1513 - Gier nach Templerblut
die Haltung kam ihm auf eine bestimmte Art abweisend vor. Zumindest wirkte alles sehr kühl, und im Blick der dunklen Augen glaubte Godwin so etwas wie ein Lauern zu sehen. Auch die steife Haltung wirkte auf ihn, als stünde der Pfarrer unter einer gewissen Spannung.
»Es geht mir nicht um Sie, sondern um einen anderen Menschen, der in diesem Ort wohnt. Ich denke, dass Sie ihn kennen. Sein Name ist Fernand Bullet.«
Laroche dachte nach - oder er tat nur so. Dann sagte er: »Ja, der Name sagt mir etwas.«
»Das ist gut.«
»Und weiter?«
»Ich war hier mit ihm verabredet.«
»In der Kirche?«
»Nein, nein, das nicht. Eher draußen an der Kirche. Da habe ich ihn leider nicht getroffen. Jetzt wollte ich fragen, ob Sie vielleicht wissen, wo er sich aufhält.«
Laroche gab zunächst keine Antwort. Er überlegte und fragte dann mit leiser Stimme: »Sie wissen, was hier passiert ist?«
»Ja, diese Tat hat sich herumgesprochen.«
»Corinna Bullet wurde umgebracht, und wie ich hörte, sucht man ihren Mann als Mörder.«
»Das ist mir neu.«
»Sie können sich bei der Polizei erkundigen. Es ist leider der Fall. Aber ich will Ihnen nicht verheimlichen, dass ich Fernand nicht für den Mörder halte. Ich kenne ihn. Er hat eine glückliche Ehe geführt und ist jemand, der keiner Fliege etwas antun kann. Deshalb glaube ich nicht an das, was die Polizei vermutet.«
»Wunderbar. Da wären wir uns ja einig.«
»Es freut mich, dass Sie so denken. Das könnten Sie auch der Polizei sagen.«
»Ja, das könnte ich, aber ich bin eigentlich gekommen, um es Fernand selbst zu sagen.«
Laroche sagte nichts. Nur seine Lippen zuckten für einen Moment. Es konnte ein Zeichen der Freude sein. Jedenfalls zeigte sich der Templer davon irritiert.
»Und was habe ich damit zu tun?«
»Könnte es sein, dass er zu Ihnen Vertrauen gehabt hat und Sie seinen Aufenthaltsort wissen?«
»Und wenn es so wäre?«
»Würde ich gern mit ihm reden. Vergessen Sie nicht, dass er bei mir anrief und um ein Treffen gebeten hat. Ich stehe nicht grundlos vor Ihnen, Herr Pfarrer.«
»Ja, das mag wohl sein.«
»Dann sollten wir Vertrauen zueinander haben. Sie erzählen mir, wo ich ihn finden kann. Alles andere wird sich dann von allein ergeben.«
Pierre Laroche war noch nicht überzeugt. »Und Sie melden das der Polizei weiter?«
»Sehe ich so aus?«
»Es wäre zumindest Ihre Bürgerpflicht.«
»Möglich. Aber manchmal gibt es Situationen, da muss man sie einfach vergessen. Noch mal, ich bin nicht zufällig hierher zu Ihnen gekommen. Fernand hat mich angerufen. Er will etwas von mir. Wir kennen uns von früher und hatten stets ein vertrauensvolles Verhältnis zueinander.«
»Das nehme ich Ihnen sogar ab, denn er hat nie etwas Negatives über seine Zeit im Kloster gesagt.«
»Freut mich.« Die nächste Frage stellte der Templer ohne Umschweife.
»Sie wissen, wo er sich versteckt hält?«
»Sollte ich das?«
»Ja!«
»Dann haben Sie damit recht.«
Der Templer schloss für einen Moment die Augen. Zwar saß ihm nicht unbedingt die Zeit im Nacken, aber er wollte auch nicht mehr so lange warten, bis etwas passierte. Aber er konnte den Pfarrer auch nicht beeinflussen, denn das hier war sein Gebiet. Er war der Chef in der Kirche, das musste man akzeptieren.
Trotzdem fragte Godwin: »Befindet sich sein Aufenthaltsort hier in der Nähe?«
»Ja.«
»Und wo?«
»In meinem Haus.«
»Ein gutes Versteck. Welcher Polizist kommt schon auf den Gedanken, ein Pfarrhaus zu durchsuchen?«
Laroche ging nicht darauf ein. »Warten Sie hier, ich gehe nur eben in meine Sakristei und ziehe mich um.«
»Gut.«
Godwin wartete und stand allein im Duft der zahlreichen Maiglöckchen, die ihn umgaben. Er war einen Schritt weiter gekommen, was ihn sehr freute. Dass der Pfarrer auf Fernands Seite stand, kam ihm ebenfalls entgegen, und trotzdem hatte dieser Pierre Laroche etwas Irritierendes an sich, und genau darüber machte sich der Templer seine Gedanken.
Er konnte nicht sagen, was es war, und ging einfach nur davon aus, dass die Chemie zwischen ihm und Laroche nicht stimmte. So etwas passierte oft und war deshalb normal.
Die Stille in der Kirche tat ihm gut.
Sie beruhigte seine Nerven, die etwas in Mitleidenschaft gezogen waren, denn Godwin ahnte, dass er erst am Anfang stand. Dieser Fall war vielleicht komplizierter, als er im ersten Moment aussah, und der Vergleich mit dem dicken Ende, das noch kam, wollte ihm nicht aus dem Sinn.
Zudem war er gespannt darauf,
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