153 - Das Ende der Technos
Einfluss und den Himmel auf Erden versprochen.
Mein Gegner war unerfahren. Offensichtlich hatte er erst vor der Türe zu meinen Privaträumen seine hell leuchtende Kerze gelöscht und wurde nun in der nahezu vollkommenen Dunkelheit von den Lichtreflexen behindert, die sich in seine Netzhäute gebrannt hatten. Zudem kannte ich mich in meinem Zimmer bestens aus und konnte mich – im wahrsten Wortsinn – blind darin bewegen.
Auch wenn mir der Mann Leid tat – ich war bereit, Nägel mit Köpfen zu machen. Jede weitere Verzögerung würde die Lage nur verschlimmern.
Ich schlich mich in den Rücken des Meuchelmörders, fuhr mit den Armen unter seinen Achseln hindurch, verschränkte die Hände in seinem Nacken und tötete ihn mit einem einzigen Ruck.
Ich fand Sarah und Maeve zu meiner Beruhigung bei bester Gesundheit in ihren Zimmern vor. Ich überreichte ihnen Waffen aus jenem Arsenal, das nur mir allein zugänglich war.
Irgendwann einmal war einer der vielen paranoiden Primes in unserer langen Ahnenkette auf den Gedanken gekommen, eine Sammlung mechanischer Schusswaffen in einem Geheimschrank seiner Amtsräume zu horten. Neben Stichwaffen und Revolvern lagen sogar mehrere Schachteln mit Splitter-Handgranaten dort bereit.
Es gab noch immer eine Menge Leute im Bunker, auf die ich mich verlassen konnte. Frauen und Männer, die imstande waren, Änderungen zu erkennen und sich Problemen zu stellen. Vor allem die jüngeren Community-Mitglieder wusste ich auf meiner Seite. Auch wenn Kinder rar geworden waren in den Jahren vor der Öffnung gegenüber der Oberwelt.
Binnen einer Stunde hatte ich an die sechzig Männer und Frauen um mich versammelt, manche davon verletzt. Alle anderen Technos hatten sich entweder irgendwo verkrochen, sich Duncans Gruppe angeschlossen oder waren ermordet worden.
»Meine« Leute boten ein entmutigendes Bild. Verängstigt und verzweifelt wirkten sie, von den Vorgängen im Bunker geradezu erschlagen.
»Wie hat es so weit kommen können?«, stellte ich die rhetorische Frage. »Warum hetzt Duncan seine Anhänger auf alle, die nicht seiner Meinung sind?«
Wohin ich auch blickte, sah ich müdes, resigniertes Achselzucken.
»Heute wurde uns auf traurige Weise bewiesen, dass das Octaviat ausgedient hat«, sagte ich. Die Worte erzeugten keine Reaktion. Die politische Legitimation für die Geschehnisse der letzten Stunden war den Überlebenden herzlich egal. Sie hatten einfach nur Angst. Trotzdem fuhr ich fort: »Ich bitte euch, mir euer Vertrauen zu schenken. Unsere Chancen sind angesichts der Katastrophe am Kratersee ohnehin gering… und sie bestehen auch nur, wenn wir den Bunker aufgeben.«
Meine Leute wurden unruhig. Ich sprach aus, was alle wussten, aber niemand sich einzugestehen wagte.
»Wir werden also, wenn ihr einverstanden seid, unsere persönlichen Sachen zusammensuchen und die Community verlassen.«
»Was ist mit Duncan?«, rief Bluff Cordigan, einer der Verwundeten. »Er muss büßen für seine Verbrechen!« Cordigan war unter den hier Versammelten einer der Ältesten und hatte stets meinen politischen Weg einer möglichst raschen Öffnung der Community mitgetragen. Seine rechte Schulter blutete stark. Eine Krankenschwester drückte eine Kompresse gegen die Stichwunde.
Ich zuckte mit den Achseln. »Duncan wollte auch mich töten lassen. Mindestens sieben Opfer gehen schon auf sein Konto. Am liebsten würde ich ihn persönlich zur Rechenschaft ziehen… aber es hätte keinen Sinn. Wir würden nur noch mehr Blut vergießen. An der Oberfläche erwarten uns zahlreiche Gefahren, darauf sollten wir uns vorbereiten. Meinetwegen sollen Duncan und Grimes hier unten verfaulen.«
»Also kein Kampf?«, fragte eine ältere Frau erleichtert.
»Nein«, antwortete ich schweren He-zens. »Wir verlassen geordnet den Bunker.«
Manch einer applaudierte mir. Andere, die in den letzten Stunden Verwandte oder Freunde verloren hatten, blickten mich böse an.
»Gut«, sagte ich schließlich. »Dann gehen wir es an…«
Ich konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. Denn Duncans Horden stürmten unseren Versammlungsraum und schossen wild um sich.
***
Sie erwachte mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Eine nur schemenhaft erkennbare Gestalt beugte sich über sie.
»Du siehst schrecklich aus«, sagte Mboto mit zittriger Stimme.
»So… fühle ich mich auch.« Eve wollte sich aufrichten, doch augenblicklich wurde ihr übel.
»Ich helfe dir«, murmelte der alte Mann.
Allmählich kehrte ihre Sehkraft
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