1531 - Dschungeltod
nächsten Sekunden etwas passieren würde, hatte mich aber verrechnet, denn es geschah nichts.
»Sollen wir noch länger warten, Mr Sinclair?«
»Nein, fahren Sie los.«
»Wohin?«
»Noch geradeaus.« Ich hatte mich aufgerichtet. Am Ende des Kreises lag die Finsternis wie Watte, und ich ging davon aus, dass Tabea dort wartete.
Über Handy konnten wir uns leider nicht verständigen. Ich wusste nicht mal, ob das Ehepaar überhaupt solch ein Gerät besaß.
Ich blieb jetzt sitzen, als wir in die Dunkelheit hineinfuhren. Das Scheinwerferlicht schuf eine geisterhafte Blässe, und ich spürte das Kribbeln in mir. Ich hatte gelernt, auf diese Zeichen zu achten, und deshalb war mir klar, dass wir bald auf diese Tabea treffen würden.
Wie ich mich dann verhalten sollte, war mir noch nicht klar. Jedenfalls wollte ich dafür Sorge tragen, dass nicht noch weitere Morde geschahen.
Mir wäre es am liebsten gewesen, diese Tabea normal festnehmen zu können und sie nicht verwunden oder gar töten zu müssen.
Alfonso bremste ruckartig. Ich tauchte wieder weg, kaum dass der Ford stand.
»Ist der Ort hier gut, Mr Sinclair?«
»Das wird sich herausstellen.«
»Also soll ich hier warten?«
»Ja.«
Ich legte dem Mann die Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen. Er hatte Angst, und es brauchte Mut, diese Angst zu überspielen.
Es wurde nicht ganz still, denn irgendwas an oder in diesem alten Fahrzeug knackte immer.
Die Zeit tropfte dahin. Jede Sekunde zog sich in die Länge, und die liegende Position war für mich auch nicht eben bequem. Wenn ich mich in die Eolle dieser Tabea hineinversetzte, konnte ich mir gut vorstellen, dass sie erst einmal abwartete, wenn sie das Fahrzeug sah. Das Licht der Scheinwerfer war ausgeschaltet, aber sie hätte unsere Ankunft bemerken und wissen müssen, wo das Licht verloschen war.
Ein Satz alarmierte mich.
»Ich glaube, da kommt jemand«, flüsterte Alfonso Sanchez…
***
Glenda Perkins wollte es nicht glauben und musste doch erkennen, wie grausam die Wahrheit manchmal sein konnte.
Tabea Sanchez zog tatsächlich ihre Haut ab.
Das begann an der Stirn, und eigentlich hätten jetzt rohes Fleisch, Blut oder Knochen zum Vorschein kommen müssen, aber darauf wartete Glenda vergebens. Hier war alles auf den Kopf gestellt, denn sie sah kein Blut, dafür ein weiteres Gesicht, und sie musste davon ausgehen, dass es sich um das echte Gesicht der Frau handelte.
Ihr Herz schlug heftiger. Glenda spürte den Druck im Hals. Das Atmen fiel ihr nicht leicht, und sie gab auch keinen Kommentar ab, sie lauschte nur den seltsamen Geräuschen, die entstanden, als die Haut nach unten glitt. Als würde Papier zerrissen werden und nach unten rutschen.
Der Anblick war für Glenda ein Schock, denn sie sah ein Gesicht, das schrecklich war, denn es gab keine Stelle, die nicht von einem Geschwür bedeckt gewesen wäre.
Bisher hatte sie nur von diesen Pusteln gehört, nun sah sie die dicken Geschwüre, die sich von der Haut wie kleine Hügel abhoben und aussahen wie mit Öl übergössen, denn so feucht und glänzend lagen sie auf der Haut.
Was als zweite Haut nach unten gezogen worden war, das sah jetzt aus wie ein alter dünner Lappen, der sich zusammenkringelte, als er nach unten glitt.
Es sah für Glenda so aus, als wollte die Frau ihre gesamte Haut vom Körper ziehen, aber sie beließ es bei ihrem Gesicht. Glenda sah noch das Kinn und einen Teil des Halses, danach hörte Tabea auf und ließ die Haut los, die wie ein faltiger Stoff nach unten hing.
»Glaubst du es mir jetzt?«
Glenda nickte. Im Moment war sie nicht in der Lage, auch nur ein Wort zu sagen. Sie glaubte, einen Schlag erhalten zu haben, unter dessen Folgen sie jetzt litt. Sie konnte noch immer nicht fassen, was sie mit eigenen Augen sah.
Das Blut war ihr in den Kopf gestiegen. Sie schaute zu, wie das eine oder andere Geschwür aufplatzte, wobei sich kleine Bläschen verteilten und sich ein Gestank ausbreitete, der ekelhaft war. Glenda hatte den Eindruck, als würde ihr der Atem genommen werden.
Sie schaute in das gleiche Gesicht, aber da gab es die Geschwüre, die sich immer wieder neu bildeten, wenn sie zerplatzt waren. So erlebte Tabea einen steten Kreislauf, dem sie aus eigener Kraft nicht entrinnen konnte.
Glenda holte tief Atem. Dabei hatte sie das Gefühl, den Gestank trinken zu müssen. Er breitete sich in ihrem Mund aus und legte sich auf ihre Zunge. Sie konnte nicht anders, stieß würgende Geräusche aus und stöhnte
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