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153 - Das Ende der Technos

153 - Das Ende der Technos

Titel: 153 - Das Ende der Technos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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zu erledigen waren, bevor sie den Ort als halbwegs gesichert gegen mögliche Angreifer empfanden.
    In dieser wolkenverhangenen Nacht kämpfte Linus mit dem Tod, schlief der Soldat Pat McGonnagle wie ein Baby, starrte Mboto Löcher in den Himmel und wechselten sich lediglich zwei zu Tode erschöpfte Frauen bei den Nachtwachen ab.
    5.
    Li und Mboto Donaghue:
    Meine Frau und ich waren seit mehr als sechzig Jahren beisammen, als die Dunkelheit kam.
    Das ist wohl ein einsamer Rekord in Salisbury. Ihr wisst alle, wie schwer es ist, eine Hochzeitslizenz zu erhalten. Das Octaviat mag es viel lieber, wenn der Genpool immer wieder durchmischt wird, wie man so schön sagt. Und da war eine monogame Ehe, wie wir sie führten, nicht gern gesehen.
    Sechzig Jahre. Wir teilten ein enges Bett, zwei viel zu kleine Zimmer und eine mangelhafte Hygieneeinheit miteinander, ohne uns jemals darüber zu beklagen. Denn wir liebten uns. Das hört sich wie ein kitschiges Märchen an, ich weiß, ist aber eine Tatsache.
    Dann wurde es dunkel.
    Trotz unserer Ängste folgten wir den vielfach geübten Verhaltensmaßregeln. Auf allen Vieren krochen Li und ich durch düstere Gänge bis in den Versammlungssaal C. Nach und nach hörten wir weitere Community-Mitglieder kommen. Wir begannen uns gegenseitig Mut zuzusprechen und zu singen.
    Schließlich fassten wir uns an den Händen und sprachen Gebete.
    Irgendwann brachte uns ein Soldat Kerzen. Das Octaviat schaffte es, eine rudimentäre Ordnung herzustellen.
    Vermutungen wurden aufgestellt; wir erhielten Informationen über die Daa’muren, den möglichen Fallout der nuklearen Bombenserie und den Befehl, möglichst ruhig zu bleiben.
    Li und ich meldeten uns freiwillig zum Dienst an den Fahrrad-Ergometern, die irgendein Techniker über ein raffiniertes Riemensystem mit den Belüftungsventilatoren verbunden hatte, um so für ausreichend Frischluft zu sorgen.
    Ob ich damals schon geplant habe, aus dem Bunker zu fliehen? Keineswegs! Weder Li noch ich mochten das Oben. Es ist so… unsortiert. Planlos. Ohne erkennbare Ordnung geschaffen. Vor der Dunkelheit waren wir lediglich einige Male mit dem Aufzug hinauf gefahren und hatten ins Freie geblickt, waren aber stets froh gewesen, wieder die Sicherheit des Bunkers zu erreichen.
    Doch als wir während der Nacht an den Rädern Dienst taten, begann der Kampf im Bunker. Ich habe bis heute nicht verstanden, um was es dabei eigentlich ging. Gerüchte machten rasch die Runde. Immer weniger Männer und Frauen wollten in den engen Kammern nahe der Ventilator-Antriebswellen bleiben und Dienst tun – bis schließlich nur noch Li und ich übrig waren.
    Draußen hörten wir Schreie. Einen Schuss. Panik. Wir traten weiter in die Pedale, verzweifelt, jeglichen Gedanken ausschaltend.
    Bis auf einmal Ruhe einkehrte. Diese Geräuschlosigkeit war schrecklicher als alles andere. Und in diese Pause sagte Li: »Es ist aus. Wir müssen weg von hier.«
    Meine geliebte Li besaß einen untrüglichen Instinkt. Sie ahnte, dass es Zeit war, aus dem Bunker zu fliehen, während ich noch von Unsicherheit und Zweifeln erfüllt war.
    Ich folgte ihr, während sie mit ausreichend Kerzen in der Hand drauflos marschierte. Mit all der Selbstsicherheit, die ich an ihr immer bewundert und mit der sie unser gemeinsames Leben erfüllt hatte.
    Wie vermutet war der große Aufzug verschlossen und inaktiv. Also nahmen wir den Weg hinab zu den Lüftungseinstiegen, in der wir schließlich auf die anderen trafen.
    Im Nachhinein gesehen ist es ein Wunder, dass wir uns in dieser engen Kammer nicht augenblicklich die Augen ausgekratzt haben. Alle waren wir von Angst besessen; jeder trug sie gut sichtbar im Gesicht – bis auf die Kinder.
    Ich denke, dass wir schlussendlich alles dir, Linus, und deiner Schwester verdanken. Ihr wusstet ganz genau, was ihr zu tun hattet – und habt uns schließlich ins Freie geführt.
    ***
    Der vierte Tag
    Als der Morgen dämmerte, kam Linus zu sich. Er stöhnte und griff sich von Zeit zu Zeit schmerzerfüllt an den Kopf – doch das Schlimmste war wohl überstanden.
    Su liebkoste ihn überschwänglich und klammerte sich an ihn, als wäre er der letzte verbliebene Mensch auf Erden – was er wahrscheinlich auch war.
    Sie beeilten sich mit dem Aufbruch. Sie wollten das Herrschaftsgebiet von Maddie Kool so rasch wie möglich hinter sich lassen. Mboto stolperte ihnen wie schon am gestrigen Tag antriebslos hinterher, während Linus, auf einen Stock gestützt, erneut die Führungsarbeit

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