150 - Larry Brents Totentanz
erwidern, aber sie
unterließ es. Sie hatte das, was Morgan da andeutete, genau umgekehrt in der
Erinnerung. In einer Statistik war genau das Gegenteil von dem behauptet
worden, was Morgan jetzt von sich gab. Er hatte seine eigene Methode, mit den
Problemen fertig zu werden.
Sie fachsimpelten ein wenig, dann kamen sie auf das Sky zu
sprechen und stimmten darin überein, daß dieses neue exklusive Hotel für die Stadt
ein Gewinn sei.
Während sie sich unterhielten, leerte Morgan seinen Teller und
hielt bereits Ausschau nach anderen Salatsorten, konnte diese oder jene Sorte
der Kollegin vom Fernsehen empfehlen, würzte seine Bemerkungen mit ein paar
selbst ausgelegten Lebensweisheiten und sprach davon, daß man sich so jung und
so privat wohl nicht mehr sehe, daß morgen früh der Ernst des Lebens wieder
anfinge und er wahrscheinlich noch mal - ganz offiziell - hierherkommen müsse.
Und offizielle Empfänge behagten ihm gar nicht.
Die Stimmung in den verschiedenen Räumen des Hotels war
ausgezeichnet. Es wurde gelacht, gescherzt und gesungen.
Die Menschen, die versammelt waren, dachten an nichts Schlechtes.
Sie waren heiter und vergnügt.
Und in dieser Situation waren das Grauen und der Tod ganz nahe!
Eine ungeheure Detonation fand statt.
Bilder fielen von den Wänden: in den Wandlampen zersprangen
klirrend einige Glühbirnen, und ein Zittern lief durch den Fußboden und die
Wände.
Laute Entsetzensschreie erfüllten die Luft.
Sie kamen von unten, aus dem achten Stock des Sky-Hotels, wo
ebenfalls rund zwanzig Personen in fröhlicher, ungezwungener Runde
beisammensaßen, getanzt und gegessen hatten.
Die Kapelle, die im Konferenzsaal des neunten Stocks die ganze
Zeit über einschmeichelnde Tanzmelodien gespielt hatte, hörte schlagartig auf
zu spielen.
»Was ist denn passiert ?« entfuhr es Bill
Morgan, und er vergaß, die Gabel zum Mund zu führen.
»Feueeerrr !« schrie jemand aus einem
anderen Raum, ehe die erschrockene rothaarige Fernsehjournalistin etwas auf
Morgans Bemerkung erwidern konnte.
Da erfolgte die zweite Explosion. Sie war so heftig, daß die
gläserne Trennwand mit den exotischen Pflanzen auseinanderriß und die
Glassplitter wie wütende Hornissen durch die Luft flogen.
Schreie, Hilferufe ...
»Rauch! Mein Gott - droben brennt’s auch !«
Alles schrie durcheinander. Im Nu war das Chaos perfekt.
»In der achten Etage ist ein Feuer ausgebrochen !«
»In der zehnten ist eine Bombe explodiert !«
Hektische, aufgeregte Stimmen meldeten die Lage.
Janette O’Casey und Bill Morgan, die allein in der Nische gewesen
waren, in der der Tisch mit den lukullischen Leckerbissen stand, begannen zu
laufen.
Die junge Frau war nach wenigen Schritten an der Tür und sah, daß
mehrere Personen vor dem Aufzug standen, der direkt in die eichenholzgetäfelte
Hotelhalle mündete.
Unten vom Treppenaufgang stieg dunkler, dichter Rauch empor.
Ein Mann trommelte gegen die Aufzugstür.
»Da stimmt etwas nicht !« schrie er
aufgeregt. »Der Lift rührt sich überhaupt nicht !«
»Er ist blockiert !« schrie eine andere
Stimme.
Eine Frau schrie hysterisch auf, warf die Arme in die Höhe und
brach zusammen.
Feuerschein! Helles Flackern zeigte sich an den Wänden des
Treppenaufgangs, und furchtbare Schreie, Klopfen und Schläge hörte man aus dem
achten Stock, in dem die erste Detonation erfolgt war.
Lautes Prasseln und Knallen wies darauf hin, daß dort unten die
Hölle los war. Man vernahm die Schreie der Sterbenden, die vergeblich
versuchten, den Lift in Gang zu bringen oder über die Treppen nach unten zu
kommen.
Aus den Wortfetzen, die aus dem Brausen und Toben nach oben
drangen, war zu erkennen, daß die Unglücklichen vom Feuer völlig überrascht und
eingeschlossen worden waren.
Janette O’Casey mußte husten. Der Rauch wurde rasch dichter. Ihre
Augen tränten.
Sie lief in ein angrenzendes Zimmer, von dort aus hinaus in eine
Art Wintergarten, der mit besonderem Glas verkleidet war.
Die Glaswände waren zerrissen, als wäre auch hier eine Bombe
explodiert.
Die nackte Angst packte das Herz der jungen Amerikanerin.
Feuerschein spiegelte sich von unten und von oben.
Wenn man nicht mehr nach unten konnte - dann nach oben. Hinauf
aufs Dach, das war die einzige Möglichkeit, dem Feuermeer zu entkommen. Es wäre
die einzige Möglichkeit gewesen, aber dort oben tobte ebenfalls ein Feuer.
An zwei verschiedenen Orten brach gleichzeitig Feuer aus! Das war
kein Zufall mehr, das war Absicht!
Ein
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