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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werde also untersuchen müssen, auf wessen Seite die Wahrheit liegt.“
    „Diese Untersuchung ist ganz überflüssig. Siehst du denn nicht ein, daß deine Worte eine Beleidigung für mich enthalten? Meine Worte dürfen nicht den geringsten Zweifel in dir erwecken, und doch willst du untersuchen! Ich weiß nicht, was ich von deiner Höflichkeit und Umsicht denken soll.“
    Er fühlte sich in die Enge getrieben und antwortete ziemlich kleinlaut:
    „Selbst wenn du recht hast, muß die Untersuchung stattfinden, eben um den Anklägern zu beweisen, daß du recht hast.“
    „Das lasse ich allerdings gelten.“
    „So steige ab! Ich werde das Verhör sogleich beginnen.“
    Es war alles so laut gesprochen worden, daß jeder Anwesende jedes Wort hatte verstehen können. Jetzt drängten sich die Leute herbei, um noch besser hören und sehen zu können. Sie flüsterten sich ihre Bemerkungen zu, und die Blicke, welche sie auf uns richteten, sagten deutlich, daß sie einen gehörigen Respekt vor uns hegten. So, wie ich, hatte wohl noch niemand mit ihrem Kodscha Bascha gesprochen.
    Dieser würdige Beamte setzte sich auf den Stuhl. Er nahm eine möglichst Ehrfurcht gebietende Haltung an und wiederholte seine vorige Weisung:
    „Steig ab und laß auch deine Leute absteigen. Die Achtung, welche man der Obrigkeit schuldet, erfordert es.“
    „Ich bin ganz deiner Meinung, aber ich sehe von der Obrigkeit gar nichts.“
    „Wie? Verstehe ich dich richtig? – Die Obrigkeit bin ich!“
    „Wirklich? So befinde ich mich in einem großen Irrtum. Wer ist der Friedensrichter von Ostromdscha?“
    „Ich bin es. Ich bekleide beide Ämter.“
    „Gehört denn unsere Angelegenheit vor den Friedensrichter?“
    „Nein, sondern vor das Kasa.“
    „So habe ich also doch recht. Der Naïb kann ganz allein und ohne Beisitzer entscheiden. Zu einem Kasa aber gehören ein Kodscha Bascha, ein Staatsanwalt, ein Stellvertreter, ein Zivilleutnant und ein Gerichtsschreiber. Nun sage mir, wo diese Herren sind. Ich sehe nur dich allein.“
    Sein Kopf begann wieder hin und her zu pendeln. Er sagte:
    „Ich pflege auch solche Sachen allein zu verhandeln.“
    „Wenn die Bewohner von Ostromdscha sich dies gefallen lassen, so ist das ihre Sache. Ich aber kenne die Gesetze des Padischah und verlange, daß sie erfüllt werden. Du forderst von mir Achtung vor einer Obrigkeit, welche gar nicht vorhanden ist.“
    „Ich werde die Männer holen lassen.“
    „So beeile dich! Ich habe nicht viel Zeit.“
    „Du wirst dennoch warten müssen, denn ich weiß nicht, ob der Basch Kiatib gleich zu finden sein wird, und der Stellvertreter ist nach Ufadilla gegangen. Er kommt wohl erst nach einigen Stunden zurück.“
    „Das ist mir unangenehm. Die Obrigkeit darf sich nicht suchen lassen. Was wird der Makredsch sagen, wenn ich ihm das erzähle?“
    „Du brauchst es ihm nicht zu erzählen. Du wirst mit der Behandlung, die euch zuteil werden wird, gewiß zufrieden sein.“
    „Wieso? Welche Behandlung meinst du da?“
    „Das weißt du nicht?“
    „Nein.“
    „Ich muß euch natürlich hierbehalten, bis das Kasa zusammengetreten ist. Aber ihr sollt es so gut haben, wie die Umstände es erlauben.“
    „Höre! Wir werden es so gut haben, wie es uns selbst beliebt. Du willst uns hierbehalten, das heißt, wir sind arretiert. Du weißt aber, daß ich mir das nicht gefallen lasse.“
    „Aber das Gesetz erfordert es.“
    „Du scheinst dir ganz eigene Gesetze gemacht zu haben, die ich natürlich nicht anerkenne. Ich bin bei dir angezeigt worden und erkläre mich ganz damit einverstanden, daß das Gericht die Sache untersuchen soll. Ich bin also bereit, mich diesem Gericht zu stellen; aber meiner Freiheit lasse ich mich nicht berauben. Ich kehre jetzt nach dem Konak zurück und werde dort die Benachrichtigung erwarten.“
    „Das darf ich nicht zugeben.“
    Er stand von seinem Stuhl auf.
    „Was willst du dagegen tun?“
    „Wenn du mich zwingst, so muß ich dich mit Gewalt zurückhalten.“
    „Pah! Du hast mir ja bereits deine Khawassen gesandt. Was haben sie ausgerichtet? Nichts! Und denselben Erfolg würdest du wieder sehen. Wenn du klug bist, so unterläßt du es, dich vor deinen Leuten lächerlich zu machen. Ich gebe dir mein Wort, daß ich nicht daran denke, zu fliehen. Ich werde auf deine Vorladung warten und derselben Folge leisten.“
    Er mochte einsehen, daß es besser sei, weitere Szenen, die seinem Ansehen schaden konnten, zu vermeiden. Er antwortete mir nach einer

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