettich gefressen hat! Hast du vielleicht einen Sohn?“
    Das kam so schnell und unerwartet, das klang so kräftig und selbstbewußt, daß der Mann in die Falle ging.
    „Ja“, antwortete er, ganz verblüfft.
    „Nun, so ist das arme Kind der Nachkomme eines Menschen, der kein Gehirn im Kopf hat, weil er zu dem Volk der Affen gehört. Ich bemitleide ihn!“
    Jetzt erst kam dem Fleischer zum Bewußtsein dessen, was ihm gesagt wurde. Er langte nach dem wollenen Fetzen, den er um den Leib trug und in welchem ein langes Schlachtmesser steckte, und antwortete zornig:
    „Höre ich recht? – Was hast du gesagt?“
    „Ich sehe, daß dein Verstand nicht groß genug ist, um meine Worte zu fassen, die doch so deutlich waren! Soll ich sie dir etwa wiederholen?“
    „Sefil, dschüdsche – Knirps elender! Soll ich dir dieses Messer in den Leib rennen?“
    Ich wollte mein Pferd zwischen ihn und Halef drängen; da aber ergriff ihn einer seiner Kameraden bei Arm und sagte hastig:
    „Sökiut dur onlarin-war koptschaji – schweig, sie haben ja die Koptscha!“
    Das gab der so gefährlich erscheinenden Szene eine augenblickliche Wendung zum Besseren. Der Mann betrachtete uns genauer und sagte dann im Ton der Entschuldigung:
    „Afw sejr etmes-dim – Verzeihung, ich sah es nicht!“
    „So öffne ein anderes Mal deine holden Augen weiter“, meinte Halef. „Es ist doch sehr leicht zu sehen, daß dieser Emir, welcher unser Freund und Gebieter ist, die Koptscha der Anführer trägt! Du hast uns mit Schimpfworten empfangen. Ich sollte dir die Hand so in das Gesicht legen, daß du einen Purzelbaum springst, bis hinein in den hintersten Fettkessel. Aber ich bin gnädig gestimmt, und so wollen wir dir verzeihen. Gebt uns einen Platz zur Ruhe, Futter für die Pferde und eine Bürste für unsere

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