15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan
gebackenen Mandeln und Rosinen. Leider aber war er bereits gequetscht worden. Sodann gab es zwei kostbare Schabracken, jedenfalls für dich und mich. Ferner fand ich eine ganze Anzahl seidener Tücher, sehr schön zum Schmuck des Kopfes passend. Wie gern hätte ich eins davon meiner Hanneh mitgenommen! Nun ist sie darum gekommen! Ja schema'dan el mahabe, ïa schems el amel, ïa warde el benat – o Leuchter der Liebe, o Sonne der Hoffnung, o Rose der Töchter!“
Da kam ja mit einem Mal die Liebe zu seiner guten Hanneh zum Durchbruch! Ich versuchte, ihn zu trösten:
„Klage nicht, Hadschi! Daß wir den Kuchen, die Schabracken und die Tücher zu verlieren hatten, das stand im Buch des Lebens verzeichnet. Es gibt auch anderwärts seidene Tücher, und ich werde dafür sorgen, daß du nicht mit leeren Händen zur schönsten der Töchter zurückkehrst!“
„Allah gebe es! Ich freue mich nur, daß ich wenigstens den Beutel gerettet habe.“
„Welchen Beutel?“
„Als ich öffnete, fand ich einen Beutel aus Katzenfell gemacht. Die Schnur war zugebunden und versiegelt; aber er war so schwer, und es klang so silbern, daß ich überzeugt sein mußte, es befinde sich Geld darin.“
„Ah, den hast du eingesteckt?“
„Ja, ich habe ihn hier in der Tasche. Es hängt ein Pergamentstreifen daran; darauf steht: Dostima Hadschi Kara Ben Nemsi Effendi. Der Beutel ist also für dich – hier, nimm ihn!“
Er zog ihn aus der Tasche und gab ihn mir herüber. Ich wog ihn in der Hand. Ja, es befand sich Geld darin. Dostima heißt: ‚an meinen Freund‘. Handelte es sich vielleicht um ein Freundschaftsgeschenk? Für mich? Geld? Vielleicht Reisegeld? Hm! Ich steckte den Beutel ein und sagte:
„Wir werden ihn später öffnen. Jedenfalls ist es von dir sehr klug gewesen, ihn zu dir zu nehmen. Jetzt müssen wir von anderem sprechen, denn wir haben fast die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Also, wie konnte der Khawaß euch entfliehen?“
„Es war finster. Wir stiegen bei einem Haus ab, in dessen Nähe sich ein Ziehbrunnen befand. Wir wollten die Pferde tränken. Der Khawaß schöpfte Wasser. Ich ging in das Haus, um mich bei dem Besitzer nach dem Weg zu erkundigen. Osco und Omar blieben nicht draußen; sie kamen auch herein, und als wir dann zum Brunnen zurückkehrten, war der Khawaß mit seinem Pferd und unserem Packpferd verschwunden.“
„Hörtet ihr nicht den Hufschlag der Tiere?“
„Nein; aber dennoch eilten wir ihm nach.“
„O nein, das habt ihr nicht getan“, antwortete ich lachend.
„Nicht? Wir sind im Galopp zurückgeritten, konnten ihn aber nicht mehr erreichen.“
„Weißt du denn, ob er zurückgeritten ist? Er wird wohl so klug gewesen sein, einen ganz andern Weg einzuschlagen.“
„Ah! Der Betrüger! Der Heuchler!“
„Vielleicht hat er gar nur die Pferde beiseite geführt und gewartet, was ihr tun würdet. Danach hat er sich dann sehr leicht richten können.“
„O, daran habe ich nicht gedacht! Sollte er wirklich so klug gewesen sein? Er hatte doch ein so dummes Gesicht! Ich wollte, ich hätte ihn hier vor mir! Und wenn er alle seine Knochen numeriert hätte, er sollte sie doch nicht wieder zusammenfinden können! Mich zu betrügen, mich, Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abdul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah!“
Er zog die Peitsche aus dem Gürtel und schlug damit durch die Luft, als ob er den Missetäter vor sich habe.
„Tröste dich!“ sagte ich. „Wann seid ihr dann nach Koschikawak gekommen?“
„Eine Stunde, nachdem du fort warst. Du hattest uns dem Schmied beschrieben; er erkannte uns also gleich und hielt uns an. Bei ihm erfuhren wir, was geschehen war. Er zeigte uns den Gefangenen. Wir warteten. Du kamst nicht, und ich empfand Besorgnis. Da beschloß ich, dir nach Dschnibaschlü zu folgen. Dabei kam mir ein Gedanke, über den auch du dich freuen wirst.“
„Welcher?“
„Der Schmied hatte mir von der Koptscha gesagt. Der Gefangene trug eine. Der Knopf ist ein Erkennungszeichen; er konnte mir gute Dienste leisten. Ich nahm ihn also diesem Manne, der sich Agent Pimosa genannt hat, ab und steckte ihn an meinen Fez.“
„Vortrefflich! Ich habe ja gesehen, welche Wirkung der Knopf gehabt hat.“
„Wirst du nun noch einmal sagen, daß ich unklug bin?“
„Nein, du bist ein Ausbund von Weisheit.“
„Ja; aber zuweilen lasse ich die Khawaßler entfliehen! Dann in Dschnibaschlü ritten wir stracks zu dem Bäcker. Wir trafen nur das Weib und die Tochter desselben.
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