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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fort:
    „Dieser ist Omar Saban If el Habadschi Ben Abu Musa Dschafar es Sofi Otalan Ibn Avizenna Ali Nafis Abu Merwan el Hegali!“
    Dann zeigte er auf Osco und sagte:
    „Und dieser berühmte Krieger heißt Osco Obd el Latif Mefari Ben Mohammed Hassan el Dschaseris Ibn Wahab Alfirat Biruni el Seirafi! – Weißt du es nun?“
    Ich mußte mir Gewalt antun, um ein schallendes Gelächter zu unterdrücken. Die beiden hießen gar nicht so; aber um den Khawassen zu imponieren, nannte der kleine Hadschi eine Menge von Namen und Ahnen her, von denen Osco und Omar während ihres ganzen Lebens keine Ahnung gehabt hatten.
    Und das tat er mit solchem Ernst, und die arabischen Namen schossen mit solcher Schnelligkeit und Geläufigkeit aus seinem Mund, daß der Polizist ganz starr dastand, als sei ein jeder Name eine Kugel, die ihn getroffen habe.
    „So antworte doch!“ rief Halef ganz erregt. „Hast du die Sprache verloren, du Menschenkind, das mit seinem einzigen Selim zufrieden ist? Hast du denn keine weiteren Namen und hast du keine Ahnen? Wie hieß dein Vater und Großvater deines Vatersvaters? Haben sie keine Taten getan, oder sind sie Verbrecher und Feiglinge gewesen, daß du dich schämst, uns ihre Namen zu nennen? Oder wurdest du vielleicht gar nicht geboren, sondern bist an einem trüben Tag aus einer Mausfalle geschlüpft. Blicke nur auf uns! Hier stehen Leute!“
    Der Khawaß wußte noch immer nicht, was er eigentlich antworten sollte. Die Vorwürfe des Kleinen krachten nur so auf ihn nieder.
    „Siehe dir auch diesen an!“ sagte Halef, auf seinen Wirt deutend. „Er ist kein Araber, sondern ein Türke, und doch heißt er nicht bloß Selim, sondern Ibarek el konakdschy, Ibarek, der Herbergsvater. Ihm sind hundert Pfund gestohlen worden. Was aber könnte denn dir gestohlen werden, dir, der du gar nichts weiter besitzt, als den Namen Selim?“
    „Oho!“ antwortete endlich der mit solcher Verachtung behandelte Khawaß. „Ich bin auch kein Bettler. Ich habe mein Amt und – – –“
    „Amt! Sei still von deinem Amt! Was das zu bedeuten hat, das haben wir gesehen. Dein Amt scheint zu sein, im Gras zu liegen und Allah die Tage und Wochen zu stehlen. Aber ich werde Bewegung in euch Faulenzer bringen. Ich werde zum Präfekten gehen und ihn solch ein Quecksilber trinken lassen, daß er mit allen Fingern und Zehen zappeln soll! Ich befehle dir, dich sofort aufzumachen und nach der Stadt zu gehen. Wenn du in einer halben Stunde nicht bei dem Präfekten bist, lasse ich dich im tiefsten Wasser ersäufen und sodann noch obendrein mit einer Kanone erschießen. Wir brechen jetzt auf. Denke nicht, daß ich dir den Befehl zum Spaß gegeben habe! Ich meine es ernst. Das wirst du erfahren!“
    Dem Khawassen blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen.
    „Was?“ stieß er hervor. „Einen Befehl willst du mir erteilen, du?“
    „Ja! Hast du es denn nicht gehört?“
    „Hast du mir denn irgend etwas zu befehlen?“
    „Welch eine Frage! Natürlich hast du mir zu gehorchen. Du bist ja nur Selim der Namenlose, ich aber bin Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn –“
    „Halt ein, halt ein!“ unterbrach ihn der Khawaß, indem er sich beide Hände auf die Ohren legte. „Dein Name ist ja so eine lange Schlange, daß man befürchten muß, von ihr erdrückt zu werden. Ja, ich werde nach der Stadt gehen, sofort. Aber nicht, weil du es mir befohlen hast, sondern um dich bei dem Präfekten anzuzeigen. Du hast einen Diener des Großherrn geschlagen. Dafür sollst du eine Strafe erleiden, wie hier noch niemand bestraft worden ist.“
    Er raffte seine Sachen von der Erde auf und verschwand hinter den Büschen. Fürchtete er einen neuen Ausbruch der Tatkraft meines kleinen Hadschi, oder dürstete er wirklich nach Rache für die empfangene Züchtigung? Wohl beides.
    „Da rennt er hin!“ meinte Halef befriedigt. „Wie habe ich meine Sache gemacht, Sihdi?“
    Er blickte mich an, als ob er eine Belobigung erwartete. Statt deren aber empfing er eine sehr empfindliche Zurechtweisung.
    „Schlecht, sehr schlecht hast du sie gemacht. Du hast schon manche Dummheit begangen, noch niemals eine so große wie jetzt.“
    „Sihdi, ist das dein Ernst?“
    „Ganz und gar.“
    „Aber dieser Mensch hatte die Züchtigung gewiß verdient!“
    „War es denn deines Amtes, sie ihm zu geben?“
    „Von wem sollte er sie sonst erhalten?“
    „Von seinem Vorgesetzten.“
    „O Allah! Wenn der ihn hätte prügeln sollen, so wären beide ganz

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