1520 - Geschäfte mit Topsid
er eine kleine, rote Lampe glimmen.
Ein verlockender Anblick.
Aber warum war Dao-Lin-H’ay nicht hineingegangen?
Er sah sich nach ihr um.
Sie schien ihn vergessen zu haben. Sie wandte ihm den Rücken zu und kämpfte gegen den Sturm.
Ihr Ziel war unverkennbar der Gleiter.
Und plötzlich bewegte sich das Fahrzeug. Es stieß gegen den eisigen Vorhang und zertrümmerte ihn.
Dao-Lin-H’ay mobilisierte ihre letzten Kräfte. Sie spannte sich wie eine Feder und warf sich in einem Hechtsprung vorwärts. Der Sturm kam ihr zu Hufe. Eine Böe schleuderte sie voran, zusammen mit einigen Zentnern Eisbrocken unterschiedlicher Größe.
Sie erreichte den Gleiter und riß die Tür auf - genau in dem Augenblick, in dem das verflixte Ding abhob.
Dao-Lins kältestarre Finger rutschten ab.
Tekener hielt den Atem an. Sie würde abstürzen. Der Sturm würde sie gegen die Felsen schleudern, und falls sie das überlebte, dann nur um den Preis etlicher Knochenbrüche.
Irgendwie schaffte sie es. Tekener hatte keine Ahnung, wie sie es anstellte, aber sie krümmte sich, stieß sich von der Hülle des Gleiters ab, schnellte sich aufwärts und verschwand kopfüber im Innern des Fahrzeugs.
Den Gleiter beeindruckte das wenig. Er bockte und schwankte im Sturm. Dann fing er sich und gewann schnell an Höhe.
Ronald Tekener ließ den Kopf sinken.
Die Kälte stach wie mit Nadeln auf ihn ein. Ein Eisbrocken prallte gegen seinen Arm - ein Schmerz, als würden die Knochen brechen.
Er mußte ins Innere des Schreins.
Er hatte nicht die Absicht, hier auf Kartan zu erfrieren. Der Zeitpunkt seines Todes stand bereits fest, aber er lag noch rund einundsechzigeinhalb Jahre in der Zukunft. Er würde sich keine einzige dieser Stunden rauben lassen.
Er raffte seine Kräfte zusammen und richtete sich auf. Das war ein Fehler. Ein heulender, kreischender Vorstoß des Sturms, ein Eisbrocken, der Tekeners Kopf traf, ein explosionsartig aufflammendes Licht vor seinen Augen - und dann gar nichts mehr.
9.
„Stillhalten, verdammt noch mal!" Er zuckte unter der Berührung nadelscharfer Krallen zusammen. Es fühlte sich an, als sei jemand damit beschäftigt, einen Riß in seiner Kopfhaut zusammenzunähen - ohne Betäubung. „Es ist nur eine Platzwunde", sagte die Stimme mit einem sanften, schnurrenden Unterton. „Ich habe sie gereinigt. In der Stadt wird sich auch der Rest schnell beheben lassen."
Er stellte fest, daß er im Gleiter saß. Es war herrlich warm hier drinnen. In seinen halberfrorenen Fingerspitzen prickelte und stach es, aber der Schmerz ließ bereits nach. „Du hättest mir nicht folgen sollen", sagte Dao-Lin-H’ay ruhig. „Dann wäre all das nicht passiert."
„Ganz richtig", knurrte Tekener. „Und du wärst tot. Aber du hast um Hilfe gerufen, und das war sehr vernünftig von dir." Die Kartanin lachte fauchend. „Ich hätte nicht gedacht, daß du auf einen so dummen Trick hereinfallen würdest. Ich habe nicht um Hilfe gerufen. Das haben andere besorgt."
„Teng-Ciao-L’ung?"
„Oh, er persönlich war es sicher nicht. Dazu ist er zu vorsichtig."
„Wie bist du überhaupt in diese Situation geraten?"
Sie legte die Ohren an. Er rechnete bereits damit, daß sie ihm einfach den Rücken zudrehte und sich in Schweigen hüllte. „Ich habe nicht daran gedacht, daß sie dich auch ins Visier nehmen würden", sagte sie schließlich. Sie sprach sehr leise, wie zu sich selbst. „Aber wenn ich es mir überlege, ist es eigentlich ganz logisch."
„Was ist logisch?"
„Sie müssen uns zusammen gesehen haben", erklärte die Kartanin. „Damals, im Humanidrom.
Ich hatte dich in der ARDUSTAAR mitgenommen. Wir sind zusammen von Bord gegangen, zusammen im Sitzungssaal angekommen. Ich habe damals nicht darauf geachtet - es waren so viele Abordnungen da, so viele Völker ... Es müssen auch Kartanin dabei gewesen sein."
„Na und? Sicher waren welche da."
„Hast du sie gesehen?" fragte Dao-Lin-H’ay überrascht. „Zufällig, ja. Es waren ein paar Pinwheel-Kartanin dabei, in einer der Besucherlogen. Sie haben Aufnahmen gemacht ..."
Er stockte und pfiff durch die Zähne. Allmählich begann er zu verstehen. „Darum hat dieser Teng-Ciao-L’ung mich also erkannt!" murmelte er. „Deine markanten Narben haben sich ihm eingeprägt", nickte Dao-Lin-H’ay spöttisch. „Er muß wohl zu dem Schluß gekommen sein, daß du als Verstärkung angerückt bist. Da hat er die Nerven verloren."
„Nachdem wir nun schon so weit sind, könntest du
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