150 - Larry Brents Totentanz
wollte Sie
eigentlich nur darauf aufmerksam machen, daß es ein besonders lustiger Abend
für Sie wird .«
»Wer sind Sie ?« reagierte Gallun mit
scharfer Stimme.
»Namen tun doch nichts zur Sache, Sir. Nicht im Moment jedenfalls.
Sie sind doch immer sehr interessiert daran, Neuigkeiten zu erfahren
. ..«
Galluns Miene war starr wie eine Maske. Er schien in diesen
Sekunden selbst das Atmen zu vergessen, so angespannt war er.
Wer mochte der andere sein? Ein Agent sicher nicht, aber nur denen
war die geheime Telefonnummer bekannt!
Tiefe Sorgenfalten furchten seine Stirn.
»... sicher haben Sie die >New York Times< von heute
gelesen«, fuhr die Stimme fort. »Oh, entschuldigen Sie! Man vergißt es so
leicht... Sie können ja nicht sehen. Aber Sie sind doch ständig über alles
informiert, was in der Welt und in dieser Stadt vorgeht. Gibt es eine spezielle
Blindenzeitung, Sir ?« Der andere wartete die Antwort
erst gar nicht ab. »Nun, das alles ist auch gar nicht so wichtig. Ich wollte
Sie auf die Einweihung des Sky-Hotels aufmerksam machen. Der neue Wolkenkratzer
entsteht in unmittelbarer Nähe des Riverside Parks und des Riverside Museums.
Das Hotel liegt im achten, neunten und zehnten Stockwerk. In den Etagen
darunter befinden sich die Büros von Steuerberatern, Anwälten, Ärzten und
Immobiliengesellschaften. Interessant ist das Sky! Ich habe es mir angesehen.
Heute abend sind geladene Gäste dort. Damen in großer Abendgarderobe, Herren im
Smoking. Eine illustre Gesellschaft! Auf die alle möchte ich sie aufmerksam
machen, X-RAY-1. Rund fünfundsiebzig Menschen sind versammelt. Keiner von ihnen
wird den morgigen Tag erleben. In genau fünf Minuten gehen dort drei Bomben
hoch. In jeder der Sky-Etagen eine. Knapp hundert Menschen werden von einer
Sekunde zur anderen in ein brüllendes Feuermeer eingehüllt sein. Es gibt keinen
Ausweg! Dieser Anruf, X-RAY-1 ist kein makabrer Scherz. Er soll Ihnen beweisen,
daß Schritt für Schritt des Planes Wirklichkeit wird, den ich mir vorgenommen
habe. Der Untergang des Sky-Hotels ist ein Fanal für den Untergang der PSA! Es
ist jetzt einundzwanzig Uhr siebenunddreißig. Noch vier Minuten bis zur Zündung
der Nitro-Glycerin-Behälter! Das war eine Nachricht von Dr. Satanas !«
●
Es knackte hart. Der Teilnehmer hatte aufgelegt.
David Gallun glaubte, jemand griffe ihm mit eisiger Hand ins Genick.
Dr. Satanas! Der Erzfeind der PSA! Wie kam er an die Geheimnummer?
Aber sich jetzt darüber Gedanken zu machen, war müßig. Ganz
anderes stand auf dem Spiel: das Leben von fünfundsiebzig Menschen!
Die mußte er warnen, ehe die Hölle über die Ahnungslosen
hereinbrach.
Die Rufnummer des Sky-Hotels!
Gallun drückte mit zitternder Hand den flachen Knopf unterhalb der
Tischleiste. Ein leiser Summton wurde hörbar. Zu einem der großen
Hauptcomputer, die außer dem Archivieren der eingehenden Meldungen und Berichte
aus aller Welt auch ganz gewöhnliche Alltagsmeldungen datenmäßig erfaßten,
entstand Verbindung.
»Die Nummer des neuerrichteten Sky-Hotels am Hudson River«,
verlangte X-RAY-1 mit rauher Stimme.
Diese Computer, welche die Meldungen für ihn akustisch oder in
Blindenschrift gestalteten, werteten auch Alltagsmeldungen aus. Nun zeigte
sich, daß ein Archiv nie zu groß sein, daß jede Pressemeldung irgendwann doch
mal bedeutungsvoll werden konnte.
Das gesamte Pressematerial eines einzigen Tages wurde obligatorisch
auf einen daumennagelgroßen Mikrofilm kopiert, von denen es schon mehr als eine
halbe Million in den PSA-Archiven gab.
Computer arbeiteten schnell. Schneller als Menschen.
Zehn Sekunden vergingen.
Sie kamen X-RAY-1 vor wie eine Ewigkeit.
Nochmals zehn Sekunden ...
Ein leises, hämmerndes Geräusch erfolgte, als ob ein Lochstreifen
gestanzt würde.
Aus dem Schlitz rutschte die Folie, darauf befand sich in
Blindenschrift die Rufnummer des Sky-Hotels.
David Gallun wählte und kam nicht durch. Besetzt!
Weitere zwanzig Sekunden gingen verloren.
Schweiß perlte auf seiner Stirn.
Er konnte nicht länger warten.
Polizei und Feuerwehr mußten alarmiert werden. Die Nummern wußte
er auswendig.
X-RAY-1 wählte, kam durch und leitete alles in die Wege.
»Beeilt euch«, sagte er heiser. »Falls euch noch genügend Zeit
bleibt, überhaupt etwas zu unternehmen .«
Es war 21.40 Uhr.
Noch sechzig Sekunden ...
●
Sie waren ahnungslos, und in ihrer Ahnungslosigkeit waren sie
glücklich und zufrieden.
Die Stimmung war famos. Die
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